Das Weihnachtshaus
Ich wusste nicht, was ich antworten sollte, und so verhielt ich mich einfach wie bei einem Rätselspiel. «Was hat Ihr Vater gemacht?»
Mit einem leichten Grinsen sagte er: «Mein Vater war ein berühmter Schauspieler.»
Ohne nachzudenken, antwortete ich, was mir aufgrund meiner Lebenserfahrung sofort in den Sinn kam: «Das tut mir sehr leid für Sie.»
Ein Lächeln breitete sich auf seinem Gesicht aus. Er nickte mir verständnisvoll zu und hob sein fast leeres Glas zu einem Trinkspruch.
Ich versuchte, unauffällig aus dem Raum zu schlüpfen.
ZEHNTES KAPITEL
Vor dem Spiegel im Bad hielt ich mir eine Standpauke. War es etwa so ein «Spiegel» wie in Alice im Wunderland ?
In was auch immer ich da hineinblickte in dem kleinen Raum mit dem winzigen Waschbecken und der Toilette mit Ziehspülung, ich starrte mein blasses Gegenüber an und erinnerte mein bedauernswertes Ich daran, dass ich mich bei Gesellschaften noch nie besonders hervorgetan hatte und dass dieser Abend nur ein weiterer Beweis dafür war.
«Versuch, höflich zu sein, Miranda. Besorg dir ein paar Informationen, und dann sieh zu, dass du von hier verschwindest. Nicht, dass diese Menschen dich in schlechter Erinnerung behalten.»
Ich kämmte mein dunkles Haar zurück, fasste die schulterlange Mähne mit einer Spange zusammen und fand Lipgloss für meine trockenen Lippen im Seitenfach meiner Schultertasche.
Erfrischt ging ich in den Salon zurück. Die Gäste hatten sich in einem Kreis zusammengestellt, und irgendein Spiel hatte begonnen. Ich stand im Hintergrund und beobachtete sie. Ich brauchte nicht lange, bis ich herausfand, um was für ein Spiel es sich handelte. Dies waren alles Schauspieler und Theaterbegeisterte. Natürlich, sie spielten eine Art von Scharade.
Einer der Gäste stand in der Mitte und zitierte eine Zeile aus einem Theaterstück, und die anderen mussten entweder den Titel erraten oder die nächste Zeile zitieren.
Ich hielt mich zurück, als ein hochgewachsener Mann in die Mitte trat und ausrief: «Doch still, was schimmert durch das Fenster dort?»
Die Versammelten lachten über sein versuchtes Falsett. Der junge Scrooge war am schnellsten: « Romeo und Julia !»
Herzliches Schulterklopfen folgte als Anerkennung für den flinken Scrooge, der sich nun in die Mitte stellte und eine Zeile aus der abendlichen Vorstellung zitierte: «Zwinge mich nicht länger, ansehen zu müssen, was aus mir geworden ist. Erzähl mir stattdessen, was sein wird.»
Die unverzügliche Antwort kam von Andrew, der die nächste Zeile mit der Stimme des Geistes dieser Weihnacht zitierte: «‹Und so wird es sein!› Das ist natürlich aus dem Weihnachtslied .»
Kritische Stimmen meldeten sich, dass man ab jetzt nur aus anderen Stücken und nicht mehr aus dem Weihnachtslied zitieren solle, da die Adaption von Carlton Heath das Original doch ziemlich verunstaltet hätte und jedes Zitat daraus alles andere als authentisch sei. Aber trotzdem sagte jeder zu Scrooge, dass er es gut gemacht hätte.
Andrew fuhr fort mit: «Kommt Ihnen nicht der Gedanke, Higgins, das Mädchen könnte auch etwas empfinden?»
« My Fair Lady », rief jemand.
«Auch bekannt als …» Andrew machte es spannend, als ob es eine knifflige Frage wäre. Und er fuhr mit der nächsten Zeile fort, um noch mehr Anhaltspunkte zu liefern: «Nein. Ich glaube nicht. Jedenfalls nichts, womit wir uns befassen müssten. Nicht wahr, Eliza?»
«Und ob ich so was empfinden kann! So viel als wie jeder», murmelte ich leise die nächste Zeile vor mich hin. Nur eine Person hörte mich. Ellie.
«Gut gemacht, Miranda! Sie sollten für diese nächste Zeile Extrapunkte bekommen.» Zu den anderen sagte sie: «Das Stück ist My Fair Lady . Worauf willst du hinaus, Andrew?»
«Aha!» Edward trat vor und sagte triumphierend: « My Fair Lady oder ursprünglich Pygmalion .»
Ein kollektiv geseufztes «Natürlich» ging durch den Raum.
«Miranda, sind Sie in My Fair Lady aufgetreten?», fragte Ellie.
«Nein, ich bin noch nie in einem Stück aufgetreten.»
«Tatsächlich? Ich auch nicht. Sie werden mir immer sympathischer. Ich dachte, ich wäre hier die Einzige, die noch keine Bühnenerfahrung hat.»
Ich antwortete nicht, denn ich konnte eigentlich nicht behaupten, dass ich keine Bühnenerfahrung hätte. Ich hatte nur noch nie richtig bei einer Aufführung mitgemacht. Meine Mutter hatte irgendwo die Rolle der Eliza Doolittle auf der Bühne gespielt, als ich ungefähr sechs Jahre alt war. Mit diesem Text
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