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Das Wispern der Angst: Thriller (German Edition)

Das Wispern der Angst: Thriller (German Edition)

Titel: Das Wispern der Angst: Thriller (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tanja Frei
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sie wartete, schon seit Jahrhunderten. Der die Schattenwelt kannte, von Anfang an, der mehr wusste als sie alle zusammen.
    Von Keysern hatte seinen Auftrag nicht erfüllt. Doch dass er mit diesen armseligen Seelen Jahrhunderte in den Nebeln hatte ausharren müssen, ließ den Zorn in ihm immer wieder auflodern. Wenn er in absehbarer Zeit die Karten neu mischen würde, dann wäre die Macht auf seiner Seite, und er würde entscheiden, was geschah. Wem er Zugang gewähren würde …
    Sein Blick wanderte durch den sparsam möblierten Raum und blieb an einem Foto von Jenna und Kim hängen, das auf dem Tisch lag. Er nahm es, hielt es mit zwei Fingern über die große Wachskerze, die daneben flackerte, und sah mit glänzenden Augen zu, wie das Feuer erst das Gesicht der Hüterin und dann das ihrer Tochter verzehrte. Verkohlte Reste lösten sich, aber sie fielen nicht auf die Tischplatte. Sie stiegen empor zur Decke, wie durch eine geheimnisvolle Thermik. Von Keysern musste lächeln. Das gab den Ausschlag: Er würde der Frau nicht folgen. Nein, in ein paar Tagen würde sie freiwillig zu ihm kommen. Denn er würde ihr ein Angebot machen, das sie nicht ausschlagen konnte. Wenn er eines in der kurzen Zeit seines zweiten Lebens gelernt hatte, dann dies: dass Jenna Winters fast alles dafür geben würde, ihre Familie und ihre Freunde vor Schaden zu bewahren.
    Nun, das ließ sich vielleicht einrichten. Allerdings nur, wenn er seinen Teil der Abmachung einhielt.
    Wenn ihn das Jagdfieber nicht wieder übermannte …
    »Linus, sie ist es. Ich habe es gesehen! Das war … echte Magie!«
    »Sei still, Gwen. Halte dich da raus!«
    »Aber Linus – erinnere dich. Granny hat uns damals erzählt, was passieren wird.«
    »Ich habe nie daran geglaubt. Und jetzt lass mich in Ruhe. Ich habe hier noch einiges zu tun.«
    »Ich weiß, was ich gesehen habe. Weißt du was? Ich werde sie fragen.«
    »Gwen! Um Himmels willen, sei vorsichtig.«
    »Warum bist du so misstrauisch?«
    »Okay. Okay. Also gut. Aber bitte lege ihr als Erstes den Stein hin. Wenn sie die ist, für die du sie hältst, dann wird sie wissen, was sie damit tun muss. Erst dann redest du mit ihr.«
    »In Ordnung. Und du wirst sehen, dass ich recht habe.«
    Die geflüsterte Unterhaltung brach ab, und die Kellnerin steckte ihr Handy in die Schürzentasche. Ihre Hand streifte den Stein. Er war kühl, und ihre Finger ertasteten die kleinen Unebenheiten, die den Stein zu einem Unikat, aber nicht zu einer Kostbarkeit machten. Sie band ihre Schürze ab, rief dem Küchenchef den üblichen Abschiedsgruß zu, zog ihre Jacke über und holte tief Luft, bevor sie zu Jenna trat, die nach dem Essen gerade wieder aufs Zimmer gehen wollte.
    Jenna, die nur ein paar Bissen ihres Abendessens herunter gebracht hatte, lächelte gezwungen, als sie die Kellnerin auf sich zukommen sah. »Ja?«, fragte sie dennoch freundlich.
    »Ich habe etwas für Sie, Madam. Wenn Sie wissen, was das ist, kommen Sie morgen zur Bruichladdich-Brennerei. Allein.« Mehr sagte sie nicht.
    Angesichts des Lärmpegels im Lokal musste sich Jenna anstrengen, um die geflüsterten Worte zu verstehen. Sie spürte, wie ihr etwas in die Hand gedrückt wurde, und im nächsten Moment war die Frau aus der Tür und in der Dunkelheit verschwunden.
    Jenna starrte ihr verwirrt hinterher. Sie ließ sich zurück auf den Stuhl sinken und öffnete vorsichtig die Finger. Ein Stein, nicht größer als eine Walnuss und weiß-bläulich schimmernd, lag auf ihrer Handfläche. Er war geschliffen, aber nur grob und unvollkommen.
    »Das ist ein Mondstein«, sagte Lagardère leise. »Er repräsentiert das Wasser.« Dann schlug er sich mit der Hand an die Stirn. »Natürlich! Wie konnte ich nur so blind sein? Die Dreiecke auf dem Stein – das sind die Zeichen für die vier Elemente!«
    »Elemente? Reden wir von Chemie?«, fragte Kim verwirrt.
    »Alchemie, um genau zu sein«, erklärte Lagardère und erntete diesmal ein »Hä?« von Kim.
    »Respekt, my friend«, sagte George bewundernd. »Und weiter?«
    »Nicht hier.« Jenna stand auf, zog Kim hoch und wies nach oben. »Wir reden im Zimmer weiter. Wenn uns die Kellnerin erkannt hat, dann sind hier vielleicht noch mehr Leute, die wissen, wonach wir suchen.«
    Im Hotelzimmer angekommen, nahm Lagardère das Blatt, auf das Jenna die Dreiecke gezeichnet hatte, hielt es hoch und verkündete: »Es gibt die Lehre der vier Elemente. Zumindest gab es sie zu meiner Zeit. Diese Dreiecke symbolisieren die Elemente,

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