Das Wiegen der Seele (German Edition)
Mordfall.“
„Haben S ie mal auf die Uhr geschaut?“
„Sicher! Das habe ich! Aber ich ermittle in einem Mordfall und ich benötige I hre Mitarbeit. Hier und jetzt!“ Er schaute auf seine Uhr und stellte erschrocken fest, dass es bereits eine halbe Stunde vor Mitternacht war. Später, als er annahm. Nach ein paar weiteren Minuten näherte sich ein älterer Mann. Der Pförtner, ein ruhiger und gelassener Herr, gewährte ihm Einlass und begleitete ihn durch das Gebäude. Schließlich standen sie vor einer Glastür. Der Pförtner öffnete und kündigte den späten Besuch an. Nettgen betrat das Redaktionsbüro. Ein gutgenährter Schlipsträger, etwa Mitte fünfzig, so schätzte Nettgen, saß an einem Schreibtisch, der mit Blättern, Fotos und Zeitungsartikeln übersät war. Er starrte in einen flimmernden Monitor, während seine Finger auf der Tastatur förmlich herumhämmerten. Als er Nettgen erblickte, senkte er den Kopf und sah über seine Lesebrille hinweg.
„Guten Abend. Kommissar Nettgen, wie ich höre? Mein Name ist Sandmann. Ich bin der Redakteur vom Dienst. Kann ich I hren Ausweis sehen, bitte? “
Nettgen musste grinsen und streckte ihm seine Dienstmarke vor das Gesicht. „Guten Abend, ich bin Kommissar der Essener Mordkommission. “
„Was kann ich zu solch später Stunde für S ie tun ? “ Dabei streckte er den Arm aus und wies auf einen der zwei Drehsessel, die vor seinem Schreibtisch standen. „Bitte, nehmen S ie Platz!“, fügte er hinzu.
Nettgen zog den Sessel ein wenig zurück und machte es sich auf dem roten Kunstlederbezug bequem. „Danke.“
Mit neugierigen Blicken nahm Sandmann die Brille ab und sagte: „Ich wüsste nicht, wie ich Ihnen helfen könnte. Es sei denn, S ie möchten Ihren Täter über eine Anzeige in unserem Blatt suchen.“
„Herr Sandmann, ich ermittle in einem Mordfall. Ich habe in Erfahrung gebracht, dass vor etwa vier bis fünf Wochen in einer I hrer Zeitungsausgaben Symbole abgedruckt wurden. Vermutlich handelte es sich dabei um altägyptische Hieroglyphen. Ich kann mich irren, doch ich bin sehr zuversichtlich, dass mir diese Symbole bei der Aufklärung des Falles helfen werden“ , erklärte Nettgen dem interessierten Redakteur.
Verwirrt, jedoch neugierig erhob sich Sandmann von seinem Stuhl. Er schüttelte überlegend den Kopf und sagte dann: „Nein, Herr Kommissar, das ist mir nicht bekannt. Zumindest kann ich mich nicht daran erinnern. Warten S ie einen Moment.“
Er griff zum Telefon. Nettgen schwieg. Sein Gesicht vermittelte den Eindruck von Enttäuschung.
„Ja, hier Sandmann“, sagte der Redakteur durchs Telefon. „Frau Schwarz, schicken S ie mir bitte unverzüglich die Ausgabeseiten vom ersten bis fünfundzwanzigsten Mai. Bitte komplett und so schnell es geht, danke . “
Dann setzte er sich und lehnte sich zurück, während seine Hände gefaltet seinen Hinterkopf stützen.
„Das kann ein paar Minuten dauern“, meinte er. „Sie schickt mir die Dateien auf den Computer. Darf ich fragen was Sie sich davon erhoffen ? “
„Es geht um den Mordfall Mitte Mai auf dem alten Zechengelände in Heisingen , erinnern S ie sich, der Tote ohne Herz? Wenn ich mit meinen Vermutungen recht habe, bekommen S ie I hre Story. Das meinen S ie doch, Herr Sandmann ? “ , antwortete Nettgen und grinste selbstbewusst.
Sandmann nickte nur und gab sich damit zufrieden. Es vergingen Minuten des Schweigens. Auf einmal griff Sandmann nach seiner PC-Maus und unterbrach die Stille durch einen Doppelklick.
„Kommissar Nettgen, es ist soweit . “
Er drehte den Monitor so, dass auch Nettgen die Dateien auf dem Bildschirm zu sehen bekam. Sandmann öffnete den ersten Ordner, der weitere Ordner und Dateien enthielt , die jeweils mit dem Erscheinungsdatum benannt waren.
„Wo möchten S ie beginnen ? “ , fragte Sandmann.
Nettgen überlegte nicht lange und meinte: „Ich würde sagen, wir beginnen am zehnten Mai, eine Woche vor dem Mord . “
Sandmann öffnete die Datei, deren erste Seite die Titelseite der Zeitung zeigte. Es vergingen fast zwei Stunden, bis sich Nettgen zur Ausgabe des fünfzehnten Mai durchgeblättert hatte und er überlegte, eine Pause einzulegen, da ihm das Flimmern des Monitors allmählich Kopfschmerzen bereitete.
Nach jeder kontrollierten Seite ohne Hinweise und Erfolg wuchs die Verzweiflung. In ihm machte sich das unangenehme Gefühl breit, sich geirrt zu haben. Fast schon gelangweilt las er den Teil des Marktplatzes, der mit Stellenangeboten,
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