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Das Winterhaus

Das Winterhaus

Titel: Das Winterhaus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Judith Lennox
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überhören.
    »Dreiundzwanzig Stunden in den Wehen …«
    Sie prüfte ihr Gesicht im Spiegel und wußte, daß es vollkommen war.
    »Ach, es hat Wochen gedauert, ehe ich wieder richtig gehen konnte …«
    »Schließlich mußten sie ihn mit der Zange holen. Der arme kleine Roger hatte einen ganz deformierten Kopf …«
    Maia kehrte in den Ballsaal zurück. Die Kapelle spielte; Männer umschwärmten sie, jeder wollte mit ihr tanzen. Sie tanzte mit einem nach dem anderen, ohne irgendeinem den Vorzug zu geben, sie ließ sich Champagner bringen und Feuer geben. Und plötzlich umfaßte eine Hand ihre Schulter, zog sie von ihrem Partner weg, und Charles sagte: »Jetzt hab ich dich!«
    Er tanzte mit ihr zur Mitte des Saals. »Und jetzt lass ich dich nicht wieder fort«, murmelte er. »Du gehörst jetzt mir, Maia, und kein anderer soll dich bekommen.« Er sah zu ihr hinunter, und sein Ton veränderte sich: »Maia? Ist alles in Ordnung?«
    Ihr war übel und flau. Sie sagte: »Ich bin müde, Charles, sonst nichts« und ließ sich von ihm auf einen der Balkone führen. Dort setzte sie sich und schob ihre Hände ineinander, damit sie nicht zitterten.
    »Du armer Schatz – es geht dir wirklich nicht gut!«
    »Ich sagte doch, es ist alles in Ordnung, Charles.«
    Auf der Heimfahrt wurde ihr ein wenig besser. Charles bestand darauf, sie ins Haus zu begleiten, und sie hatte einfach nicht die Kraft, es ihm abzuschlagen. Während er ihnen beiden zu trinken einschenkte, fragte sie sich, wieso sie sich von ihm überhaupt nicht angezogen fühlte. Andere Frauen fanden Charles Maddox unwiderstehlich – oft hatte sie das Begehren in ihren Augen bemerkt, wenn sie ihn ansahen. Er war jung, und er sah gut aus – so einen Mann mußte doch jede Frau attraktiv finden! Der Gedanke ging ihr durch den Kopf, daß Vernon dieses Verlangen nach einem Mann für immer in ihr abgetötet hatte. Die Vorstellung deprimierte sie. Die einzigen Männer, in deren Gesellschaft sie sich wohl fühlte, waren Liam und Hugh. Liam und sie hatten zu einem Einvernehmen gefunden; Hugh war Robins Bruder und somit ihr Freund. Etwas von Vernon, dachte sie, war geblieben; er versuchte noch immer, sie zu beherrschen.
    »Maia?«
    Sie wurde sich bewußt, daß Charles mit ihr sprach. Sie lächelte. »Entschuldige, Charles – ich habe geträumt. Was sagtest du eben?«
    »Daß du dich noch zu Tode arbeiten wirst. Es ist doch nicht in Ordnung, daß eine schöne junge Frau wie du wie eine Sklavin schuftet.«
    Sie versuchte es ihm zu erklären. »Aber es macht mir Spaß, und ich bin gut.«
    »Oh – ich bin sicher, daß du zurechtkommst. Und du hast ja gute Leute an deiner Seite. Liam Kavanagh versteht sein Handwerk.«
    Sie sagte zuckersüß: »Findest du nicht, daß das ein wenig gönnerhaft klingt, Charles?«
    Er starrte sie verblüfft an. »Tut mir leid – so war es nicht gemeint. Ich bin überzeugt, du hältst sie alle auf Trab.«
    Rastlos stand sie auf und ging zum Fenster, um die Vorhänge zuzuziehen. Sie hörte ihn sagen: »Ich will dir ja nur sagen, Maia, daß ich immer für dich dasein werde und daß du es nur zu sagen brauchst, wenn du Hilfe brauchst.«
    »Lieb von dir, Darling«, erwiderte sie zerstreut.
    »Du weißt doch, daß ich ganz verrückt nach dir bin, nicht wahr?« sagte er plötzlich. »Ich bete dich an, Maia.«
    Daß seine Erklärung bei ihr nicht mehr hervorrief als eine Mischung aus Furcht und Verdrießlichkeit, erschreckte sie. Irgend etwas stimmte bei ihr nicht. Das, was Vernon ihr angetan hatte, hatte unheilbare Wunden hinterlassen. Oder vielleicht bemühte sie sich einfach nicht genug. Nach Vernon hatte sie nie wieder einen Mann geküßt, hatte nie wieder einem Mann erlaubt, sie zu berühren.
    Sie drehte sich nach Charles Maddox um. »Wirklich, Charles?« Seine Augen brannten. Er eilte durch das Zimmer zu ihr und nahm sie in die Arme, küßte ihr dunkles Haar und die Wölbung ihres Halses. Dann berührten seine Lippen die ihren.
    Sie hatte das Gefühl, sich übergeben zu müssen. Sie stand völlig reglos, mit offenen Augen, aber ohne etwas zu sehen. Sie roch den männlichen Duft seiner Haut und seiner Haarcreme und sein Eau de Cologne. Auch Vernon hatte Eau de Cologne benutzt. Auch Vernon hatte Haarcreme benutzt. Charles' kleiner Schnauzer kratzte sie im Gesicht wie früher Vernons. Charles' Finger gruben sich in ihren Rücken wie früher Vernons. Sein Atem war Vernons, sein Körper, der sich an sie drängte, war Vernons … Als er sie losließ und

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