Das waren schöne Zeiten
glich.
Vielleicht lag es an dieser Ähnlichkeit, daß eine unserer Hennen Delilah für den richtigen Platz hielt, ihre Eier zu legen. »Solange sie nicht darauf besteht, sie dort auszubrüten, finde ich es eigentlich ganz praktisch, zu wissen, wo wir danach suchen müssen«, meinte Walter trocken.
Dennoch war es nicht zu leugnen, daß Delilah langsam begann, sich in ein Museumsstück zu verwandeln. Etwas Aufregendes passierte eines Tages mit ihrer Hupe, die immer schon starken Stimmungsschwankungen unterworfen war, so daß man eigentlich ziemlich sicher sein konnte, sie störrisch zu finden, wenn man sie brauchte, dafür von plötzlichem Eifer erfüllt, wenn kein Mensch es von ihr erwartete. Endlich beschloß sie, sich ein für alle Male zu verklemmen, gerade als wir in Te Awamutu einfuhren. Ich versuchte auf jede erdenkliche Weise, sie zum Verstummen zu bringen, doch das schien sie nur noch mehr anzufeuern.
Te Awamutu war damals noch eine kleine, stille Stadt, und das Gebrüll der Hupe hallte durch die Straßen, rief erschrockene Bürger an die Ladentüren, deren Schreck sich aber nur allzubald in Lachen verwandelte. Ich fand es alles andere als witzig, auf diese Weise in den Brennpunkt aller Blicke zu geraten, und die Sache wurde durch meine Familie, die sich vor Lachen nicht halten konnte, auch nicht besser. Da war nichts zu machen, als Delilah so schnell wie möglich in die Garage zu fahren, wo ich sie gekauft hatte, und wo man mit ihrem Innenleben vertraut war. Es bestand nicht die geringste Chance, sich bei dem Höllenlärm verständlich zu machen; doch zwei Mechaniker kamen eiligst und grinsend gelaufen, rissen die alte Kühlerhaube hoch, trennten irgendwelche Kontakte, worauf der ohrenbetäubende Krach abrupt abbrach.
Doch das war der Schwanengesang der Hupe gewesen. Von diesem Moment an weigerte sie sich, jemals wieder einen Ton von sich zu geben. Fachleute erklärten mir, daß nur durch eine kostspielige Reparatur die Sache in Ordnung gebracht werden könnte, deuteten aber taktvoll an, daß Delilah diese Kosten kaum noch wert sei. Ich schloß mich ihrer Meinung an und kaufte eine Kindertrompete, die von nun an von meinen Mitfahrern an sämtlichen unübersichtlichen Kurven geblasen werden mußte. Die Kinder fanden diese Lösung herrlich und bliesen nach Herzenslust darauflos. Einmal blies Heather voller Begeisterung den ganzen Weg die Pekanui hinauf, so daß ich mich schließlich nach ihr umdrehte und energisch verlangte, sie sollte endlich damit aufhören. In diesem Moment hörten wir das Kreischen von Bremsen und ein riesiger Lastwagen wich hastig zur Seite aus und hielt. Der Fahrer lehnte sich zum Fenster heraus und sagte: »Gut, daß Sie gehupt haben! Hatte gerade noch Zeit, auszuweichen.« Ich sehe immer noch seine aufgerissenen Augen vor mir, als er meine jüngste Tochter auf dem Rücksitz zusammengerollt sah, die Kindertrompete an ihrem Mund und den Ausdruck tiefster Befriedigung auf dem Gesicht. Seit diesem Tag behauptet Heather unbeirrbar, sie hätte uns allen das Leben gerettet.
Ich erinnere mich jedenfalls noch an das leichte Erstaunen einer äußerst distinguierten Dame, als ich sie darum bat, die Trompete in der Hauptstraße von Te Awamutu zu blasen. Sie folgte, ungeachtet der fasziniert zum Fenster hereinstarrenden Fußgänger. »Auto fahren mit Mary ist immer etwas ganz anderes als mit sonst jemand«, stellte sie maßvoll hinterher fest.
Im ganzen gesehen, kann ich es meiner Tochter nicht übelnehmen, daß sie mir schrieb: >Mutter, ich hoffe, es macht Dir nichts aus, Delilah am Anfang der Einfahrt stehenzulassen, wenn Du mich das nächste Mal besuchst? Die Leute hier haben alle solch fleckenlose Autos...< Nun, ich verstand den Wink mit dem Zaunpfahl und versuchte von nun an nicht mehr mit den fleckenlosen Autos zu konkurrieren, sondern ging die Einfahrt zu Fuß hinauf.
Um so befriedigender, wenn auch peinlich, war es, als jemand die Tollkühnheit besaß, Delilah zu klauen. Wir waren nach Hamilton gefahren, um unsere Tochter im Krankenhaus zu besuchen, und hatten später beschlossen, uns einen Film in Frankton anzusehen. Das hieß zwar, daß wir um Mitternacht heimfahren müßten, aber auf Delilah konnte man sich in solchen Fällen verlassen. Als wir aus dem Filmtheater kamen, war aber unsere alte Karre verschwunden. Das einzige, was wir vorfanden, war eine große Ölpfütze, welche praktisch als ihre Unterschrift anzusehen war. »Wir wollen um den Block herumgehen«, schlug ich vor.
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