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Das Werk - 14

Das Werk - 14

Titel: Das Werk - 14 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Émile Zola
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bist es?«
    Der Architekt stammelte verärgert:
    »Ja, ich mache einen Besuch … Na? Ist ja hübsch dumm auf dem Lande! Aber was soll man machen? Man hat so seine Verpflichtungen … Und du wohnst hier in der Gegend? Ich wußte es doch … Das heißt, nein! Ich hatte irgend so etwas erfahren, aber ich glaubte, es sei auf der anderen Seite, weiter weg.«
    Claude, der sehr gerührt war, half ihm aus der Verlegenheit: »Schon gut, schon gut, Alter, du brauchst dich nicht zu entschuldigen, ich bin am meisten schuld daran … Ach, wie lange ist es schon her, daß wir uns nicht gesehen haben! Wenn ich dir sage, wie mein Herz höher schlug, als ich deine Nase da zwischen den Blättern auftauchen sah!«
    Da faßte er ihn am Arm, und kichernd vor Vergnügen, begleitete er ihn; und der andere, der sich ständig nur darum Sorgen machte, wie er es zu etwas bringen könnte, und deshalb unaufhörlich von sich selber redete, fing sofort an, von seiner Zukunft zu sprechen. Er war soeben Schüler der ersten Klasse an der Ecole des BeauxArts geworden, nachdem er regelmäßig lobende Erwähnungen eingeheimst hatte. Aber der Erfolg hatte ihn in eine rechte Bedrängnis gebracht. Seine Eltern schickten ihm keinen Sou mehr, jammerten Stein und Bein, damit er sie nun seinerseits unterhalte; er hatte sich den Rompreis von vornherein aus dem Kopf geschlagen, weil er sicher war, daß er geschlagen würde, und er es eilig hatte, seinen Lebensunterhalt zu verdienen; und er hatte es bereits satt, es ekelte ihn an, eine Stellung anzunehmen, einen Franc fünfundzwanzig die Stunde bei unwissenden Architekten zu verdienen, die ihn wie einen Handlanger behandelten. Welchen Weg sollte er einschlagen? Wo würde er den kürzesten Weg finden? Er würde die Ecole des BeauxArts verlassen; sein Gönner, der mächtige Dequersonniere, der ihn gern hatte, weil er ein braver Schüler war, der sich abrackerte, würde ihm schon unter die Arme greifen. Aber wieviel Mühe und Plage, wieviel Unbekanntes lag noch vor ihm! Und er beklagte sich bitter über diese von der Regierung unterhaltenen Hochschulen, auf denen man so viele Jahre schuftete und die nicht einmal allen eine Stellung sicherten, die sie Jahr für Jahr auf die Straße warfen.
    Jäh blieb er mitten auf dem Wege stehen. Die Holunderhecken liefen in eine kahle Ebene aus, und La Richaudiere kam inmitten seiner großen Bäume zum Vorschein.
    »Ach so! Na klar«, rief Claude aus, »ich hatte nicht gleich begriffen … Du gehst in diese Bude. Ach, die Scheusale, die sehen aber widerwärtig aus!«
    Dubuche, der über diese unumwundene Bemerkung aus Künstlermund verärgert zu sein schien, erhob mit pikierter Miene Einspruch:
    »Was nicht hindert, daß Vater Margaillan, als was für eine Mißgeburt er dir auch erscheinen mag, ein sehr tüchtiger Mann in seinem Fach ist. Man muß ihn auf seinen Bauplätzen inmitten seiner Bauten sehen: eine verteufelte Geschäftigkeit, ein erstaunlicher Sinn für gutes Wirtschaften, eine wunderbare Witterung, wo am besten Straßen zu bauen und wo am besten Materialien zu kaufen sind. Übrigens verdient man keine Millionen, wenn man nicht was auf dem Kasten hat … Und außerdem, was ich schon von ihm will! Ich wäre ja hübsch dumm, wenn ich nicht höflich wäre zu einem Mann, der mir nützlich sein kann.« Immer noch redend, versperrte er den schmalen Weg und ließ seinen Freund nicht weitergehen, weil er zweifellos Furcht hatte, sich zu kompromittieren, wenn man sie zusammen sähe, und weil er ihm zu verstehen geben wollte, daß sie sich nun trennen müßten.
    Claude wollte ihn gerade über die Kumpels in Paris ausfragen; aber er verstummte. Nicht einmal ein Wort über Christine fiel. Und er schickte sich drein, ihn zu verlassen, er streckte die Hand hin, da kam ihm unwillkürlich folgende Frage über die zitternden Lippen:
    »Sandoz geht’s doch gut?«
    »Ja, nicht schlecht. Ich sehe ihn selten … Erst letzten Monat hat er mit mir über dich gesprochen. Er ist immer noch untröstlich, daß du uns vor die Tür gesetzt hast.«
    »Aber ich habe euch doch nicht vor die Tür gesetzt!« rief Claude außer sich. »Aber ich bitte euch, kommt mich doch besuchen! Ich würde mich freuen!«
    »Also wenn’s so ist, werden wir kommen. Ich werde ihm sagen, daß er kommen soll, Ehrenwort! – Leb wohl, leb wohl, Alter. Ich habe es eilig!«
    Und Dubuche ging in Richtung La Richaudiere davon, und Claude schaute ihm nach, wie er inmitten der bestellten Felder kleiner wurde mit der

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