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Das Weisse Kleid Des Todes

Das Weisse Kleid Des Todes

Titel: Das Weisse Kleid Des Todes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Julia Spencer-Fleming
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Mindy. »Wurde sie nicht letzten Freitag ermordet? So hieß es doch in den Nachrichten? Und du selbst hast Ethan am Freitag gesehen. Weißt du noch? Wir mussten ihn von diesem Video-Dingsda, diesem Spielsalon abholen. Er konnte doch gar nicht … er hat Katie nicht getötet.«
    »Das Mädchen starb irgendwann nach Einbruch der Nacht, Mindy. Ich habe Ethan erst nach zweiundzwanzig Uhr getroffen.« Er schaute aus den Fenstern. Der Himmel verdunkelte sich von Blau zu Lavendel, und rosa Wolkenberge trieben durch die eisige Luft. Russ wandte sich an Hannah. Sie wirkte jetzt nicht mehr wie eine kleine Schwester, die schadenfroh beobachtet, wie ihr Bruder sein Fett wegkriegt. Allmählich wurde ihr klar, dass Ethan viel tiefer in der Klemme stecken könnte, als sie geahnt hatte. »Hannah, hast du Ethan ausgerichtet, dass ich hier bin?«
    Sie nickte. »Er sagt, er kommt gleich.«
    Russ sah zu dem Stall hinauf. Noch war es hell genug, dass man kein Licht machen musste, aber in ungefähr einer halben Stunde wäre es dunkel. Russ wollte diese Sache hinter sich bringen. »Ist wohl besser, ich geh selber dort rauf.«
    »Ich komme mit«, sagte Mindy und zog ihre Jacke an. Draußen überquerten sie den Weg, der die Hofeinfahrt von dem Pfad zum Stall trennte, und liefen über den Splitt zur Scheune. Im Nordwesten, hinter den Bergen, baute sich dunkelblau und schwer eine Wolkenwand auf. Es würde heute Nacht oder morgen schneien.
    »Mit einem Bluttest lässt sich nicht eindeutig sagen, ob Ethan der Vater ist«, meinte Mindy.
    »Nein. Der dient mehr als Ausschlussverfahren oder zur Bestätigung. Wenn Ethans Blutgruppe stimmt, schicken sie die Probe runter nach Albany ins Labor, dort kann man die DNA mit der des Babys vergleichen.«
    Mindy öffnete das Gatter zum Kuhstall. »Wenn die Blutgruppe stimmt, was tust du dann?«
    »Ihm ein paar Fragen stellen. Es kann ruhig ein Anwalt dabei sein. Je nachdem, was er mir sagt, geht’s von da ab weiter.« Er trat vorsichtig über die halb gefrorenen Kuhfladen.
    »Ethan!«, rief Mindy. Der Weg endete vor dem gähnenden, zwei Stockwerke hohen Tor der alten Scheune, in der der Stall untergebracht war. Selbst in der kalten Winterluft roch es intensiv nach Dung, Heu und Maschinenöl. »Ethan!«
    »Vielleicht solltest du draußen bleiben«, meinte Russ.
    »Sei nicht albern. Es geht um meinen Sohn.« Das Innere der Scheune war von der Wärme der Tiere erfüllt. Die Kühe in den Boxen zur Linken hingen alle an Melkmaschinen, während die auf der rechten Seite geduldig warteten. Die Maschinen machten fast kein Geräusch, und Ethan war nirgendwo in Sicht. Russ sah, dass die niedrige Zwischendecke von vier Luken durchbrochen wurde, die auf den riesigen Heuboden führten. Sein Genick fühlte sich heiß und prickelnd an. Irgendetwas an dieser Situation stimmte nicht, ganz und gar nicht.
    »Wo führt die hin?« Er deutete auf die Tür am anderen Ende des Stalles.
    »Zum Milchtank. Willst du sehen, wo die Schläuche durch die Muffen an den Wänden reinkommen?«
    »Ist dahinter noch irgendwas?«
    »Lagerraum. Wir haben auch ’nen Schuppen für unsere Traktoren und die anderen Maschinen, aber der ist nicht mit dem Stall verbunden. Ethan muss irgendein Problem mit dem Milchtank haben. Die Druckventile spinnen in letzter Zeit. Ethan!«
    Mit einem Knall flog die Tür zu dem Raum auf, und Ethan stand da, ein riesenhafter verschreckter Junge mit einer Schrotflinte, die genau auf Russ zielte.
    Russ stieß Mindy in eine Stallbox und sprang geduckt hinterher.
    »Ethan!«, kreischte Mindy und rappelte sich wieder auf. »Ethan, was soll das?«
    Russ riss sie so heftig zu sich herab, dass sie hinfiel und ihr sekundenlang die Luft wegblieb. »Still, Mindy!«, zischte er.
    »Los, verschwinde, Mom!«
    »Ethan?« Russ sprach mit einer Ruhe, die er nicht empfand. »Deine Mutter wird jetzt diese Box verlassen und aus dem Stall gehen. Allein. Dann können du und ich uns unterhalten. Einverstanden?«
    »Ich werde nicht gehen!«, flüsterte Mindy.
    »Ihr verschwindet alle beide!«
    »Du läufst runter ins Haus und rufst die Neun-eins-eins an. Sag ihnen, was los ist. Dann pass auf, dass Wayne und eure Kleine nicht hierher kommen. Lass mich das hier erledigen.«
    »Du wirst ihn erschießen! Du wirst ihn erschießen!«
    »Was treibt ihr da?«, rief Ethan.
    »Mindy, ich war über vier Jahre nicht mehr auf dem Schießstand und habe nicht vor, jetzt plötzlich rumzuballern. Lass mich mit dem Jungen reden.« Er erhob seine Stimme.

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