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Das Werk - 14

Das Werk - 14

Titel: Das Werk - 14 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Émile Zola
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Zuflucht mitten in der Menge, mitten in Paris, das ringsum auf den Quais, auf den Brücken brauste, während sie am Rande des Wassers die Freude auskosteten, allein, allen unbekannt zu sein. Von da an wurde diese Böschung ihr Stückchen Land, das Land des freien Lichts, in dem sie sonnige Stunden ausnutzten, wenn die starke Hitze im Atelier, wo der rote Ofen bullerte, ihnen den Atem benahm und anfing, ihren Händen mit einem Fieber einzuheizen, vor dem sie Angst hatten.
    Allerdings weigerte sich Christine bisher noch immer, sich weiter als bis zur Mailbahn begleiten zu lassen. Am Quai des Ormes verabschiedete sie sich stets von Claude, als hätte Paris mit seiner Menschenmenge und seinen möglichen Begegnungen an dieser langen Reihe der Quais, die sie entlanggehen mußte, seinen Anfang genommen. Aber Passy war so weit, und einen solchen Weg allein zurückzulegen langweilte dermaßen, daß sie allmählich nachgab und ihm zuerst erlaubte, bis zum Hôtel de Ville, dann bis zur PontNeuf, dann bis zu den Tuilerien59 mitzukommen. Sie vergaß die Gefahr, beide gingen nun Arm in Arm wie junge Eheleute; und dieser unaufhörlich wiederholte Spaziergang, dieses langsame Wandern auf demselben Bürgersteig neben dem Wasser hatte einen unendlichen Reiz bekommen, gab ihnen den Genuß eines solchen Glückes, wie sie es niemals lebhafter empfinden sollten. Sie gehörten einer dem andern zutiefst, ohne daß sie sich einander schon geschenkt hätten. Es war, als umhülle sie die aus dem Strom aufsteigende Seele dieser großen Stadt mit allen Zärtlichkeiten, deren Pulsschlag Menschenalter hindurch in den alten Steinen gepocht hatte.
    Seit die starken Dezemberfröste eingesetzt hatten, kam Christine nur noch am Nachmittag; und wenn sich gegen vier Uhr die Sonne neigte, geleitete Claude sie am Arm zurück. An Tagen mit klarem Himmel entrollte sich, sobald sie an der Pont LouisPhilippe herauskamen, der ganze Durchbruch der Quais, unermeßlich bis ins Unendliche. Von einem Ende bis zum anderen hüllte die schräg einfallende Sonne die Häuser auf dem rechten SeineUfer wärmend in goldenen Staub, während sich das linke Ufer, die Inseln, die Gebäude, als eine schwarze Linie vom flammendfeurigen Glorienschein des Sonnenuntergangs abhoben. Zwischen diesem strahlendhellen Rand und diesem düsteren Rand erglänzte die glitzernde Seine, zerschnitten von den dünnen Querstrichen ihrer Brücken, den fünf Bögen der Pont NotreDame unter dem einzigen Bogen der Pont d’Arcole, dann, immer feiner werdend, die Pont au Change und die PontNeuf, von denen jede jenseits ihres Schattens einen grellen kurzen Lichtschein sehen ließ, ein blauseidenes Wasser, das in einer Widerspiegelung weiß wirkte; und während die dämmerigen Scherenschnitte der Häuser links im Schattenriß der scharf wie mit Kohle ins Leere gezeichneten spitzen Türme des Justizpalastes endeten, zog sich rechts in der Helligkeit eine sanfte Krümmung so langgestreckt und so verloren dahin, daß der Pavillon de Flore60, der sich ganz hinten wie eine Zitadelle an der äußersten Spitze vorschob, inmitten der rosigen Rauchschwaden des Horizonts einem bläulichen, schwerelosen und bebenden Traumschloß glich. Aber unter den blattlosen Plantanen in Sonne gebadet, wandten die beiden ihre Augen von diesem Sprühen ab, erheiterten sich an gewissen Winkeln, an immer denselben, an einem vor allen, dem Komplex sehr alter Häuser oberhalb der Mailbahn: unten kleine Läden mit Haushaltgeräten und Anglerbedarf in einstöckigen Häusern, auf die von Lorbeer und wildem Wein umblühte Altane aufgesetzt waren, und dahinter höhere, baufällige Häuser, an deren Fenstern Wäsche hing; eine regelrechte Anhäufung wunderlicher Bauten, ein Wirrsal von Brettern und Mauerwerk, von einstürzenden Mauern und hängenden Gärten, in denen Glaskugeln Sterne entzündeten. Die beiden wanderten weiter, sie ließen bald die großen Gebäude, die nun folgten, die Kaserne, das Hôtel de Ville, hinter sich und wandten ihr Interesse der anderen Seite des Stroms zu, der Cité61, die eingezwängt war in ihre geraden, glatten Gemäuer und deren Ufer keine Böschung hatten. Über den finsteren Häusern wirkten die schimmernden Türme der NotreDameKathedrale wie neu vergoldet. Kästen von Büchertrödlern begannen auf die Brustwehren überzugreifen; ein mit Kohle beladener Lastkahn kämpfte unter einem Bogen der Pont NotreDame gegen die furchtbare Strömung an. Und dort blieben sie an den Tagen, an denen trotz der rauhen

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