Das Wiegen der Seele (German Edition)
„Wir sind ja nicht unsichtbar.“
„Das stimmt allerdings. Wissen S ie, mir ist da eine Idee gekommen, als ich an meine frühere Universitätszeit gedacht habe. Ich habe früher für die Studenten jährlich eine Exkursion nach Ägypten organisiert und bin für ein paar Tage von Gizeh bis ins Tal der Könige gereist. Ich fungierte dabei als Fremdenführer der Gruppe . “
„Ich verstehe. Also beabsichtigen S ie, sich als Fremdenführer auszugeben und Löffler und ich sind I hre Gruppe?“ , schlussfolgerte Nettgen.
„Fast Kommissar, fast. Wir drei schließen uns einer Gruppe an. Erstens sind wir so unbemerkt und können uns unter die Touristen mischen und zweitens haben wir alle Zeit der Welt, nach dem Grab Ausschau zu halten.“
„Das klingt genial“ , bemerkte Löffler wie aus der Pistole geschossen. „Und drittens lernen wir noch was auf der Dienstreise, denn wir wären vermutlich die ersten i n der Polizeidienststelle, die über die Ausgrabungen und Sehenswürdigkeiten im Tal der Könige berichten könnten. Aber, Professor, sind denn diese Führungen auch nachts?“
Man konnte merken, dass der Whiskey wirklich schnell wirkte.
„Nein, nein, Kommissar.“ Neuhausen schüttelte nur schmunzelnd den Kopf. „Die Führungen sind tagsüber. Aber so könnten wir unauffällig das Grab suchen, sozusagen Plan A.“
Löffler und Nettgen überlegten. Dann schnippte Löffler wild mit zwei Fingern wie ein Schuljunge, der unbedingt die Frage seiner Lehrerin beantworten will.
„Ich hab's. Wir verstecken uns in einem Tempel oder Grab und warten, bis die Nacht einkehrt. Ist doch super, oder?“
„Die Idee ist nicht übel, klingt gut. Es wird zwar nicht so einfach werden, uns von der Gruppe zu entfernen, doch ich bin davon überzeugt, dass wir auch dafür eine Lösung finden werden“. meinte Neuhausen.
Er nahm genüsslich ein paar Züge aus der Pfeife. Immer wieder nickte er überlegend vor sich hin, während der Rauch aus seiner Lunge zu kleinen Wolken empor stieg.
Auch Nettgen grübelte, war aber ebenfalls von den Grundzügen der Idee seines Kollegen angetan. Dann meinte er schließlich: „Okay, schließen wir uns morgen einer Führung an. Sind die eigentlich täglich, Professor?“
„Um diese Jahreszeit eigentlich schon, es sei denn, die Menschheit hat in den letzten zehn Jahren das Interesse an der ägyptischen Mythologie verloren.“
„Bleibt nur noch eine Frage“, bemerkte Nettgen. „Wie und wo sollen wir uns verstecken?“
„ Das Kommissar, werden wir an Ort und Stelle feststellen müssen. Wir halten nicht nur die Augen nach dem Grab auf, wir werden auch Ausschau nach Versteckmöglichkeiten halten und den richtigen Moment abpassen, um uns von der Gruppe zu trennen.“
Löffler, der wie ein Süchtiger einen Zug nach dem anderen an seinem Schlauch machte, fügte noch hinzu:
„Genau, genauso machen wir das. Hmm , und was ist mit dem Jeep? Ich meine, wir sollten schon an alles denken. Den können wir ja schlecht mit ins Versteck nehmen. Und wenn da so ein Jeep in der Gegend herum steht, könnte man doch leicht stutzig werden. Außerdem müssen wir ja irgendwie zurück kommen. Ich fühle mich überhaupt nicht gut bei dem Gedanken, nachts zu Fuß durch die Wüste zu latschen.“
Das war aber nicht das einzige, wovon Löffler übel wurde. Als absoluter Nichtraucher und Gelegenheitstrinker erfüllte das Wasserpfeifengemisch seinen Zweck. Während seine Augen glasig wurden, machte sich eine Art Zungenlähmung bemerkbar. Hier und da vergaß Löffler ein Wort, doch Nettgen und Neuhausen konnten ihm dennoch folgen.
Sie beobachteten dieses Schauspiel amüsiert, lehnten sich zurück und verständigten sich mit einem schelmischen Grinsen.
„Dietmar, geht's dir gut?“ , fragte schließlich Nettgen fürsorglich. „Du wirkst irgendwie nicht ganz bei Sinnen.“
In diesem Moment brach der Professor in Gelächter aus. Sein ganzer Bauch wackelte. Löffler hingegen fand das überhaupt nicht komisch. Er kam sich ziemlich verarscht vor, was Nettgen auch prompt in seinem Gesichtsausdruck ablesen konnte.
„Wollt ihr mich jetzt auf die Hand nehmen?“ , meckerte er.
„Du meinst, auf den Arm nehmen?“ , korrigierte ihn Nettgen.
„Aufhören, bitte aufhören“ , lachte Neuhausen. Ihm standen Tränen in den Augen. „Bitte, ich kann nicht mehr. Ist das herrlich!“ Der Professor schien vor Lachen zu explodieren.
Auch Löffler drohte in diesem Moment zu explodieren. Doch eher aus Wut. Er erhob sich vom
Weitere Kostenlose Bücher