Das Werben des Lord MacKenzie
noch immer Schwarz als Zeichen der Trauer um ihren Gatten, der vor fünf Jahren gestorben war, aber der Schönheit ihres blonden Haars, der rosigen Wangen und grauen Augen tat das keinen Abbruch.
»Sie wird ihre Sache gut machen, denke ich«, entgegnete Isabella abgelenkt, weil sie noch immer nach Mac Ausschau hielt.
»Ich dachte, du würdest es gern wissen, Isabella. Ich habe gestern in der Burlington Arcade mit deiner Mutter gesprochen.«
Isabella richtete ihre volle Aufmerksamkeit auf Ainsley. Die Freundin sah sie mit einem neutralen Blick an, denn sie war sich bewusst, dass zu viele Gäste in der Nähe standen. Aber Ainsley hatte es schon immer verstanden, sich nichts anmerken zu lassen. Wann immer Miss Pringles Köchin verlangt hatte zu erfahren, wer in der vergangenen Nacht die Speisekammer geplündert hatte, konnte niemand unschuldiger aussehen als Ainsley. Sie gehörte jetzt zu den Kammerfrauen Königin Victorias, aber in ihren Augen lagen noch immer Andeutungen auf den schalkhaften Wildfang, der sie gewesen war.
»Meine Mutter?«, fragte Isabella und versuchte, ihre Stimme ruhig klingen zu lassen.
»Ja. Und deine Schwester Louisa.«
Ainsleys graue Augen schauten mitfühlend, und Isabella schluckte den Kloß hinunter, der ihr in der Kehle saß. Seit der Nacht ihres Debütantinnenballs und der darauffolgenden Flucht war es Isabella nicht gestattet, ihre Mutter und ihre jüngere Schwester zu sehen oder gar mit ihnen zu reden. Seit mehr als sechs langen Jahren verbot ihr Vater ihr jeglichen Kontakt zur Familie, selbst nachdem sie aufgehört hatte, mit Mac zusammenzuleben.
»Wie geht es ihnen?«, brachte sie fertig zu fragen.
»Recht gut. Sie freuen sich auf Louisas Debüt kommendes Frühjahr.«
Ein Schmerz grub sich in Isabellas Herz. »Ja, ich hörte, dass Louisa ihr Debüt haben wird. Sie ist jetzt siebzehn, sie hat noch reichlich Zeit.«
»Achtzehn, sagte deine Mutter.«
Isabellas stockte der Atem, als sie einen Schluchzer unterdrückte. Schon achtzehn. Sie hatte es nicht mehr genau gewusst, was sie noch mehr schmerzte.
Sie erinnerte sich sehr genau an den Nachmittag ihres schicksalhaften Debütballs. Louisa hatte Isabella ins Kleid geholfen und sich ausgemalt, was sie auf ihrem eigenen Ball tun würde. Sie hatte geweint, weil sie noch zu jung gewesen war, um an Isabellas Debüt teilzunehmen.
Jetzt würde Louisa das Mädchen in Weiß sein, mit Perlen um den Hals. Gentlemen würden sie kritisch beäugen und über ihren Wert als Braut urteilen.
»Ich bin sicher, sie wird ein Erfolg sein, Isabella«, sagte Ainsley. »Louisa ist ganz entzückend.«
Spontan ergriff Isabella Ainsleys Hände. Sie hatte keine Ahnung, wie sie es formulieren sollte, ohne allzu verzweifelt zu klingen, deshalb holte sie tief Luft und sagte einfach: »Wenn du Louisa wieder siehst, sagst du ihr, wie stolz ich auf sie bin? Natürlich nicht in Hörweite meiner Mutter.«
Ainsley lächelte. »Natürlich werde ich das tun.« Sie drückte Isabellas Hände. »Und ich werde dir jede Botschaft überbringen, die sie für dich hat. Deine Mutter braucht davon nichts zu wissen.«
Isabella seufzte. »Danke, Ainsley. Du hattest schon immer ein gutes Herz.«
»Trotz allem, was die anderen sagen?« Ainsleys Lächeln wurde mutwillig, und sie wand ihre Finger durch die Isabellas in jener komplizierten Verflechtung, die sie sich in ihrer Zeit in Miss Pringles Akademie ausgedacht hatten. Isabella begann zu lachen. »Miss Pringles Damen sind immer loyal«, sagte Ainsley.
Sie lachten zusammen, bevor Ainsley sich in die Menge zurückbegab, in der ihr Bruder und seine Frau in der Schar der Bewunderer Mrs Monroe umstanden.
Plötzlich konnte Isabella die Enge nicht mehr ertragen. Sie eilte durch die Tür am Ende des Salons hinaus und tauchte in das Dämmerlicht des Flures ein, der in den rückwärtigen Teil des Hauses führte. Sie hatte angeordnet, die Lichter sowohl hier als auch auf dem Treppenaufgang nicht anzuzünden, um die Gäste nicht zu ermutigen, durch das Haus zu wandern. Die hier herrschende Ruhe tat Isabella gut, und sie atmete erleichtert durch.
Auf dem oberen Treppenabsatz nahm sie eine Bewegung wahr, der eine Wolke von Zigarrenrauch folgte. Isabella presste die Lippen zusammen, raffte ihre Röcke und stieg die Treppe hinauf.
Sie überquerte den Treppenabsatz und trat zu der Gestalt, die sich dort gegen das Geländer lehnte, aber als sie näher kam, erkannte sie, dass dort zwei Personen standen. Zwei Zigarrenspitzen glühten rot
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