Das waren schöne Zeiten
den Sattel und dazu eine große Papiertüte mit Bananen. Auf dem Weg riß die Tüte, und obwohl es Walter gelang, den größten Teil der Bananen zu retten, war ihm doch eine entwischt und fiel in den Dreck. Walter hielt, stellte feierlich den Koffer auf der Böschung ab, stieg vom Pferd und hob die Banane auf. »Oh, Walter«, protestierte Elisabeth, als sie das sah, »laß sie doch liegen! Wozu die Umstände wegen einer Banane?« Sehr ernst entgegnete er: »Heather würde es mir nie verzeihen!«, und damit legte er die Bananen in seine geliebte Wollmütze und trug sie nach Hause.
Dann war da noch Frederick de la Mare, unser Freund und Rechtsanwalt, der Mann meiner geliebten Ärztin. Wie ich schon berichtete, pflegte er fast immer auf seinen regelmäßigen Fahrten von Hamilton nach Kawhia, meist mit dem Fahrrad, bei uns zu übernachten. Als er aber schließlich im Laufe der Jahre diese Fahrten aufgeben mußte, vermißten wir ihn sehr, obwohl er noch manches schöne Wochenende mit uns verbrachte.
Christina Gray kam sofort, als Walter krank wurde und wir nach Auckland mußten. Sie hielt die Festung mit vier sehr lebhaften Kindern, nur mit der etwas zweifelhaften Hilfe eines jungen Mädchens, und war dankbar, als sie uns am Ende dieser Zeit die Familie, gesund an Leib und Seele, wieder übergeben konnte. Solche Freundschaften und Begegnungen ersparten uns das schlimmste Leiden, welches einen im Busch befallen kann — Isolierung.
Als unsere Großen ihre Schulzeit beendet hatten und wir nun die Kleineren in Internate schicken konnten, war es auch für mich Zeit, die Bibliothek zu verlassen und auf die Farm zurückzukehren. Ich nahm nicht ohne Bedauern Abschied von Te Awamutu. Die Arbeit in der Bibliothek hatte mir gefallen, und manche Freundschaft war angeknüpft worden. Wäre nicht die dauernde Zeitnot gewesen, in der ich mich durch meine vielfachen Aufgaben befand, hätte ich diese zwei Jahre noch mehr genossen. Doch so wie es nun einmal war, freute ich mich, daß die Trennung von Walter und meinem Heim vorbei und ich wieder in den Busch, zu den Hügeln und sogar zu unserer alten Lehmstraße zurückkehren konnte.
Meine langjährige Freundin Helen Bell übernahm nun meinen Posten in der Bibliothek. Als Mitglied des Komitees blieb ich noch eine Weile in Berührung mit meiner ehemaligen Tätigkeit. Aber da die Mädchen nun im Internat der >Waikato Diocesan School< waren, fuhr ich öfter nach Hamilton als nach Te Awamutu. Trotzdem verlor ich nicht den Kontakt zu meinen neuen Freunden, denn inzwischen hatten wir Telefon, sogar mit einer direkten Verbindung dorthin. Im Sommer, wenn unsere Straße befahrbar war, kamen sie uns oft besuchen.
Meine jüngeren Freunde haben mich oft gefragt, ob ich mich nicht einsam fühlte und nicht all die Dinge, an die ich einmal gewöhnt war, vermißte. Andere bestanden darauf, in mir einen der seltenen Menschen zu sehen, die in einem Leben draußen in der Natur und mit Tieren das absolute Glück finden. Selbstredend gab es Tage und Stunden, wo ich mich nach mehr Abwechslung, mehr Vergnügen, mehr Geselligkeit sehnte. Ich weiß noch, wie ich in jener besonders schweren Zeit auf der Ngutunui Farm viele Male in dunklen Winternächten allein zu einer Wegbiegung unserer Seitenstraße ging und dort auf die Lichter des Wellington-Expreß wartete, der gen Süden raste. Heimlich hegte ich eine tiefe Leidenschaft für Eisenbahnzüge, für Reisen durch die Nacht, für die unerwartete Ankunft auf einem beleuchteten Bahnhof. Ich pflegte sehnsüchtig der Lichterschlange nachzustarren, bis sie in der Dunkelheit entschwand. Dann kam es schon vor, daß ich mir wünschte, in einem der Waggons zu sitzen, irgendwohin zu fahren, gleichgültig wohin — nur eben unterwegs zu sein.
Doch das blieben seltene Wünsche, und ich glaube nicht, daß ich sie jemals jemandem anvertraute. Mein Leben lag hier im Busch, und ich hatte es lieben gelernt. Doch es wäre müßig, zu behaupten, ich hätte nicht hin und wieder Heimweh nach den Lichtern und dem Lärm einer Stadt empfunden. Glücklicherweise dauerten solche Anfälle nie sehr lange.
Erst nach meiner Rückkehr von der Bibliothek erstanden wir unseren ersten Radioapparat. Es war ein recht seltsames Möbel mit einer Art Trompete, die an der Wand hing. Selbst wenn die Musik, die er von sich gab, manchmal ein bißchen mißtönend klang, so fanden wir es doch wunderbar, Nachrichten zu hören von dem, was sich draußen in der Welt tat, denn Briefe und Zeitungen waren
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