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Das Wispern der Angst: Thriller (German Edition)

Das Wispern der Angst: Thriller (German Edition)

Titel: Das Wispern der Angst: Thriller (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tanja Frei
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sah, winkte er ab. »Sagen wir, ich war in einer speziellen diplomatischen Abteilung. Das muss für den Moment genügen. Dass der Typ abhauen konnte, ist wirklich Pech. Schade, ich hätte ihm gern ein paar Fragen gestellt.« Das klang in Jennas Ohren fast wie eine Drohung, und sie war sich mit einem Mal nicht mehr so sicher, ob London eine gute Idee gewesen war.
    »Wenn ich gewusst hätte, was du mir erzählen würdest, eure Erlebnisse und Erscheinungen«, fuhr Nicholas fort, »dann hätte ich vielleicht einen anderen Platz für unsere Unterhaltung gewählt. Der Unbekannte hat wahrscheinlich alles mitgehört – von der Friedhofsverwaltung war der jedenfalls nicht.«
    Jenna versuchte die Panik, die in ihr aufstieg, und die Verwirrung über Nicholas’ Verwandlung vom fürsorglichen Ehemann zum Geheimagenten zu unterdrücken. »Der spricht bestimmt kein Deutsch«, gab sie nervös zurück. »Was machen wir denn jetzt?«
    Nicholas klappte die Trommel seines Revolvers aus und warf einen Blick auf die vollen Kammern. Dann richtete er den Lauf auf den Boden und beobachtete konzentriert die Umgebung, die dunklen Tore der Grüfte und die Büsche hinter den Grabsteinen. Jenna bemerkte die Routine seiner Handgriffe, das jahrelang erprobte und immer wieder durchexerzierte Verhalten.
    »Verschwinden wir von hier!«, stieß er dann hervor und nahm Jennas Hand. »Wer weiß, wie viele von denen noch hier sind!«
    »Warte noch«, Jenna sah sich suchend um. Der Lauscher war verschwunden, aber es war immer noch jemand außer ihnen hier. Der Mann im Umhang? Jenna sah wieder das Gesicht mit der blutroten Narbe vor sich, und die Angst schüttelte sie erneut. Sie fühlte sich so klein, so verdammt hilflos, und Nicholas machte es in diesem Moment nicht wirklich besser. Die Angst hatte sich in ihr eingenistet und ließ sie nicht mehr los, egal, was sie tat.
    o
    Würde sie ihn wahrnehmen? Ihn sehen? Er kämpfte sich weiter, stieß gegen die unsichtbare Wand, bündelte all seinen restlichen Willen, versuchte noch einen einzigen Schritt.
    Und diesmal reichte es.
    o
    Jenna nahm aus dem Augenwinkel einen Mann wahr, der aus dem Schatten einer Linde hervortrat. Er war selbst kaum mehr als ein schemenhafter Umriss, doch Jenna konnte fühlen, dass ein winziger Funke in ihm glomm.
    Der Schatten hob die Hand wie zum Gruß. Noch kämpfte er gegen das Nichts, dagegen, sich der Leere zu überlassen. Noch wusste er, wer er war.
    Oh, bitte, bitte nein, dachte Jenna, nicht noch einer! Augenblicklich waren die Panik wieder da, der Terror und die grenzenlose Angst. Gegen ihren Willen wandte sie sich ihm zu, sah ihm in die Augen – und verspürte zu ihrer eigenen Überra schung, wie die Angst von ihr abfiel und der Terror verschwand. Da waren nur mehr Verwunderung und Neugier.
    Und eine wortlose Frage.
    Jenna nickte, eine ebenso wortlose Antwort.
    Antoine Lagardère war noch nicht ganz verloren.
    Nicholas wollte etwas sagen, Jenna weiterziehen, doch sie stand einfach da und zeigte mit dem Finger auf den einzelnen Schatten: »Schau! Da! Siehst du ihn jetzt?«
    Nicholas wirbelte herum, die Waffe sofort wieder im Anschlag, doch so sehr er sich auch anstrengte, er sah niemanden.
    »Da ist nichts, Jenna«, sagte er, griff nach ihrer Hand und zog sie ungeduldig hinter sich her zum Auto. Immer wieder blickte er lauernd über seine Schulter in den Friedhof zurück.
    Kaum war Jenna auf den Beifahrersitz gefallen und hatte ihr Handy hervorgezogen, um sich zu vergewissern, dass mit Kim alles in Ordnung war, gab Nicholas auch schon Gas. Er raste die wenigen Kilometer zurück nach Kensington, ohne an eine Geschwindigkeitsbeschränkung zu denken, hielt vorschriftswidrig direkt vor dem Hotel und drückte einem verdutzten Angestellten in der Lobby fünf Pfund und seinen Autoschlüssel in die Hand.
    »Parken Sie den Mini bitte irgendwo sicher, ich hole ihn nachher wieder ab.« Dann schob er Jenna zum Aufzug. »Und jetzt zu Kim!«
    Seinen Revolver hatte er wieder im Bund seiner Jeans verstaut. Das Gefühl des Metalls auf nackter Haut rief Erinnerungen in ihm wach. Dunkle Erinnerungen.
    Überrascht stellte er fest, dass es ganz leicht war, fünfzehn Jahre zu überspringen und wieder dort zu beginnen, wo das Schicksal ihm damals einen Strich durch eine sorgfältig aufgestellte Rechnung gemacht hatte.
    Jenna hämmerte ungeduldig an die Zimmertür. »Kim, mach auf. Wir sind’s.«
    Kim öffnete sofort. »Nachdem du angerufen hast, habe ich praktisch neben der Tür gewartet«,

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