Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Das Wispern der Angst: Thriller (German Edition)

Das Wispern der Angst: Thriller (German Edition)

Titel: Das Wispern der Angst: Thriller (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tanja Frei
Vom Netzwerk:
Welt blieb ihm verborgen, denke ich, wie so vielen anderen. Wisst Ihr, was mich beschäftigt, Mylord? Woher wusstet Ihr davon? Warum habt Ihr daran geglaubt? Und die dritte Frage: Was werdet Ihr mit dem Wissen anfangen, das ich Euch gebracht habe?«
    Lord Covington trat durch eine der großen Glastüren hin aus auf die Terrasse. Er verschränkte die Hände auf dem Rücken und sah hinauf. Myriaden Sterne glitzerten über ihm, vereinzelt raste ein Sternenfunke quer über den Nachthimmel und verglühte lautlos auf der Hälfte des Weges.
    »Sehen Sie? Es ist die Zeit der Sternschnuppen«, sagte er leise.
    Mary war mit dem Buch in der Hand neben ihn getreten. »Es ist ein anderer Himmel als in Afrika«, meinte sie ebenso leise. »Man sollte meinen, unsere eigene Welt bietet Überraschungen genug.«
    »Ich habe immer daran geglaubt, dass es mehr gibt, als wir meinen zu kennen. Oder anders: Ich habe es gehofft.« Er drehte sich abrupt um, verschwand im Inneren des Hauses. Mary hörte leises Gläserklingen, dann erschien Lord Covington wieder. Er hatte zwei Gläser in der Hand. »Der beste Whisky, den es derzeit gibt«, verkündete er. »Bruichladdich. Schmecken Sie den Torf? Wunderbares Aroma, nicht?«
    Mary nahm das Glas entgegen und schnupperte an der bernsteinfarbenen Flüssigkeit, trank einen Schluck. »Mhm«, machte sie dann. »Köstlich. Aber wieso …?«
    »Ich habe Ihnen die Geschichte versprochen, Mary. Sie beginnt mit diesem Whisky.«
    »Ich bin ganz Ohr, Mylord.« Mary lehnte sich mit dem Rücken gegen eine der Säulen, die die Terrasse säumten, nippte an dem Whisky und wartete.
    »Vor etwa zehn Jahren unternahm ich eine Reise auf die Hebriden«, begann Covington. »Das Museum interessierte sich für die Standing Stones aus der Steinzeit, und da diese Inseln, gemessen an dem, was wir sonst so erforschen, quasi vor unserer Haustüre liegen, beschloss ich, diesmal selbst mit einer kleinen Gruppe Archäologen zu fahren. Wir fanden zudem tat sächlich einige Hinweise auf frühsteinzeitliche Besiedlung, aber das war für mich schlussendlich nebensächlich. Der damalige Eigner einer Brennerei suchte neue Absatzmärkte, und da kam ich ihm gerade recht. Eines Abends lud er uns zum Essen ein und ließ uns seinen Whisky probieren.« Covington lächelte bei der Erinnerung. »Wir alle konnten am Ende dieses Abends nicht mehr stehen. Aber Harvey hatte daraufhin einen Kunden mehr, nämlich mich. Und damit halb Cambridge, wie Sie sich vorstellen können. Ein paar Tage später, wir waren in kürzester Zeit Freunde geworden, erzählte mir Harvey eine fantastische Geschichte. Ich tat sie als Märchen ab, doch er ließ nicht locker. Immer wieder im Laufe der nächsten Wochen – und ich gebe zu, ich verbrachte zahlreiche Abende bei ihm, das Essen war immer vorzüglich – kam er auf die sogenannten Schatten zu sprechen. Und auf die Hüterin. Nun sind die Schotten per se meisterhafte Geschichtenerzähler, vor allem, wenn die Abende lang sind und Stürme über die Inseln fegen. Dennoch – etwas ließ mich nicht mehr los. Es erinnerte mich daran, warum ich seinerzeit überhaupt Forscher werden wollte: um neue Welten zu entdecken, meinen Geist offenzuhalten und mich nicht von dem beeinflussen zu lassen, was angeblich entdeckt und entschlüsselt war. Harvey präsentierte mir ein Geheimnis, einen Mythos, dem ich nicht widerstehen konnte.«
    Mit einem Zug leerte Covington sein Glas.
    »Was ist mit dem Brief?«, fragte Mary nach einer Pause. »Das Papier, das Ihr mir gezeigt habt. War das von diesem Harvey?«
    Der alte Mann nickte. »Einige Jahre später erhielt ich Nachricht, dass Harvey gestorben war – und dass sein Sohn die Brennerei übernommen hatte. Der Sohn schrieb mir, sein Vater hätte darum gebeten, mir im Falle seines Todes diesen versiegelten Brief zu schicken. Das würde er hiermit tun, und er würde sich freuen, wenn ich der Brennerei weiterhin mit größeren Bestellungen gewogen bliebe. Das Siegel des Briefes war unversehrt. Darin lag dieses Papier. Es ist das letzte Mysterium, das ich in meinem Leben noch lüften möchte.«
    Covington füllte die zwei Gläser erneut, und sie standen nebeneinander, jeder in seine Gedanken versunken.
    »Sie haben gesagt, dass wir die Aufgabe des Zirkels hier über nehmen sollen«, fuhr er einige Zeit später fort. »Wann wird es eine neue Hüterin geben? Wer wird es sein?«
    Mary wanderte langsam auf der Terrasse hin und her. Sie war sicher, dass der alte Fuchs ihr nicht alles

Weitere Kostenlose Bücher