Das Washington-Dekret: Thriller (German Edition)
und aktivierte einen Monitor, auf dem ein gestochen scharfes Schwarz-Weiß-Bild zeigte, was im Büro des Vizepräsidenten vor sich ging. »Mit diesem Knopf wechselt man zwischen den unterschiedlichen Kameras.« Seine Worte illustrierend, schaltete er um zu Wesleys Büro, zum Roosevelt Room und weiter den Gang hinunter. Dann wechselte er wieder zu dem Meeting in Sunderlands Büro.
Wesley blickte zum Monitor. Die bedeutendsten Politiker des Landes waren nun zum Kaffee übergegangen.
»Hören Sie!« Burton führte einen Stecker in die Box ein, die den Ton von Wesleys ID-Schild aufnahmen.
Es summte schwach und die Stimmen klangen etwas metallisch, aber ansonsten war der Ton erstaunlich gut. Wesley bekam eine Gänsehaut. Hier saßen der Stabschef der Regierung und sein wichtigster Kommunikationsmitarbeiter und belauschten illegal, was der Präsident, der Vizepräsident, der Chef des Sicherheitsapparats und sein Kollege im Verteidigungsministerium erörterten. Für so etwas kam man jahrelang hinter Gitter. Wenn man Glück hatte. Wenn nicht, konnte man für so was auch verschwinden.
»Glauben Sie, das funktioniert, Lance? Ist es nicht zu riskant? Wie können Sie mit Sicherheit wissen, dass nicht auch wir im Augenblick überwacht werden?« Er starrte auf die geschlossene Tür zum Kommunikationszentrum, als erwartete er, dass die Tür jeden Moment aufging und einer von Kanes Bluthunden hereinkam.
Burton zuckte die Achseln. Offenbar war das ein Risiko, das er nicht mit einkalkulierte. Oder von dem er sich einfachnicht abschrecken lassen wollte. »Hören Sie«, sagte er stattdessen.
In Sunderlands Büro saßen sie sich gegenüber, rührten in ihren Kaffeetassen. Weder räusperten sie sich noch sprachen sie zögernd, sondern sie beschlossen, ohne lange zu fackeln, wie der eiserne Zugriff weiter verstärkt werden sollte. Wie man die Einflüsse des Auslands auf die Ereignisse ausbremsen und die Satellitenübertragungen beenden wollte. Wie Viren ins Internet geschleust werden sollten, um es zu ersticken. Wie die gesamte Telekommunikation ausgebremst und gelenkt werden sollte. Der Minister für Innere Sicherheit hatte den zeitlichen Plan bereits ausgearbeitet, und der Verteidigungsminister hatte die nötigen militärischen Maßnahmen getroffen. Wesley und Lance wurde klar, dass es sich nur um Tage handeln konnte. Sie beobachteten, wie Thomas Sunderland sich ein Glas Cognac einschenkte und bat, schnell zu handeln. Sie konnten auf den Bildern gut verfolgen, wie der Präsident hochkonzentriert zuhörte, wie sich die Falten in seinem Gesicht glätteten und er zufrieden wirkte.
Es ging um Kontrolle.
Wesley war zumute, als hätte man sein Todesurteil verkündet.
»Und was machen wir jetzt?« Es war ein Wunder, dass Lance Burton ihn verstand, so leise sprach er.
»Tja, Wesley.« Burton atmete tief durch. »Genau darüber müssen wir sprechen.«
26
Während sie durch New Yorks heruntergekommene Wohnviertel fuhren, unternahm Doggie mehrere vergebliche Versuche, T. Perkins auf seinem Handy anzurufen. Inzwischen war es drei Uhr. Wieso war T. denn bloß so schwer zu erreichen? Es war zum Verzweifeln.
Ollie Boyce Henson saß neben ihr, schaukelte von rechts nach links und glotzte die Frauen draußen auf der Straße an, als hätte er noch nie zuvor ein weibliches Wesen gesehen.
Wenige hundert Meter von Rosalies Straße entfernt bat Doggie ihn, sie abzusetzen. Je weniger er über ihre weiteren Pläne wusste, desto besser für sie, davon war sie überzeugt. Sie gab ihm die verabredeten zweitausendfünfhundert Dollar und bat ihn, den Schrotthaufen von Auto zu entsorgen.
Er tippte sich zur Bestätigung an die Rastalocken. Sein breites Grinsen verriet, wie einverstanden er mit dem Deal war. Das konnte er auch sein. Für zweitausendfünfhundert Dollar konnte er alles kriegen, was er sich wünschte. Zwei Joints von seinem Cousin, ein Paar neue Jordan-Turnschuhe und bestimmt auch ein, zwei willige Weiber.
Ziemlich zufrieden mit sich selbst und der Welt trat Ollie das Gaspedal durch und verschwand Richtung nördliche Bronx.
Für einen Moment empfand Doggie fast so etwas wie Neid. In ihrem nächsten Leben würde sie sich mit ähnliche Zielen zufriedengeben wie Ollie Boyce Henson.
Doggie hatte zu wissen geglaubt, wie es in Rosalies Viertel aussah, aber nun war sie doch entsetzt. Alles war weitaus schäbiger und verwahrloster, als sie angenommen hatte, und zeugtevon extremer Armut. Von der Hauptstraße bis zu Rosalies Haustür waren es nur
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