Das Wesen aller Kriege (Die Ratte des Warlords IX-A) (German Edition)
Funkgerät. Nach Darrs Worten müsste dessen Reichweite auch unter der Erde etwa zwei Kilometer betragen, und so weit konnten die anderen nicht weggelaufen sein. Aber wahrscheinlich war hier das ganze umgebende Gestein mit kleinen Eisenadern durchzogen. Waren sie miteinander verbunden, wirkten sie wie ein Faradayscher Käfig. Irgendwo würde sich darin eine für die Wellenlänge des Funkgerätes elektrische Fuge finden, durch sie hindurch würde das Senden möglich sein. Aber direkt hier lag diese Stelle nicht, im Kommunizierer an Keplers Ohr knisterte es ebenso nur.
Er rief sich die Lage des Bahnhofs ins Gedächtnis. Vom Kraftwerk hatten die Gleise dem Verlauf des Blauen Nils gefolgt. Taten sie es weiterhin, führte der rechte Tunnel nach Norden. Diese Annahme konnte Kepler jedoch nicht verifizieren. Aber er musste eine Entscheidung treffen, Areía und Toii standen nur ratlos da und warteten. Kepler deutete nach rechts.
Nach einer Stunde tauchte im schmalen Strahl der HTC-Lampe eine schwarze Wand auf. Es gab keine zurückgelassenen Maschinen, nicht einmal Kratzer von Bohrgeräten, der Tunnel hörte einfach auf. Kepler winkte wortlos zurück. Areía und Toii ließen ihn vorbei und schlossen wieder zu ihm auf.
An der nächsten Gabelung pfiff Kepler schrill in den abzweigenden Stollen hinein. Der Schall verlor sich in den Tiefen des Ganges. Kepler ging zum nächsten Stollen und pfiff nochmal. Diesmal hörte er ein schwaches Echo. Er kehrte zum ersten Stollen zurück und ging hinein. Areía und Toii folgten ihm wortlos.
Nach einem Kilometer mussten sie erneut umkehren, auch dieser Stollen endete in einer Sackgasse. Zurück an der Gabelung gingen sie nach rechts weiter.
Eine Stunde lang quälten sie sich durch die Hitze und Staub vorbei an düsteren Öffnungen abzweigender Stollen. Dann wurde die Lampe am HTC dun kler.
Seit einer Weile hatte Kepler den Eindruck, dass der Tunnel sich ganz leicht krümmte, als wenn er ringförmig angelegt worden wäre. Die kleineren Tunnel, die immer im geraden Winkel abzweigten, schienen gerade zu sein. Kepler ging aufs Geratewohl nach links in einen hinein. Dieser Stollen müsste zum Mittelpunkt führen, um den herum der große Tunnel verlief. Doch der Stollen endete nach einem halben Kilometer wieder einfach in einer Wand.
Zurück im großen Tunnel machte Kepler das HTC aus. Er sah gar nichts, auch nachdem seine Augen sich an die Dunkelheit gewöhnt hatten, die Finsternis war absolut. Kepler machte die Lampe im Telefon wieder an und ging weiter.
Die Taiwanesen hatten eine sehr fortschrittliche Batterie in dieses spezielle Smartphone eingebaut, und obwohl Kepler es vor kurzem geladen hatte, die Nächte in der chinesischen Wildnis hatten mehr als Vierfünftel der Energie aufgezerrt. Und so wie die Lampe den Strom verbrauchte, würde die Batterie in spätestens zwei Sunden leer sein.
Dann würden sie blind durch die Gänge dieses komplizierten unterirdischen Labyrinths dahintapsen. Oder sie könnten sich hinlegen und sterben.
Alle dreißig bis fünfzig Meter gab es die nächste Öffnung. Kepler leuchtete in jede hinein, aber Spuren von den anderen sah er nicht. Und er spürte in keinem der Stollen eine Windbewegung oder auch nur einen Hauch frischer Luft, überall roch es abgestanden und stickig. Und unter dem Ghillie wurde es immer heißer. Kepler öffnete den Anzug, bevor er vor Hitzekollaps umkippte.
An der nächsten Gabelung zweigten wieder zwei Stollen an derselben Stelle ab, einer nach links, der andere nach rechts. Kepler fand keine Argumente, die eindeutig dafür sprachen, nach links zu gehen. Oder dagegen. Dasselbe galt für den rechten Gang. Und für weiter geradeaus. Kepler wandte sich nach links.
Er warf sich zurück noch bevor er realisiert hatte, was am Ende des Lichtstra hles seiner Lampe aufgeschimmert war. Als er gegen Areía und Toii prallte, erhellte eine rasante Bewegung den Querstollen. Eine düster tiefrot glühende Kugel, die aus enorm konzentrierter Energie zu bestehen schien, aber extreme Kälte abstrahlte, jagte an der Tunnelöffnung vorbei und verschwand in der Dunkelheit des rechten Stollens. Kepler ließ das HTC fallen und riss das Gewehr vom Rücken. Er hörte nichts, während er wieder nach vorn sprang. An der Ecke der Abzweigung ging er auf ein Knie und verharrte. Sein Gehirn verarbeitete die kurze Erinnerung und seine Vorstellung davon, wie der linke Stollen verlief.
Kepler hörte leise schnelle Schritte. Er brachte das Gewehr in Anschlag,
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