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Das Winterhaus

Das Winterhaus

Titel: Das Winterhaus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Judith Lennox
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zu entlassen.«
    Sie runzelte die Stirn. »Wieso?«
    »Oh, Maia! Dir muß doch klar sein, daß ich es unmöglich zulassen kann, daß einer meiner Abteilungsleiter über meine Frau klatscht. Seinen Arbeitskollegen erzählt, daß meine Frau ihn verführen wollte.«
    »Das tut mir leid, Vernon – das wußte ich nicht. Aber ich wollte ihn gar nicht verführen.« Sie sah ihn mit ihrem gewinnendsten Lächeln an und streichelte seinen Arm. »Ich hab doch nur geflirtet, Darling. Ich hab mich ein bißchen gelangweilt.«
    »Flirt, Verführung – das sind nur unterschiedliche Bezeichnungen für dieselbe Sache.«
    Sie versuchte es ihm zu erklären. »Ein Flirt ist doch nur – ein Spiel, Vernon. Es ist nichts als Spaß.«
    Und doch entsprach das nicht ganz der Wahrheit. Wenn sie mit Männern wie Léonard und Lionel flirtete, fühlte sie sich mächtig. Nichts sonst, erkannte sie plötzlich, verlieh ihr dieses Gefühl von Macht.
    »Ich würde dich niemals betrügen, Vernon.«
    »Ich würde dich umbringen, wenn du es tätest, Maia.«
    Sie zweifelte nicht an seinen Worten. Seine Stimme war ruhig, aber sein Blick hatte eine Kälte, die Maia weit bedrohlicher fand als heißen Zorn. Zum erstenmal bekam sie Angst. In seinen Augen war ein Ausdruck, beinahe wie Lust. Als freute er sich auf das, was gleich geschehen würde.
    Er sagte plötzlich: »Du hast das wirklich drauf, Maia. Das Flirten – das Verführen – wie immer du es nennen willst. Du machst das wie eine Professionelle.«
    »Was soll das heißen?«
    »Wie eine Hure.« Er setzte sich in einen der Korbsessel, streckte die Beine vor sich aus und löste seinen Schlips. »In Frankreich gab es Huren, damals im Krieg. Eine von ihnen hat mich zum Mann gemacht. Als ich nach vier Jahren nach Hause kam, glaubte ich, die sogenannten anständigen englischen Mädchen, die meine Mutter für mich aussuchte, wären anders. Aber das waren sie nicht.«
    Maia hatte noch ihr schwarzes, ärmelloses Cocktailkleid an. Sie wagte nicht, sich auszukleiden. Er sah ihr immer gern zu dabei, aber an diesem Abend wäre sie am liebsten ins Badezimmer gelaufen und hätte die Tür hinter sich abgeriegelt, um sich in der Pracht der marmornen Fliesen und der goldenen Armaturen sicher zu fühlen.
    »Manche der Huren waren sogar jünger als du, Maia. Verdammt hübsche Mädchen, bis ihre Schönheit den Pocken zum Opfer fiel.« Sie sagte kühl und abwehrend: »Ich möchte von solchen Frauen nichts hören, Vernon.«
    »Aber ja! Du bist doch auch nicht anders. Du wärst eine erstklassige Hure.«
    Sie rief wütend: »Aber natürlich bin ich anders –«
    »Nein. Du bist genau wie alle anderen. Du würdest dich für ein paar Schmuckstücke und einen Schrank voller Kleider verkaufen. Sag schon, Maia – hast du mich aus Liebe geheiratet?«
    Sie sah den Zynismus in seinem Blick, und ihr wurde eiskalt vor Furcht. Er kannte sie, er sah bis in ihr Innerstes.
    Er lächelte und sagte verächtlich: »Es gibt keinerlei Unterschied zwischen den Huren von Pigalle und den kleinen Mädchen an den Verkaufstischen bei Merchant – oder den eiskalten Weibern, die dort einkaufen. Sie sind alle gleich. Es ist nur eine Frage des Zufalls – des Glücks. Jede einzelne von ihnen würde sich verkaufen – ob nun für eine Zehn-Shilling-Note oder für ein Häuschen in der Vorstadt. Alle Frauen sind Huren.«
    »Vernon!« Maia versuchte zu lachen. »Das glaubst du doch nicht im Ernst.«
    »Aber ja. Es gibt keine Ausnahmen. Meine Mutter – deine Mutter. Knochenharte Weiber alle beide.«
    Sie starrte ihn verständnislos an. Sie wagte nicht, zur Badezimmertür zu blicken.
    »Aber du bist jetzt meine Frau, Maia, und wenn du dich meinen Angestellten gegenüber wie eine Hure benimmst, mußt du dafür bestraft werden.«
    Sein Ton hatte sich verändert. Als Kind hatte sie vor ihren Eltern Angst bekommen, wenn diese geschrien hatten. Vernon wurde nicht laut, aber dennoch hatte Maia jetzt vor ihm Angst. Sie rannte zum Badezimmer, aber als sie den Knauf drehen wollte, packte er sie und riß ihre Hand weg.
    »Luder«, sagte er: »Hure.« Sein Atem traf heiß ihren Hals, als er ihre Arme nach hinten riß und sie schüttelte. »Die Huren in Frankreich brauchten keine Werbung zu machen, um ins Geschäft zu kommen, Maia. Wir braven kleinen Soldaten stellten uns einfach in einer Reihe auf, und der Sergeant rief unsere Nummern auf. Zehn Minuten für jeden. Als ich dann Offizier war, änderte sich das natürlich. Da hatten wir hochklassige Huren. So eine bist

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