Das Wiegen der Seele (German Edition)
beeindruckt, um nicht zu sagen ... erschreckt. Auch das, was ich hier im Tagebuch Jacks lese, irritiert mich ein wenig, aber vielleicht kann ich I hnen wirklich bei I hren Recherchen behilflich sein. “
Nun machte Nettgen ein erstauntes Gesicht. „ Jack ... S ie meinen Herrn Crampton? Kannten S ie ihn näher? Wissen S ie etwas über seine Forschungen? “
„ Nun ja, Jack – Herr Crampton – und ich – wir haben einige Semester zusammen studiert. Wir hatten immer ein ganz gutes Verhältnis, aber bevor wir hier an derselben Universität gelandet sind, hatten wir uns jahrelang aus den Augen verloren. “ Nettgen war platt. Warum waren s ie bei den bisherigen Ermittlungen nicht auf Neuhausen gestoßen? Warum hatte sich der Professor nicht selbst gemeldet? Ihm konnte ja wohl kaum entgangen sein, dass sein Kollege tot war und die Polizei noch im Dunkeln tappte.
„Ich möchte I hnen nun etwas erzählen, etwas, das I hnen vielleicht hilft, das alles hier besser zu verstehen. Darf ich I hnen vorher einen Kaffee anbieten? “
„ Gerne “, konnte Nettgen nur antworten. Mehr ließ seine Anspannung nicht zu.
Jeder setzte sich mit einer Tasse an den Schreibtisch. Neuhausen begann zu erzählen: „ Kurz bevor Jack seine Expeditionsreihe in Ägypten startete, hatte ich nach langer Zeit wieder telefonischen Kontakt mit ihm. Das war noch, bevor ich hier an der Uni gelandet bin und muss jetzt so ungefähr zehn Jahre her sein. Er rief mich an und erzählte mir von seiner Vermutung eines bisher unentdeckten Tempels in Karnak. Ich war ziemlich erstaunt, von ihm zu hören, aber er wollte meine Meinung als Experte für Mythologie hören, um seine Theorie zu untermauern. “
„ Welche Theorie? “
„ Jack sagte, er stehe kurz vor seiner größten Entdeckung und dieser Fund wäre für den Mythos Altägypten von unvorstellbarem Wert. Seit Jahren war er auf der Suche nach dem Tempel, der, wie er sagte, eine Sensation darstellte. Er erzählte mir von einem Totenbuch des Anubis und vom Seelengericht , doch mehr wollte er mir nicht verraten. Ich hörte nur heraus, dass das Ziel seiner Suche durch Wegweiser in den alten Stätten gekennzeichnet sei. Natürlich gibt es in der ägyptischen Mythologie ein Totenbuch, in dem haarklein beschrieben wird, was mit den Verstorbenen zu geschehen hat, wie die Mumifizierung vonstatten geht und das Begräbnis. In der Kurzfassung wird dann beim Seelengericht darüber entschieden, ob der Verstorbene ins Totenreich aufgenommen wird, oder ob die Seele in Verdammnis geht, fast zu vergleichen mit der christlichen Vorstellung des Jüngsten Gerichts. Bis dato hatte ich jedoch noch nie von einem Totenbuch des Anubis gehört, daher dachte ich mir meinen Teil. Anscheinend war Jack auf etwas gestoßen, was bisher nie in Erwägung gezogen worden war. Er wollte meine Meinung dazu hören. Ich hielt es für einen Irrsinn. Er sagte noch, dass er nun den Sinn des Bauwerks begreife und eine einzigartige Entdeckung dahinterstecken würde, die wertvoller wäre als alles, was bisher an altägyptischen Relikten gefunden worden sei. Eine Antwort auf die Frage, was er denn für ein Bauwerk meine und was hinter diesem kostbaren Fund stecken würde, bekam ich nie, er wechselte sofort das Thema. Ehrlich gesagt habe ich mich damals gefragt, ob er vielleicht irgendwelche Wahnvorstellungen hatte, allerdings machte er insgesamt einen ganz normalen Eindruck auf mich. Auf jeden Fall ist er dieser Idee dann jahrelang auf den unterschiedlichsten Expeditionen hinterhergerannt. Irgendwie hat er auch immer Geldgeber gefunden, die ihm das alles finanziert haben. “
„ Und, ist er fündig geworden? “, wollte Nettgen ungeduldig wissen.
Neuhausen lächelte: „ Wenn dem so sein sollte, hat er dieses Geheimnis mit ins Grab genommen. Aber wenn er etwas gefunden hat, dann hat er dieses Geheimnis noch irgendwo versteckt, wie ich ihn kenne. Er war ein Profi, was Schweigen und Geheimhalten betraf, ein Meister im Verstecken von Botschaften, daran hatte er eine geradezu kindliche Freude. Er hätte der Erfinder der Schnitzeljagd sein können. “
„ Wissen Sie eigentlich, ob Crampton Feinde hatte? “, wollte Nettgen wissen.
„Herr Kommissar “, meinte der Professor, holte tief Luft und schaute mit einem eher bedrückten Gesichtsausdruck , „e in Archäologe hat solange keine Mitstreiter oder womöglich auch Feinde, wie er nicht fündig wird. Solange seine Ausgrabungen und Expeditionen erfolglos sind, und solange ihn keine
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