Das weiße Amulett
schlechtes Gewissen habe. Die Uhr gehört Ihnen. Ihr Vater hat sie Ihnen geschenkt.« Mit einer kleinen Bewegung drehte er die Uhr um, wo auf der Unterseite des Uhrwerks eine dünne Gravur mit einer persönlichen Widmung stand.
Mansfield zuckte nicht mit der Wimper. »Ich habe sie Ihnen geschenkt«, wiederholte er mit Nachdruck. »Sie gehört Ihnen. Außerdem haben Sie hundert Pfund dafür bezahlt.«
»Vielen Dank, dass Sie mich an diese Verfehlung erinnern. Nein, ich werde die Uhr nicht mehr tragen. Also entweder nehmen Sie sie zurück, oder ich bringe sie in ein Pfandhaus.«
»Sind Sie verrückt geworden? Die geben Ihnen doch nur einen Bruchteil von dem, was sie wert ist. Auf gar keinen Fall!«
Schnell griff er nach der Uhr und legte sie sich mit alter Gewohnheit ums Handgelenk, während er ins Zimmer zurückging und nach wenigen Sekunden mit einem dünnen Papier wiederkam.
»Hier. Tun Sie mir den Gefallen und nehmen Sie es an.«
El Bahays Gesicht verfinsterte sich. »Ich lasse mich nicht bezahlen, Mr Mansfield!«
»Natürlich nicht«, erwiderte dieser und hielt unbeirrt den Scheck vor dessen Nase. »Aber vielleicht wollen Sie etwas für Ihr Dorf tun.«
El Bahay kniff die Augen zusammen und versuchte in Mansfields Gesicht zu lesen. Wollte der Mann ihn verhöhnen? Die Dorfbewohner hatten ihn entführt und beinahe getötet. Warum sollte er ihnen etwas Gutes tun?
Mansfield bemerkte seine Bedenken. »Sie haben mir das Leben gerettet, Mr El Bahay. Das werde ich Ihnen nie vergessen. Also nehmen Sie endlich diesen verdammten Scheck, damit ich wieder ein gutes Gewissen kriege.«
El Bahay zögerte immer noch.
Da stieg eine Idee in Mansfield auf. Ein Bild, eine Erinnerung aus dem Pharaonen-Grab. »Denken Sie an das Gesetz der Maat, El Bahay. Dieser Scheck kann die Feder der Gerechtigkeit niemals ausgleichen.«
Unvermittelt griff der alte Ägypter an Mansfields ausgestreckten Arm vorbei und legte seine rechte Hand auf dessen Herz – nur für einen kurzen Augenblick. Dann zog er sie wieder zurück und nahm den Scheck.
Mansfield schaute ungläubig auf die Stelle, wo vor wenigen Sekunden noch die Hand lag. Er spürte eine wohlige Wärme in sich aufsteigen, und eine ungewohnt tiefe Ruhe breitete sich in ihm aus.
»Ihr Herz wird die Prüfung bestehen, Mr Mansfield«, sagte El Bahay einfach und sah mit einem wohlgefälligen Blick auf die Summe des Schecks. »Wann werden Sie abreisen?«
Mansfield war noch immer irritiert. »Ich weiß nicht. Wir fliegen morgen Nachmittag nach Kairo zurück. Dann sehen wir weiter.«
El Bahay nickte nachdenklich. »Sie sollten Ägypten so schnell wie möglich verlassen, Sie und Mrs Alexander.« Er nahm eine goldene Kette von seinem Hals und legte sie Mansfield um.
»Hier, nehmen Sie das. Es wird Sie schützen.« Er hielt den kleinen Anhänger ins Licht. »Kennen Sie dieses Zeichen?«
Mansfield sah auf den stilisierten Falken-Anhänger. »Es ist Horus.«
El Bahay nickte. »Tragen Sie die Kette, und Horus wird Sie überall zu jeder Zeit beschützen. So wie er es seit Ewigkeiten tut.«
Er neigte zum Abschied leicht den Kopf und wollte gehen, als er wie zufällig zwei Holzschachteln auf dem Boden neben der Tür stehen sah.
»Ich hab hier noch etwas für Sie und Mrs Alexander. Zwei Päckchen, die mir der Portier mitgab.«
Er reichte sie Mansfield, drehte sich dann rasch um und ging ohne ein weiteres Wort zum Lift. Mansfield schaute ihm mit einem leichten Kopfschütteln nach und kehrte ins Zimmer zurück. Langsam öffnete er die Holzschachtel, auf der mit einem schwarzen Kohlestift sein Name geschrieben stand, und pfiff durch die Zähne. In einem alten Ledertuch lagen eine SIG-Sauer und fünf Packungen Munition.
»Soso, der Portier hat ihm das Päckchen mitgegeben«, murmelte er und besah sich die schwarze Pistole von allen Seiten. Die Waffe lag hervorragend in der Hand. »Horus scheint es gut mit mir zu meinen.«
In dem Augenblick öffnete sich die Badezimmertür, und Karen erschien im Frotteemantel mit einem weißen Handtuch um den Kopf.
»Hast du gerade mit jemandem an der Tür geredet?« Sie sah die Waffe. »Um Himmels willen! Wo hast du die denn her?«
Mansfield lehnte sich in seinem Sessel zurück. »Von Ibrahim El Bahay.«
Sie sah ihn erstaunt an und hörte kurz damit auf, ihre Haare zu frottieren. »El Bahay bringt dir eine Waffe? Freiwillig? Einfach so?«
»Ja, komisch, nicht? Außerdem hat er mir noch meine Uhr zurückgegeben.«
»Er hat was? «
»Du hast schon
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