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Das Werk - 14

Das Werk - 14

Titel: Das Werk - 14 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Émile Zola
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Wonne vor anderen Studien, machte mit den kurzen, scharfen Blicken eines Wetters, der eine Chance sucht, die Runde durch das Atelier. Als er einsah, daß die Stunde ungünstig war und er nichts mitnehmen würde, empfahl er sich, grüßte mit dankbarer Miene und erging sich bis zum Treppenabsatz in Ausrufen der Bewunderung.
    Sobald Naudet gegangen war, erlaubte sich Jory, der voller Überraschung zugehört hatte, eine Frage:
    »Aber wie mir scheint, hatten Sie doch zu uns gesagt … Das ist nicht verkauft, nicht wahr?«
    Bongrand antwortete zunächst nicht und trat wieder vor sein Gemälde. Mit seiner Donnerstimme, mit einem Aufschrei, in den er sein ganzes verborgenes Weh, den ganzen beginnenden inneren Kampf hineinlegte, den er sich nicht eingestand, schrie er dann:
    »Er fällt mir auf die Nerven! Nie wird er etwas kriegen! – Soll er doch bei Fagerolles kaufen!«
    Eine Viertelstunde später verabschiedeten sich auch Claude und Jory und überließen ihn der Arbeit, auf die er im zur Neige gehenden Tageslicht ganz versessen war. Und als sich Claude draußen von seinem Gefährten getrennt hatte, ging er nicht sofort heim in die Rue de Douai, obwohl er nun schon so lange fort war von zu Hause. Ein Bedürfnis, noch zu gehen, sich diesem Paris zu überlassen, wo ihm an einem einzigen Tage so viel begegnet war, daß ihm der Schädel brummte, ließ ihn bis in die stockfinstere Nacht im eisigen Schlamm der Straßen unter dem Licht der Gaslaternen umherirren, die eine nach der anderen gleich dunstigen Sternen hinten im Nebel angingen.
    Claude wartete ungeduldig auf Donnerstag, um bei Sandoz zu Abend zu essen; denn unverändert trafen sich die Kumpel bei ihm einmal in der Woche. Es kam, wer eben wollte, es war für ihn gedeckt. Mochte Sandoz auch inzwischen geheiratet, sein Dasein verändert, sich mitten in den literarischen Kampf gestürzt haben: er behielt seinen Tag bei, diesen Donnerstag, der noch aus jener Zeit stammte, da er eben das Gymnasium verlassen hatte und die ersten Pfeifen rauchte. So sagte er auch, er habe nun noch einen Kumpel mehr, und er meinte damit seine Frau.
    »Hör mal, Alter«, hatte er rundheraus zu Claude gesagt, »das finde ich sehr störend …«
    »Was denn?«
    »Daß du nicht verheiratet bist … Oh, ich, du weißt ja, ich würde gern deine Frau mal bei mir sehen … Aber da gibt es solche Dummköpfe, einen Haufen Spießer, die mich belauern und die gräßliche Geschichten erzählen würden …«
    »Aber klar, Alter, Christine würde es doch selber ablehnen, zu dir zu kommen! – Oh, wir verstehen sehr gut, ich werde allein kommen, rechne darauf!«
    Schon um sechs Uhr begab sich Claude zu Sandoz in die Rue Nollet hinten in Les Batignolles; und er hatte Mühe, das Gartenhäuschen ausfindig zu machen, das sein Freund bewohnte. Zunächst kam er in ein großes, an der Straße liegendes Haus und erkundigte sich bei der Concierge, die ihn durch drei Höfe schickte; dann mußte er durch einen Gang zwischen zwei anderen Gebäuden, ging eine Treppe mit ein paar Stufen hinunter und stieß auf das Gitter eines schmalen Gartens: dort war’s, das Häuschen stand am Ende eines Gartenweges. Aber es war so stockfinster, und er hätte sich schon beinahe die Beine auf der Treppe gebrochen, also wagte er sich nicht weiter, um so weniger, als ein riesiger Hund wütend bellte. Endlich hörte er die Stimme von Sandoz, der näher kam und den Hund beruhigte.
    »Ach, du bist es … Na? Hier sind wir doch wie auf dem Lande! Wir werden eine Laterne raushängen, damit unsere Leute sich nicht den Kopf einrennen … Komm rein, komm rein … Verdammter Bertrand, wirst du wohl still sein! Du siehst doch, daß das ein Freund ist, Dummkopf!«
    Da begleitete sie der Hund mit hocherhobenem Schwanz und freudig bellend zum Gartenhaus. Ein junges Dienstmädchen war mit einer Laterne erschienen, die es ans Gitter hängte, damit die schreckliche Treppe erleuchtet war. Lediglich in der Mitte des Gartens war eine kleine Rasenfläche, auf der ein riesiger Pflaumenbaum stand, in dessen Schatten das Gras verkümmerte; und vor dem sehr niedrigen Haus, das nur drei Fenster in der Gartenfront hatte, stand eine mit wildem Wein berankte Laube, in der eine ganz neue Bank glänzte, die jetzt im Winterregen dort als Zierde stand und auf die Sonne wartete.
    »Komm rein«, wiederholte Sandoz.
    Er führte Claude rechts von der Diele in die gute Stube, aus der er sein Arbeitszimmer gemacht hatte. Das Eßzimmer und die Küche lagen links. Oben

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