Das waren schöne Zeiten
Seufzen meine Arbeit im Schein der Kerzen und Petroleumlampen. Mit dem Kochherd hatte ich mich einigermaßen ausgesöhnt, obwohl ich das dauernde Nachheizen und noch mehr das gelegentliche Reinigen vom Ruß herzlich verabscheute. Doch am quälendsten empfand ich die unzureichende Beleuchtung. Keiner von uns ging gern früh zu Bett; wir wollten an den Abenden lesen und schreiben, was aber mit Kerzen und Lampen auf die Dauer nur ein halbes Vergnügen war.
Das Ganze war so umständlich wie nur möglich. Kerzenhalter mußten dauernd gereinigt, Glaszylinder fast täglich abgewaschen werden. Dann waren wieder die Lampen mit Petroleum zu füllen, die Dochte zu beschneiden, und die Zündhölzer mußten stets zur Hand sein. Der Geruch von Petroleum war mir immer zuwider, doch die Hurrikanlampen verabscheute ich noch viel mehr. Sie gaben zwar gutes Licht, waren aber völlig unberechenbar, eine Eigenschaft, die ich mit ihnen teilte, weshalb es häufig zu bösen Zusammenstößen zwischen uns kam. Walter schien sie auf seine ruhige Art zu beherrschen, eine Kunst, die ich nie erlernte; und wenn ich mal einen Abend allein war, mußte ich mich meist mit dem Schein mehrerer Kerzen oder ein paar altmodischen Öllampen zufriedengeben.
So war es natürlich ein herrlicher Augenblick, als wir endlich Elektrizität im Hause hatten. Wir konnten es kaum fassen, daß wir nur einen Schalter zu betätigen brauchten, um so viel Licht zu haben, wie wir wollten. Ich schlug sofort vor, die Petroleumlampen und Kerzenhalter in den tiefen Graben zu werfen, wohin wir unseren Abfall schafften, aber Walter setzte mir auseinander, wie unklug das wäre: erstens, weil es vielleicht Leute gäbe, die froh darum sein würden, was ich heftig bezweifelte, und zweitens, weil es passieren könnte, daß vorübergehend der Strom ausbliebe und wir selber dankbar darauf zurückgreifen würden, eine Prophezeiung, die noch oft genug eintraf.
In der ersten Nacht feierten wir das Ereignis, indem wir sämtliche Lampen in jedem Zimmer einschalteten, auf die Weide hinausgingen und die Wirkung bewunderten. Eine ganze Weile konnten wir uns an das, was wir für einen zauberhaften Luxus hielten, nicht gewöhnen. Es war wunderbar, endlich den Holzfeuerherd los zu sein! Kein Ruß mehr, kein Anheizen mehr, kein Ärger mehr mit Anfeuerholz im Dunkeln und an kalten Wintermorgen. Statt dessen ein elektrischer Herd mit einem Thermomether, so daß man nicht mehr über den Daumen und mit Gottvertrauen zu backen brauchte! Das war es, wovon ich jahrelang geträumt hatte.
Doch noch lange vor diesem erfreulichen Ereignis, während unsere Welt noch immer im dämmrigen Schein der Kerzen lag, fiel der erwartete Schlag. Das, was wir und viele andere gefürchtet hatten, war eingetreten: die Kriegserklärung. Gleichzeitig schienen wir wieder in die schlechten alten Zeiten von einem Vierteljahrhundert zuvor zurückversetzt zu sein. Die gleiche Knappheit, die gleichen Schwierigkeiten, die gleichen bedrückenden Sorgen. Doch dieses Mal waren wir wenigstens nicht auf den guten Johnny und seine Schubkarrennachrichten angewiesen. Wir besaßen einen guten Radioapparat und damit den mageren Trost der täglichen Nachrichten.
Wie wir es erwartet hatten, wollte sich unser Sohn sofort freiwillig melden. Aber er war noch viel zu jung, und seinem Arbeitgeber gelang es, ihn zu überreden, seinen Entschluß hinauszuschieben. Aber es dauerte nicht mehr lange, bis er seine ausgezeichnete Stellung in der Hawke’s Bay aufgab und für kurze Zeit zu uns nach Hause kam. Schon bald bestand er erneut darauf, sich zum Heer zu melden, und da er überdurchschnittlich kräftig war, sahen wir keine Möglichkeit, uns seinem Wunsch zu widersetzen. Immer noch unter der verlangten Altersgrenze, meldete er sich freiwillig, bezeichnete sich auf dem Formblatt als >Arbeiter<, ging in ein Lager und war bald auf dem Weg nach Suva zur Endausbildung.
Inzwischen hatte sich unser Leben durch die Sorgen um Dick Humphry noch mehr kompliziert. Ich möchte mich hier nicht weiter über diese Story verbreiten, die ich in einem kleinen Buch mit dem Titel >The Prisoner Escaped< bereits ausführlich erzählte, nur erwähnen, daß zu der Sorge um unseren Sohn, der im Mittleren Osten an der Front stand, auch noch die Belastung durch den Kummer kam, den uns das Schicksal seines Schulfreundes bereitete. Dicks Geschichte war die eines von Natur furchtlosen jungen Mannes, der irgendwie auf die schiefe Bahn geriet und schließlich nicht nur ein
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