Das Wiegen der Seele (German Edition)
eine Mumie auf dem Totenbett . Dann die von einem Pfeil durchbohrte Haut. Einen Gefangenen als Feind , Rebell oder Fremden , u nd zusätzlich den Grundriss von einem Haus, Gebäude oder Bauwerk, mit dem symbolischen Inhalt von Edelmetall. “
„Ich war übrigens so frei und hab deine Übersetzungen von einem Experten für altägyptische Geschichte überprüfen lassen. Ich dachte, da steckt noch mehr dahinter. Dr. Neuhausen, besagter Experte der Uni Bonn, ist Historiker und spricht dir seine Hochachtung aus. Mehr konnte er mir über die Wandmalereien auch nicht sagen. Sie scheinen keinen nachvollziehbaren Zusammenhang zu haben“, unterbrach Löffler Nettgens Gedankengänge.
Nettgen runzelte kurz die Stirn vor so viel Eigenmächtigkeit seines Kollegen, nahm aber das darin untergebrachte Lob gerne an und verkniff sich seinen Kommentar. Er sah Löffler mit einem „Ich hab ’ s doch gewusst“-Blick an und überlegte weiter:
„Am Tatort entdeckten wir Pillendreher oder Skarabäen, die es nachweislich nur im Mittelmeergebiet gibt. Der Tod trat gegen zwanzig Uhr ein, gefunden wurde das Opfer um zweiundzwanzig Uhr vierzehn. Keine Spuren, nichts. Was uns eventuell weitere Hinweise geben könnte, wäre dieses Totenbuch , das im Brief erwähnt wird. Na ja, und vielleicht die erwähnten Schakale und mit wem sich Crampton getroffen hat oder treffen wollte . “
„Unklar ist auch, welche Bedeutung das Natriumsalz im Haar des Leichnams sowie am Tatort hat“ , fügte Löffler hinzu.
„Ich bin mir sicher, dass das alles zusammenpasst.“ Nettgen überflog mit rasanten Zick-Zack-Blicken die gesammelten Ermittlungsergebnisse auf der Pinnwand.
„Sieh mal, Dietmar!“, rief er schließlich aufgeregt und heftete das Foto des Leichnams unter das Symbol der Mumie auf dem Totenbett.
Als zweites Foto nahm Nettgen die Aufnahme der Wunde und platzierte sie unter dem Zeichen der von einem Pfeil durchbohrten Haut. Löffler näherte sich ebenfalls der Wand. Nun begriff auch er, worauf Nettgen hinauswollte.
Nettgen deutete auf den Grundriss. „Damit könnte der Tatort, die alte Zeche , gemeint sein. “
„Aber die Zeche steht nicht in Verbindung mit Edelmetallen“, erwiderte Löffler.
„Hm ... ja, das passt nicht ganz ... was will uns der Täter sagen, da muss was dahinter stecken ...“
Kommissar Nettgen und sein Kollege Löffler beschäftigten sich die nächsten Stunden mit der Aufklärung des Falles. Aus Stunden wurden mehrere Tage intensiver Arbeit.
* * *
Inzwischen hatten sie das sichere Gefühl, dass sich der oder die Täter irgendwo im Ruhrgebiet aufhielten, auch wenn es dafür keine Beweise gab.
Alle Personen, die in irgendeiner Art und Weise mit dem Mordopfer in Kontakt gestanden hatten, wurden nochmals verhört.
Außerdem nahmen sie alle Straftäter, die in Verbindung mit Ritualdelikten standen, ins Visier. Selbst die inhaftierten Ritualverbrecher wurden vernommen, um eventuell Hinweise zu erhalten.
Niemand passte in das Bild des Täters.
Auch Krums, der Sicherheitsmitarbeiter, wurde ein weiteres Mal verhört, aber weder das Verhör noch die Überprüfung mithilfe der Polizeidatenbank ergab ein neues Ergebnis. Seine Weste war rein, was Nettgen ärgerte, denn er verdächtigte ihn.
Eine letzte Hoffnung war das Expeditionsteam, das Herr Crampton selbst geleitet hatte. Die Kontaktaufnahme wurde jedoch dadurch erschwert, dass es sich bei den Mitarbeitern des Teams größtenteils um Arbeiter und Aushilfen mit ägyptischer Staatsangehörigkeit handelte, die Crampton vor Ort engagiert hatte und die, so wie es schien, nun alle plötzlich spurlos verschwunden waren.
Auch ein psychologisches Täterprofil brachte die Kommissar e nicht weiter. Es besagte lediglich, dass es eine Vielzahl von Verhaltensmustern gab und sich ein Psychopath eher durch rücksichtsloses, antisoziales Verhalten, als durch tatsächliche Verbrechen auszeichnete. Doch erst einmal auf den Geschmack gekommen, wäre eine zuvor latente Neigung zu Gewalttaten nicht mehr kontrollierbar. D em Psychopathen bedeuten zwischenmenschliche Verbindungen überhaupt nichts. Eine voll beabsichtigte Tat gibt ihm das Verlangen nach m ehr. Mit anderen Worten: Ein Psychopath ist ein Mensch, in dem ein Monster schlummert. – Das hätte Nettgen auch in jedem Lehrbuch nachlesen können.
Insgesamt schwand die Hoffnung, die Mordakte Crampton kurzfristig als gelöst schließen zu können, von Tag zu Tag mehr.
Doch mal wieder half Kommissar Zufall : Eine kuriose
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