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Das Werk - 14

Das Werk - 14

Titel: Das Werk - 14 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Émile Zola
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dann wird im Sonnenschein umhergeschlendert, das Mittagessen riecht gut, am Nachmittag sind wir faul, den Abend verbringen wir unter der Lampe. Und keine Quälereien mehr wegen Hirngespinsten, und nichts als Freude am Leben! – Das genügt dir also nicht, daß ich dich liebe, daß ich dich anbete, daß ich einwillige, deine Magd zu sein, einzig und allein zu deinem Vergnügen dazusein … Hörst du, ich liebe dich, ich liebe dich, und es gibt nichts weiter, das ist doch genug. Ich liebe dich!«
    Er hatte seine Hände wieder frei gemacht und sagte mit düsterer Stimme und ablehnender Gebärde:
    »Nein, das ist nicht genug … Ich will nicht auf und davon gehen mit dir, ich will nicht glücklich sein, ich will malen.«
    »Und ich sterbe darüber, nicht wahr? Und du stirbst darüber, wir beide lassen zu guter Letzt unser Blut und unsere Tränen dabei! – Es gibt nichts als die Kunst, sie ist die Allmächtige, die wilde Gottheit, die uns niederdonnert und die du verehrst. Sie kann uns vernichten, sie ist die Herrin, du würdest noch dankeschön dafür sagen.«
    »Ja, ich gehöre ihr, mag sie machen mit mir, was sie will … Ich würde sterben, wenn ich nicht mehr male, ich will lieber malen und daran sterben … Und außerdem vermag mein Wille nichts dagegen. Das ist so, nichts außer ihr besteht, mag auch die Welt verrecken.«
    In einem neuen Anfall von Zorn richtete sie sich wieder auf. Ihre Stimme wurde wieder hart und aufbrausend.
    »Aber ich bin am Leben, ich! Und sie sind tot, die Weiber, die du liebst … Oh, behaupte nicht das Gegenteil, ich weiß sehr wohl, daß das deine Geliebten sind, alle diese gemalten Weiber. Bevor ich dein wurde, hatte ich das bereits gemerkt, man brauchte ja nur zu sehen, mit was für zarter Hand du ihren nackten Leib liebkostest, mit was für Augen du sie dann stundenlang anschautest. Na, ist so ein Verlangen bei einem Burschen nicht krankhaft und töricht? Für Phantasiegebilde entbrennen, die Leere eines Trugbilds in seine Arme schließen! Und du warst dir dessen bewußt, du hast es dir nur nicht eingestanden, wie etwas, was man nicht zugeben darf … Dann hast du mich anscheinend eine kleine Weile geliebt … Das war zu der Zeit, als du mir diese ganzen Dummheiten erzählt hast von deiner Liebe zu deinen Prachtweibern, wie du sagtest, um über dich selber zu scherzen. Entsinnst du dich? Nach diesen Schatten sehnst du dich, wenn du mich in den Armen hieltest … Und das hat nicht lange gedauert, du bist zu ihnen zurückgekehrt, oh, so schnell, wie ein Süchtiger zu seiner Sucht zurückkehrt. Ich, die ich da war, ich war nicht mehr vorhanden, und sie, diese Visionen, die wurden wieder die einzigen Wirklichkeiten deines Daseins … Was ich damals durchgemacht habe, das hast du niemals erfahren, denn du weißt von allem nichts, ich habe neben dir gelebt, ohne daß du mich verstanden hättest. Ich war eifersüchtig auf diese anderen. Wenn ich da ganz nackt Modell stand, so hat ein einziger Gedanke mir den Mut dazu gegeben: ich wollte kämpfen, ich hoffte, dich zurückzugewinnen; und nichts, nicht einmal einen Kuß auf die Schulter hast du mir gegeben, bevor ich mich wieder anziehen konnte! Mein Gott, wie oft habe ich mich geschämt! Was für Kummer habe ich hinunterschlucken müssen, wenn ich mich so verschmäht und verraten fühlte! – Von diesem Zeitpunkt an ist deine Verachtung nur immer größer geworden, und du siehst, wohin es mit uns gekommen ist, daß wir uns nämlich jede Nacht nebeneinander ausstrecken, ohne einander auch nur mit dem Finger zu berühren. Es ist acht Monate und sieben Tage her, ja, ich habe sie gezählt, es ist acht Monate und sieben Tage her, daß wir nichts miteinander gehabt haben.«
    Kühn redete sie weiter, sie sprach in freien Worten, sie, die sittsame, sinnliche Frau, die so glutvoll war in der Liebe, daß Schreie ihre Lippen schwellten, und hinterher so verschwiegen, so stumm über all diese Dinge, daß sie nicht mehr davon reden wollte und den Kopf mit verwirrtem Lächeln abwandte. Aber die Begierde brachte sie hoch, diese Enthaltsamkeit war ein Schimpf. Und ihre Eifersucht täuschte sich nicht, beschuldigte immer noch die Malerei, denn diese Manneskraft, die er ihr versagte, die hob er auf und schenkte sie der bevorzugten Nebenbuhlerin. Sie wußte sehr wohl, warum er sie so vernachlässigte. Zuerst sagte er oft, wenn er am nächsten Tage eine schwere Arbeit vor sich hatte und sie ihn beim Schlafengehen an sich preßte, zu ihr: nein, das gehe nicht,

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