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Das weiße Amulett

Das weiße Amulett

Titel: Das weiße Amulett Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kathinka Wantula
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späten Stunde nicht menschenleer waren. Die Stadt war zu jeder Tages- und Nachtzeit belebt.
    Ohne große Probleme fand er das Hotel, fragte nach dem Zimmer von Mrs Alexander und rannte die Treppe hinauf. Auf dem Weg in den dritten Stock entsicherte er seine Pistole und sah sich um. Außer ihm schien niemand unterwegs zu sein. Eine halbe Minute später erreichte er den dritten Stock und klopfte an Karens Zimmertür.
    »Karen?«
    Drinnen im Zimmer stand der Mann mit der schwarzen Galabiya neben Karen und hielt ihr einen goldenen Dolch an die Kehle. »Antworte ihm«, zischte er und schob sie zur Tür.
    »Wer ist da?«, krächzte Karen.
    Mansfield befeuchtete seine trockenen Lippen. »Ich bin’s, Michael. Komm schon, Darling, mach auf.« Er war erleichtert, ihre Stimme zu hören, aber er merkte, wie sie zitterte. Karen war nicht allein.
    Im Zimmer zog der Fremde Karen rabiat an den Haaren. »Schick ihn weg!«, zischte er ihr ins Ohr.
    »Aber … Michael!«, stotterte Karen und versuchte ihre wirren Gedanken zu ordnen. »Du bist … viel zu früh«, improvisierte sie. »Ich … ich brauche noch zehn Minuten.«
    Mansfields Hand schloss sich noch fester um die Waffe, als er den Hinweis verstand und schnell nach einer Lösung suchte. »Du kannst dich doch auch zurechtmachen, wenn ich bei dir bin. Du gönnst mir aber auch gar nichts.«
    Hinter der Tür drückte der Fremde Karen den Dolch noch fester an den Hals.
    »N-nein«, stotterte Karen, »es soll eine Überraschung werden!«
    »Also gut, ich warte dann unten an der Bar auf dich. Beeil dich bitte!«, brachte Mansfield mühsam hervor.
    Karen schluckte hart. »Ja, versprochen.«
    Ihre Knie waren kurz davor, nachzugeben, als sie hörte, wie sich Manfields Schritte entfernten, und instinktiv wollte sie nach Hilfe rufen, aber das wäre ihr sicherer Tod gewesen. Der Fremde lauschte an der Tür, doch es war nichts mehr zu hören. Er schleuderte Karen aufs Bett und drohte ihr mit der goldenen Klinge.
    »Wo ist der Djed-Pfeiler? Ich werde kein zweites Mal fragen, also gib ihn mir, oder du stirbst!«
    Karen kroch bis ans Kopfende des Bettes. Warum hatte sie sich nicht sofort nach der Entführung ein neues Reizspray gekauft? Warum hatte El Bahay nur Michael eine Pistole geschickt? Dann wäre sie diesem Kerl jetzt nicht so hilflos ausgeliefert gewesen. Verdammt. »Der Djed-Pfeiler ist nicht hier. Ich habe ihn nicht bei mir.«
    »Du lügst! Du würdest ihn niemals aus der Hand geben!«
    Damit war er der Wahrheit näher, als er ahnte, denn das Amulett war in der Manteltasche genau neben ihm am Garderobenständer. Karen war am Verzweifeln. Lange würde sie den Fremden nicht mehr hinhalten können. Wo blieb Michael? War er wirklich gegangen? Das konnte sie nicht glauben. Wie bei einem eingespielten Team hatte er auf ihre Antworten reagiert. Oder bildete sie sich das nur ein? Das Zimmer verschwamm vor ihren Augen, ihr Kreislauf wollte versagen.
    Genau in dem Moment wurde die Tür aufgestoßen, und Mansfield stürzte ins Zimmer. Schüsse gingen in die Richtung des Fremden, trafen aber nur das große Fenster hinter ihm, das splitternd zerfiel. Ehe Mansfield genauer zielen konnte, taumelte der Mann rückwärts und stürzte sich durch das zerschossene Fenster auf einen kleinen Balkon. Mansfield rannte durchs Zimmer und schickte ihm noch einige Kugeln hinterher, doch der Fremde war eins geworden mit der Nacht.
    »Das gibt’s doch nicht! Hab ich den verdammten Kerl etwa nicht erwischt?« Mansfield wandte sich zu Karen um. »Bist du verletzt?«, fragte er, aber Karen saß nur verstört auf dem Bett und schüttelte wortlos den Kopf.
    Er griff nach ihren Armen und zog sie hoch. »Komm, wir müssen hier weg!«
    Eine halbe Stunde später sah der Portier die beiden Touristen durch die Eingangstür treten.
    »Schön, dass Sie wieder da sind, Mrs Alexander.« Er nickte ihnen freundlich zu, blickte aber in zwei ernste Gesichter, denen man das Erlebte ansah. »Ist alles in Ordnung, Madame?«, fragte er vorsichtig.
    Karen zwang sich zu einem Lächeln. Ihre Knie wurden weich, aber sie wollte ihrer Schwäche noch nicht nachgeben.
    »Es geht schon, Mr Habib. Ich bin nur etwas müde.«
    Mansfield bemerkte ihre zitternde Stimme und schob sie schnell in den nächsten Lift. Wenige Minuten später ließ er oben im Zimmer die Tür ins Schloss fallen und setzte Karens Koffer ab, während sie ohne einen Ton neben ihm zusammensackte. Er hob sie hoch und legte sie auf ein gelbes Sofa. Sollte er einen Arzt rufen?

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