Das Wiegen der Seele (German Edition)
nicht den ägyptischen Behörden? Im heutigen Zeitalter der globalen Kommunikation dürfte das doch kein Problem sein. “
„Eigentlich nicht. Aber: Andere Länder, andere Sitten . S ie kennen das ja. Natürlich haben wir die Kollegen in Kairo eingeschaltet. Aber irgendwie habe ich nicht nur das Gefühl, dass die Hitze dort alles verlangsamt, sondern auch, dass man uns gar nicht wirklich helfen will. Die Kollegen vor Ort konnten noch nicht einmal den Auftraggeber der Expedition ermitteln. Den werde ich jetzt selbst suchen. Vielleicht bekomme ich dort auch weitere Anhaltspunkte.“
Professor Neuhausen schwieg und schloss für einen Moment nachdenklich die Augen. Nach ein paar Sekunden öffnete er sie wieder und sagte:
„Nun, Kommissar Nettgen, wenn S ie nichts dagegen haben, würde ich S ie gern begleiten. Vielleicht kann mein Wissen einen Teil zur Aufklärung beitragen. Außerdem hätten S ie so jemanden an I hrer Seite, der sich in Kairo und ganz besonders im Tal der Könige auskennt . “
Nettgen wusste zuerst nicht, wie er darauf reagieren sollte. Auch er schwieg nun für eine Weile und grübelte nach der richtigen Antwort. Mit Sicherheit konnte ihm der Professor hilfreich zur Seite stehen. Er war hin- und hergerissen, denn er wusste nicht, was ihn vor Ort erwartete. Dann jedoch, nach einigen Minuten, war er sich seiner Antwort sicher.
„Professor Neuhausen, ich weiß dieses Angebot zu schätzen ... und es wäre mir eine Ehre, wenn S ie mich begleiten. Willkommen an Bord. Ich werde S ie kontaktieren, wenn alle Vorbereitungen getroffen sind. Haben S ie vielen Dank . “
„Ich habe zu danken“, sagte der Professor. „Ich freue mich, wenn ich Ihnen behilflich sein kann. Außerdem war ich lange nicht mehr in Kairo . “
Dann verabschiedete sich Nettgen und machte sich auf den Heimweg.
Aus dem Auto kontaktierte er Löffler, unterrichtete ihn über das Tagebuch von Jack Crampton und das Gespräch mit Professor Neuhausen.
Er bat Löffler, sich direkt mit Burscheidt in Verbindung zu setzen, um ihre Reise zu beantragen. Außerdem sollte er direkt den nächstmöglichen Flug für drei Personen buchen.
Löffler teilte ihm mit, dass die Autopsie des mumifizierten Unbekannten neue Ergebnisse erbracht hatte. Untersuchungsmethoden wie die Computertomographie und dreidimensionale Aufnahmen hatten ergeben, dass der Schädel teilweise mit flüssigem Harz gefüllt worden war. Im Mundbereich fand man goldene Zungenplättchen. Umwickelt war die Leiche mit rund zweihundertfünfzig Metern Stoff.
Am späten Abend fand sich Nettgen noch einmal in seinem Büro ein. Auf seinem Schreibtisch bemerkte er einen Umschlag des Spuren- und Beweisaufnahmedienstes. Ohne zu zögern öffnete er ihn und zog die Zeichnung, ein Ergebnisprotokoll sowie einen Röntgendruck heraus. Erstaunt starrte er auf den Ausdruck. Mit Hilfe spezieller Apparate hochentwickelter Druck- und Röntgentechnologie war aus der Vorlage ein Bild erstellt worden, das von der Schärfe einem Schwarzweißfoto glich. Als Nettgen das Symbol genauer betrachtete, stellte er mit Entsetzen fest, dass es sich um exakt dasselbe Symbol handelte, das er als Tätowierung auf der Brust Ab Abdurams gesehen hatte.
Dem Ergebnisprotokoll entnahm er, dieses Symbol wäre mit einem Bleistift durchgepaust worden. Es stellte sich nur noch die Frage, wo sich das Original befand. Auf einen Verweis des Protokolls hin erkannte er beim näheren Betrachten, dass sich entlang des Symbols eine Umrandung zeigte. Das ließ darauf schließen, dass sich das abgepauste Original auf einem Gegenstand befand. Er bemerkte Verzierungen im Hintergrund, die wie zarte Risse wirkten. An den Rändern blickten Augen auf den Betrachter. Eine Inschrift verlief über den gesamten Rand. Selbst durch die hochentwickelte Aufnahme seiner Kollegen war es ihm nicht möglich, die Inschrift zu lesen, geschweige denn sie zu entschlüsseln.
Er rief Löffler an, der schon längst zu Hause war und fragte, ob die Dienstreise genehmigt sei. Löffler sagte, sie hätten grünes Licht. Er hatte sich bereits mit der Deutschen Botschaft in Kairo in Verbindung gesetzt.
Der Flug war für den einundzwanzigsten Juni gebucht, also schon übermorgen. Kollegen von der örtlichen Polizei in Kairo würden sie abholen und ins Hotel Winter Palace bringen, wo bereits drei Zimmer reserviert waren.
Nettgen war begeistert. Im Gegensatz zu ihm war Löffler geradezu prädestiniert, sich um organisatorische Angelegenheiten zu
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