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Das Werk - 14

Das Werk - 14

Titel: Das Werk - 14 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Émile Zola
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denn dort? – Werden denn hier Freudenfeuer angezündet?«
    Der Trauerzug war soeben, nachdem er am Wegestern angelangt war, abgebogen; hier stand das Beinhaus, das gemeinsame Grabgewölbe, das nach und nach mit allen aus den Gräbern geholten Überresten gefüllt worden war, und sein in der Mitte einer runden Rasenfläche stehender Stein verschwand unter den sich türmenden Kränzen; sie waren dort niedergelegt worden, wie es gerade kam, von der Pietät der Angehörigen, die keine eigene Grabstätte mehr zu schmücken hatten. Und als der Leichenwagen sanft nach links in den Querweg Nummer 2 rollte, war ein Prasseln zu hören, und dicker Rauch wuchs über den kleinen Platanen empor, die den Fußsteig säumten. Man kam langsam näher und erblickte von weitem einen großen Haufen erdigen Gerümpels, das in Brand gesteckt wurde. Dann begriff man endlich. Der Haufen lag am Rande eines geräumigen Vierecks, das man mit breiten parallellaufenden Furchen tief durchwühlt hatte, um die alten Särge dem Boden zu entreißen, bevor man ihm neue Leichen anvertraute, so wie der Bauer eine Brache umpflügt, bevor er sie von neuem bestellt. Die langen leeren Gruben klafften, die Hügel fetter Erde leerten sich aus unter dem Himmel; und was man da in dieser Ecke des Feldes solcherweise verbrannte, das waren vermoderte Sargbretter, ein riesiger Scheiterhaufen aus gespaltenen, zerbrochenen, von der Erde zerfressenen, zu rötlichem Humus zerfallenen Brettern. Feucht vom menschlichen Schmutz, wollten sie nicht aufflammen, barsten unter dumpfem Krachen, qualmten lediglich immer stärker mit großen Rauchwolken, die in den bleifahlen Himmel stiegen und die der Novemberwind niederdrückte, zu fuchsroten Streifen zerfetzte, die quer über die niedrigen Gräber der einen Hälfte des Friedhofs flatterten.
    Sandoz und Bongrand hatten wortlos hingesehen. Als sie an dem Feuer vorüber waren, fing der erstere wieder an:
    »Nein, er ist nicht der Mensch der Formel gewesen, die er mitbrachte. Ich meine, sein Genie ist nicht klar genug gewesen, um die Formel aufzustellen und sie in einem endgültigen Werk durchzusetzen … Und sehen Sie, wie sich rings um ihn, hinter ihm die Anstrengungen zersplittern! Sie bleiben alle in den Entwürfen stecken, in den hastigen Eindrücken; nicht einer scheint das Zeug zu dem erwarteten Meister zu haben. Ist es nicht ärgerlich, daß diese neue Auffassung vom Licht, diese Leidenschaft für das Wahre, die bis zur wissenschaftlichen Analyse getrieben wird, diese Entwicklung, die so ursprünglich begann, jetzt zurückbleibt, daß sie geschickten Leuten in die Hände fällt und zu nichts führt, weil der dazu erforderliche Mann noch nicht geboren ist? – Pah, der Mann wird geboren werden, nichts geht verloren, es muß doch Licht werden.«
    »Wer weiß? Nicht immer!« sagte Bongrand. »Das Leben verkümmert auch … Sie wissen, ich höre Ihnen zu, aber ich bin ja ein hoffnungsloser Fall. Ich verrecke vor Traurigkeit, und ich spüre alles, was verreckt … Ach ja, die Luft der Epoche ist schlecht, dieses Jahrhundertende, in dem man vor Abrißarbeiten kaum treten kann, mit den aufgeschlitzten Baudenkmälern, mit den hundertmal umgegrabenen Grundstücken, die alle einen Leichengestank ausströmen! Kann man sich denn darin wohl fühlen? Die Nerven werden zerrüttet, die große Neurose kommt dazu, die Kunst gerät in Verwirrung: das ist der Wirrwarr, die Anarchie, der Irrsinn der in den letzten Zügen liegenden Persönlichkeit … Niemals hat man sich so gestritten, und niemals hat man weniger klargesehen als seit dem Tage, da man vorgab, alles zu wissen.«
    Blaß geworden, schaute Sandoz zu, wie sich in der Ferne die fuchsroten Rauchschwaden im Winde wälzten.
    »Das war unvermeidlich«, sagte er nachdenklich zu sich selber, »dieses Übermaß an Tätigkeit und Wissensdünkel mußte uns in den Zweifel zurückwerfen; dieses Jahrhundert, das bereits soviel Helligkeit geschaffen hat, mußte unter der Drohung einer neuen Woge Finsternis zu Ende gehen … Ja, daher kommt unser Unbehagen. Man hat sich zuviel versprochen, man hat sich zuviel erhofft, man hat die Eroberung und die Erklärung von allem erwartet; und die Ungeduld murrt. Was? Es geht nicht mehr so schnell? Die Wissenschaft hat uns in hundert Jahren noch nicht die unbedingte Gewißheit, das vollkommene Glück gegeben? Also wozu dann weitermachen, wo man doch niemals alles wissen und unser Brot immer bitter bleiben wird? Das ist eine Bankrotterklärung des

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