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Das waren schöne Zeiten

Das waren schöne Zeiten

Titel: Das waren schöne Zeiten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mary Scott
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sich dort um ihn gekümmert hätte. In jeder regnerischen und stürmischen Nacht dachte ich unvermeidlich daran, wie er müde, durchnäßt und durchfroren nach Hause kommen würde, ohne daß ihn jemand willkommen hieß und ihm eine warme Mahlzeit vorsetzte. Zurückblickend scheint mir manchmal, daß es nicht ganz richtig war, den Kindern zuliebe solche Opfer zu bringen. Doch damals hielten wir es für unsere unumgängliche Pflicht. Natürlich wußten wir, daß es nur eine vorübergehende Lösung darstellte; wenn die Großen erst einmal ihre Schulzeit beendet hatten, konnten wir die Jüngeren in Internate schicken.
    Alles wäre um soviel leichter und einfacher gewesen, wenn wir immer noch in der Nachbarschaft meiner Schwester gewohnt hätten. Dann hätte ich mir natürlich keinerlei Sorgen zu machen brauchen. Doch sie und David lebten immer noch in ihrem Haus oben auf dem Berg; und sieben Meilen sind eine weite Entfernung, wenn man keinen Wagen besitzt und ausschließlich auf Pferde angewiesen ist.
    Ich persönlich war beschäftigter als je zuvor, sogar mehr noch, als in diesen letzten Jahren auf Strathallan. Gewissermaßen lebte ich nun mehrere Leben nebeneinander. Als erstes war die Bibliothek zu organisieren, denn bis zu meinem Antritt war sie ein privates Unternehmen gewesen, das ziemlich willkürlich geführt worden war. Die Bücher mußten ausgewählt, die Abonnenten angeschrieben, ihre individuellen Geschmacksrichtungen und Vorurteile berücksichtigt werden. Dann waren natürlich noch meine beiden Kinder zu beaufsichtigen, zu verpflegen und ihr Anfang in einer neuen, für sie erschreckend großen Schule zu erleichtern.
    Zuerst fühlten sie sich gar nicht wohl in ihrer Haut. Sie vermißten ihr Heim, ihren Vater und ihr einmalig freies Leben. Doch als sie sich erst an die Stadt und an die große Schule gewöhnt hatten, machte es ihnen enormen Spaß — um genau zu sein, oft viel zuviel Spaß. Sie hatten sich mit einem Schwesternpaar, etwa in ihrem Alter, angefreundet, und das Quartett wurde unzertrennlich. Glücklicherweise war der Vater ihrer Freundinnen lange Jahre Bürgermeister der Stadt gewesen und somit eine Respektsperson, was ihre höchst übermütigen Einfälle etwas dämpfte. Davon abgesehen, lernten sie nun wirklich etwas, und unsere Sorge wegen ihrer hoffnungslosen Unwissenheit war gebannt.
    Außer mit der Bibliothek war ich nun auch noch ziemlich stark mit meiner journalistischen Tätigkeit beschäftigt. Während dieser Zeit schrieb ich regelmäßig Artikel für vierzehn verschiedene Zeitungen, neben einer längeren Arbeit, die heute aber besser in der Versenkung begraben bleibt. Selbstredend war die Bibliothek nicht die ganze Zeit offen, und viele Vormittage waren ruhig genug, um mir, ohne allzu viele Unterbrechungen, Zeit für meine Schreibarbeit zu lassen. Andererseits war die Bibliothek auch ein beliebter Treffpunkt, wo ebenso viele Neuigkeiten wie Bücher ausgetauscht wurden. Tatsächlich bemerkte einmal ein Mitglied des Komitees, daß er fände, >Mrs. Scott sollte als Vertraute der Bürgerschaft ein höheres Gehalt bekommen<. Und wirklich gab es manche kitzlige Situation.
    Sagen wir, Mrs. A. kommt voller Empörung über das schlechte Benehmen von Mrs. B. am Tag zuvor auf dem Golfplatz herein. Nun trifft es sich, daß Mrs. B. eben die Bibliothek betritt, als Mrs. A. diese verläßt — Mrs. B. so kühl grüßend, daß diese sich davon den Schnupfen holen könnte. Augenblicklich werde ich gefragt: »Hat diese Person etwa über mich gesprochen?«
    In solchen Situationen bedurfte ich aller Diplomatie, deren ich fähig war. Doch ich war felsenfest entschlossen, die Bibliothek keinesfalls zu einem Ort werden zu lassen, wo persönliche Auseinandersetzungen ausgetragen wurden.
    Neben der Bibliothek und den Kindern nahm auch noch die Farm einen großen Platz in meiner Zeiteinteilung ein. Wir freuten uns immer mächtig auf den Samstag, auf den Frieden des Busches, den Austausch der wöchentlichen Neuigkeiten zu Hause. Aber natürlich waren die Wochenenden auch mit Putzen, Waschen und Kochen ausgefüllt. Ich versuchte immer für Walter vorzukochen, damit ihm wenigstens diese Arbeit abgenommen war. Für uns packte ich Gemüse und Fleisch ein, um dieses Pfund pro Woche, das mein Gehalt darstellte, etwas aufzupolstern.
    Am Ende des ersten Jahres erhöhte das Komitee freiwillig mein Gehalt um zehn Schilling pro Woche; doch die Wahrheit ist, daß ich meist überhaupt nicht wußte, wohin dieses Gehalt

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