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Das Winterhaus

Das Winterhaus

Titel: Das Winterhaus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Judith Lennox
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dummer Kerl!« Adam sah erst ihn an, dann den jungen Burschen, der ganz blaß geworden war. In diesem Moment wußte er, daß dies unerträglich war. Er ging einfach, er stapfte mit seinen schweren Stiefeln durch den Morast aus dem Wald hinaus, und es war ihm völlig gleichgültig, wie viele Vögel er aufscheuchte.
    Entrüstete Stimmen folgten ihm. »Also wirklich – was denken Sie sich eigentlich? Halten Sie den Burschen auf, der verdirbt uns ja den ganzen Tag.« Aber er ging einfach weiter, genoß den Regen in seinem Gesicht und atmete tief die frische Luft.
    Als er nach Hause kam, fand er den Brief unter der Tür. Wasser strömte von seinen Kleidern auf den Backsteinboden, als er ihn aufhob und las.
    Es war eine Bitte – nein, ein Befehl  –, am folgenden Morgen ins Pfarrhaus zu kommen und einige Arbeiten für die Fergusons zu erledigen. »H. Ferguson« stand darunter. Das war alles. Adam legte den Brief auf die Kommode, nahm den Kessel, füllte ihn unter der Pumpe im Garten und stellte ihn auf den Herd, um seinen Tee zu machen.
    Er sah sein kleines Haus mit klarem Blick: den Backsteinboden, die niedrigen Wände mit der verblichenen Tapete, das Plumpsklosett hinter dem Haus. Für ihn würde es immer schön sein, aber niemals würde es genug sein für Helen, die Besseres gewöhnt war. Er erkannte jetzt, daß es töricht von ihm gewesen war zu glauben, die Schranke zwischen ihm und Helen Ferguson ließe sich überwinden. Er hatte sich etwas vorgemacht. Er nahm ihr den Brief nicht übel, er konnte keine Abneigung gegen sie aufbringen, aber er wußte, daß die Liebe, die er ihr geboten hätte – ihr schon vor Jahren geboten hätte –, für sie unannehmbar war. Dafür sorgten die strengen sozialen Grenzen innerhalb des Dorfs.
    Helen war im Garten und schnitt die Rosen, als ein kleiner Junge den Brief überbrachte. Mit einem Penny aus ihrer Tasche schickte sie ihn fort, dann entfaltete sie das Blatt Papier. »Bedaure, kann die Arbeit nicht übernehmen, A. Hayhoe«, stand darauf.
    Einen Moment lang starrte sie es an, dann warf sie die Gartenschere und den Korb zu Boden und rannte durchs Tor hinaus zum Dorf. Als sie Adams Häuschen erreichte, sah sie, daß die Tür offenstand. Sie rief laut seinen Namen und ging hinein.
    Im Haus war es kalt, weil der Herd nicht angezündet war. Adam, in seinem alten Militärmantel und dicken Stiefeln, stand in einer Ecke des Zimmers und versuchte einen allzu prall gefüllten Rucksack zu verschnüren. Mit einem Blick zu ihr sagte er: »Zu viele Bücher. Ich kann mich nicht entscheiden, welche ich hierlassen soll, wissen Sie.«
    Sie sagte entgeistert: »Gehen Sie fort, Adam?«
    Es war ihm gelungen, die Schnalle zuzuziehen. »Es gibt hier keine Arbeit, Miss Helen. Das heißt – keine ordentliche Arbeit.«
    Seine Worte trafen sie. Sie sah sich in dem kleinen Haus um, das sie immer so gemütlich gefunden hatte. Ohne seine persönlichen Dinge wirkte es leer. Zum erstenmal bemerkte sie die feuchten Flecken an den Wänden, die Tapete, die rund um die Fenster klaffte.
    Sie nahm ihren ganzen Mut zusammen. »Gehen Sie wegen meines Briefs fort?«
    Adam schüttelte den Kopf, aber er sah sie nicht an. »Jem Dockerill macht Ihnen das Dach. Ich hab mit ihm gesprochen. Er ist nicht mehr der jüngste, aber er ist immer noch ein tüchtiger Arbeiter.«
    Sie hätte beinahe gesagt, mein Vater hat mich gezwungen, so zu schreiben, aber sie wußte, das würde sowohl jämmerlich als auch unloyal klingen. Statt dessen sagte sie: »Aber Sie kommen doch zurück, Adam?«
    Zum erstenmal lächelte er. »Thorpe Fen ist mein Zuhause. Natürlich komme ich zurück, Miss Helen.«
    »Helen!« korrigierte sie ihn zornig. Ihre Augen brannten. »Einfach Helen.«
    Adam, der gerade dabei war, den letzten Riemen des Rucksacks festzuziehen, hielt inne. Er drehte sich um und kam durch das Zimmer auf sie zu. In seinen dunkelbraunen Augen war ein ruhiges Selbstvertrauen. Einen Moment lang glaubte sie, er würde sie berühren, vielleicht ihre Hand nehmen. Aber er tat es nicht. Er sagte: »Ich werde etwas schaffen, Helen. Und dann komme ich zurück.«
    Hugh und Maia lernten, Spaß zu haben. Nichts Ernsthaftes, nichts, worüber man sich Gedanken machen muß, sagte Hugh, als Maia ein Konzert oder ein Shakespeare-Stück vorschlug. Statt dessen gingen sie auf den Rummel auf dem Midsummer Common , aßen Zuckerwatte und glasierte Äpfel und schaukelten mit der Schiffschaukel. An der Schießbude gewann Hugh einen Teddybären mit

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