Das Werk - 14
mit falschen Kühnheiten aufgeblasenes Talent auf dem spießbürgerlichen Markt sehr gesucht sein würde. Und auf diese Weise krempelte er diesen Kunstmarkt um, indem er den Liebhaber mit Geschmack von früher beiseite schob und nur mit dem reichen Liebhaber verhandelte, der nichts von Kunst verstand, der ein Bild wie ein Börsenpapier kaufte, aus Eitelkeit oder in der Hoffnung, es werde im Werte steigen.
Da fing Bongrand, dem der Schalk im Nacken saß und in dem noch ein alter Kern Komödiantentum steckte, an, die Szene zu spielen. Naudet kommt zu Fagerolles. – »Sie sind genial, mein Lieber. Ah! Ihr Bild von neulich ist verkauft. Für wieviel wohl?« – »Fünfhundert.« – »Aber Sie sind ja verrückt! Es war zwölfhundert wert. Und für das, was Sie noch haben, wieviel?« – »Mein Gott, ich weiß nicht, sagen wir zwölfhundert.« – »Aber ich bitte Sie, zwölf hundert! Sie verstehen mich wohl nicht, mein Lieber? Es ist zweitausend wert. Ich nehme es für zweitausend. Und von heute ab arbeiten Sie nur noch für mich, für Naudet! Leben Sie wohl, leben Sie wohl, mein Lieber, werfen Sie sich nicht weg, Ihr Glück ist gemacht, ich übernehme das.« – Da ist er auch schon weg, er nimmt das Bild in seinem Wagen mit, er zeigt es bei seinen Liebhabern herum, unter denen er die Nachricht verbreitet, daß er die Entdeckung eines außergewöhnlichen Malers gemacht hat. Einer von denen beißt schließlich an und fragt nach dem Preis. – »Fünftausend.« – »Was? Fünftausend? Das Bild eines Unbekannten, Sie machen sich wohl über mich lustig?« – »Hören Sie, ich schlage Ihnen ein Geschäft vor: ich verkaufe es Ihnen für fünftausend, und ich verpflichte mich schriftlich, es in einem Jahr für sechstausend zurückzunehmen, falls es Ihnen nicht mehr gefällt.« – Auf einmal gerät der Kunstliebhaber in Versuchung: was riskiert er denn? Gute Geldanlage, und er kauft. Da verliert Naudet keine Zeit, er bringt auf diese Weise neun bis zehn Bilder im Jahr unter. Die Eitelkeit mischt sich mit der Hoffnung auf Gewinn, die Preise steigen, ein Kurs wird festgelegt, so daß, wenn Naudet zu seinem Liebhaber zurückkehrt, dieser, statt das Bild zurückzugeben, für ein anderes achttausend zahlt. Und die Hausse76 geht immer weiter, und die Malerei ist nur noch ein fragwürdiges Gebiet, Goldminen auf dem Montmartre, die von Bankiers verhökert werden und um die man sich mit Banknoten prügelt!
Claude entrüstete sich, Jory fand das toll; da klopfte es.
Bongrand, der öffnen ging, rief überrascht:
»Sieh mal einer an! Naudet! – Gerade haben wir von Ihnen gesprochen.«
Naudet, ganz untadelig gekleidet, trotz des scheußlichen Wetters ohne ein Schmutzspritzerschen, grüßte, kam mit der andächtigen Höflichkeit eines Mannes von Welt herein, der eine Kirche betritt.
»Schätze mich sehr glücklich, bin sehr geschmeichelt, lieber Meister … Und Sie sprachen sicher nur Gutes.«
»Aber keineswegs, Naudet, keineswegs!« fuhr Bongrand mit gelassener Stimme fort. »Wir sagten, daß Ihre Art, die Malerei auszubeuten, uns eine hübsche Generation von pfuschenden Malern plus eine zweite Garnitur von unehrlichen Geschäftsleuten bescheren wird.«
Ohne sich aufzuregen, sagte Naudet lächelnd:
»Das ist ein hartes Wort, aber so zauberhaft! Nur immer zu, nur immer zu, lieber Meister, von Ihnen kränkt mich nichts.« Und vor dem Bild der beiden kleinen nähenden Frauen in Verzückung geratend, rief er aus: »Ah, mein Gott, ich kannte Sie ja noch nicht, das ist ja wundervoll! – Ah, dieses Licht, diese Faktur, so solide und so breit! Man muß bis zu Rembrandt77 zurückgehen, ja, bis zu Rembrandt! – Hören Sie zu, lieber Meister, ich bin lediglich gekommen, um Ihnen meine Aufwartung zu machen, aber mein guter Stern hat mich geleitet. Machen wir endlich ein Geschäft, überlassen Sie mir dieses Juwel … Alles, was Sie wollen, ich wiege es mit Gold auf.«
Man sah es Bongrands Rücken an, wie er sich bei jedem Satz ärgerte. Er unterbrach Naudet schroff:
»Zu spät, es ist bereits verkauft.«
»Verkauft, mein Gott! Und Sie können nicht vom Kauf zurücktreten? – Sagen Sie mir wenigstens, wem Sie es verkauft haben; ich werde alles unternehmen, ich werde alles dafür geben … Ach, was für ein furchtbarer Schlag! Verkauft, sind Sie auch ganz sicher? Und wenn ich Ihnen das Doppelte biete?«
»Es ist verkauft, Naudet, und nun genug davon!«
Jedoch der Händler jammerte weiter. Er blieb noch ein paar Minuten, verging vor
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