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Das Werk - 14

Das Werk - 14

Titel: Das Werk - 14 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Émile Zola
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sind verheiratet?«
    »Aber ja«, erwiderte Claude lediglich.
    Sie sah Jory an; der lächelte, sie begriff und fügte hinzu:
    »Ach so, Sie sind bei einer hängengeblieben … Wie man mir damals sagte, grauste Ihnen doch vor Frauen? – Und Sie wissen doch, daß ich damals hübsch verärgert war, ich, die ich Ihnen Angst eingejagt habe, erinnern Sie sich? Na, Sie finden mich wohl sehr häßlich, daß Sie immer noch vor mir ausrücken!« Mit beiden Händen hatte sie seine Hände ergriffen, und lächelnd und im Grunde echt gekränkt, schob sie ihr Gesicht vor, schaute ihm ganz nahe in die Augen, mit dem scharfen Willen zu gefallen. Er erschauerte leise unter diesem Dirnenatem, der ihm heiß durch den Bart fuhr; als sie ihn wieder losließ, sagte sie: »Kurz und gut, darüber werden wir noch reden.«
    Der Kutscher brachte einen Brief von Claude in die Rue de Douai, denn der Kammerdiener hatte die Tür zum Speisezimmer geöffnet, um zu melden, daß für die gnädige Frau aufgetragen sei. Das ganz köstliche Mittagessen verlief korrekt unter den kühlen Augen des Dieners: man sprach von den großen Bauarbeiten, die Paris auf den Kopf stellten; man erörterte dann die Grundstückspreise, wie Bürger, die Geld genug haben, um es anzulegen. Aber beim Nachtisch, als die drei allein unter sich waren bei Kaffee und Likören, was sie gleich hier hatten zu sich nehmen wollen, ohne vom Tisch aufzustehen, wurden sie nach und nach lebhafter, vergaßen sie sich, als hätten sie einander im Café Baudequin wiedergetroffen.
    »Ach, Kinder«, sagte Irma, »nichts ist so schön wie das: zusammen lustig sein und auf die Welt pfeifen!« Sie drehte Zigaretten, sie hatte das Fläschchen Chartreuse74 neben sich gestellt, und sie leerte es; hochrot im Gesicht und mit flatternden Haaren, machte sie wieder pöbelhafte Spaße wie in ihrer Strichzeit.
    »Also«, begann Jory und entschuldigte sich, daß er ihr am Morgen nicht ein Buch geschickt hatte, das sie haben wollte, »also ich habe es dir gestern abend gegen zehn Uhr gekauft, als ich Fagerolles getroffen habe …«
    »Du lügst«, unterbrach sie ihn mit klarer Stimme. Und um Einwendungen von vornherein auszuschalten, fügte sie hinzu: »Fagerolles war hier, du siehst also, wie du lügst.« Dann wandte sie sich Claude zu: »Nein, das ist ekelhaft. Sie können sich keine Vorstellung machen, was er für ein Lügner ist! – Er lügt wie eine Frau, zum Vergnügen, bei belanglosen kleinen Schweinereien. So steckt im Grunde hinter seinem ganzen Gerede nur folgendes: nicht drei Francs ausgeben, um mir dieses Buch zu kaufen. Jedes Mal, wenn er mir hat einen Strauß schicken sollen, ist ein Wagen drüber gefahren, oder es gab in Paris keine Blumen mehr. Ach, das ist mir einer, den man schon um seiner selbst willen lieben muß!«
    Ohne sich zu ärgern, gab Jory seinem Stuhl einen Stoß, schaukelte und sog dabei an seiner Zigarre. Er begnügte sich, grinsend zu sagen:
    »Wo du doch wieder mit Fagerolles angefangen hast …«
    »Ich habe gar nicht wieder angefangen«, schrie sie wütend. »Und außerdem, geht dich das denn was an? – Ich mache mich lustig über deinen Fagerolles, verstehst du? Er, er weiß es sehr wohl, daß man sich mit mir nicht überwirft. Oh, wir kennen uns beide, wir sind im selben Rinnstein aufgewachsen … Da, schau, wenn ich wollte, brauchte ich nur so zu machen, nur einen Wink mit dem kleinen Finger, und er läge da auf der Erde und würde mir die Füße lecken … Dem steck ich im Blut, deinem Fagerolles.«
    Sie erregte sich immer mehr; er hielt es für klug, klein beizugeben.
    »Mein Fagerolles«, murmelte er, »mein Fagerolles …«
    »Ja, dein Fagerolles! Bildest du dir denn ein, daß mir bei euch beiden nicht auffällt, wie er dir immer den Rücken stärkt, weil er auf Zeitungsartikel hofft, und wie du dich als herzensgut aufspielst und dabei den Gewinn berechnest, der für dich herausspringen könnte, wenn du einen vom Publikum geliebten Künstler unterstützt?«
    Jory, der sehr verärgert war, daß das in Claudes Gegenwart vorgebracht wurde, stammelte nun etwas. Er verteidigte sich übrigens nicht, er zog es vor, den Streit ins Scherzhafte zu ziehen. Na, wirkte sie etwa nicht spaßig, wenn sie so Feuer fing? Wenn sie ihre vor Laster funkelnden Augen zusammenkniff, ihren Mund zum Losschimpfen verdrehte?
    »Aber, meine Liebe, dein Tiziankopf übersteht das nicht.«
    Entwaffnet fing sie an zu lachen.
    Claude, der in Wohlbehagen versunken war, trank ein Gläschen Cognac

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