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Das Wispern der Schatten - Roman

Das Wispern der Schatten - Roman

Titel: Das Wispern der Schatten - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Adam J Dalton
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auch ihm dieser Gedanke gekommen.
    » Aaash!«, wimmerte Jillan.
    » Keine Angst, Irkarl. Der Wolf findet zu dieser Jahreszeit noch genug zu fressen. Aber in einem Monat, wenn der Boden schneebedeckt ist und ein Großteil seiner Beutetiere Winterschlaf hält, würdest du vielleicht mit weniger Fingern von hier aufbrechen, als du noch bei deiner Ankunft hattest.«
    » Ahh!«
    » Das war ein Scherz, Irkarl! Fall doch nicht darauf herein!«
    Der Wolf ließ abermals die Zunge hängen und hechelte ein paarmal, als ob er über den Witz lachte.
    » Ist er freundlich?«
    » Findest du es nicht freundlich genug, dass er dich nicht gefressen hat, Irkarl? Aber ja, er ist der Grund dafür, dass ich mich nicht davor fürchte, allein hier draußen zu leben. Niemand kann nahe herankommen, ohne dass der Wolf es erfährt und mich warnt. Doch trotz allem ist es dir gelungen, herzukommen und mich mit einem Bogen zu bedrohen. Das beweist, dass ich nicht zu selbstzufrieden werden darf. Vielleicht hat der Wolf dich durchgelassen, um mir eine Lektion zu erteilen. Wer weiß?«
    » Wie heißt er?«
    » Das weiß ich nicht. Er hat es mir nicht erzählt.«
    » Wie könnte er auch? Wölfe können nicht sprechen.«
    » Nur weil du ihn noch nicht hast sprechen hören, heißt das nicht, dass er nicht sprechen kann. Vielleicht will er einfach nicht.«
    » Und warum gibst du ihm dann keinen Namen?«
    Ash schüttelte den Kopf. » Es steht mir nicht an, ihm einen Namen zu geben, Irkarl. Außerdem hat er bestimmt schon einen. Er hat sich bis jetzt nur noch nicht entschlossen, ihn mir zu verraten. Und warum sollte er auch? Es ist nicht unbedingt notwendig, und Namen wohnt Macht inne. Wer bin ich, dass ich über diesen Wolf Macht haben sollte, hm?«
    » Hallo, Wolf!«, sagte Jillan höflich. » Mein Name ist Irkarl. Freut mich, dich kennenzulernen.«
    Der Wolf knurrte ihn an und bleckte die Zähne.
    Er kann doch nicht wissen, dass ich lüge, was meinen Namen angeht, oder?
    » Sachte, Wolf! Irkarl ist unser Gast. Was für Gastgeber wären wir wohl, wenn wir ihn zu Tode erschrecken würden?«
    Der Wolf fügte sich, wandte den drohenden Blick aber nicht von Jillan ab.
    » Nun«, sagte Ash mit einem Lächeln, » es wird wohl Zeit, Essen zu kochen. Der Wolf findet zwar eigentlich allein genug zu fressen, aber gegen ein zusätzliches Stück Eichhörnchen hat er auch nichts. Magst du Eichhörnchen, Jillan?«
    » Ich weiß nicht– ich habe noch nie eines gegessen«, gestand Jillan. » Aber ich komme mit«, fügte er hinzu, da er nicht mit dem Wolf allein gelassen werden wollte.
    Jillan lehnte sich zurück und fühlte sich zum ersten Mal seit Tagen behaglich. Sie hatten beide jeweils ein gebratenes Eichhörnchen gegessen, und Jillan hatte seines mit dem Wolf geteilt, um Vergebung für seine Lüge von vorhin zu erkaufen. Jetzt saßen sie am Kohlenbecken und tranken irgendein trübes, vergorenes Gebräu, mit dem Ash abwechselnd stolz großzügig war und eifersüchtig geizte. Jillan hatte das milchige Getränk erst nicht gemocht, aber nach etwa einem halben Becher änderte sich sein Urteil, und er nahm dankbar an, wann immer Ash anbot, ihm nachzuschenken. Mit dem Wolf, der neben ihm schnaufte, Essen im Bauch und einem Freund, mit dem er seine Gedanken besprechen konnte, kam es ihm vor, als wäre die Welt in Ordnung. Er fühlte sich entspannt und sicher.
    » Weissu, Asssh, so schlecht is’ der Wald hier gar nich!«
    » Tüllich nich. Wie auch, wo ich doch hier lebe?«
    Der Wolf ächzte und streckte sich lang auf dem Boden aus.
    » Stimmt ja, stimmt. Aber ich habe… nachgedacht.«
    » Sag schon.«
    » Na, weissu, wie du gesagt hast, dassu hier frei bist? Na, das bissu gar nicht, oder?«
    » Was meinssu denn?«, protestierte Ash.
    » Du darfst keine Frau oder Kinder haben, nicht wahr? Und du darfst auch nich mehr Gesellschaft haben. Ja, du hast den Wolf, ich weiß, aber du lebst doch so ziemlich in einer Bestrafungskammer ohne Mauern, oder?«
    » Na, und du in einer Bestrafungskammer mit Mauern, nicht wahr?«, entgegnete Ash. » Sag schon, was ist besser, Irkarl?«
    » Hm. Sie sind vermutlich beide gleich schlimm. Du hast recht. Kann ich noch etwas haben?«
    » Tüllich hab ich recht! Aber pass auf, das klingt sehr nach Ketzerei, und du bist doch ein braver kleiner Pilger, nicht wahr, Irkarl? Du trabst zum Heiligen wie ein braver kleiner Junge, um dich zu den Erlösern ziehen zu lassen, ganz, wie dein Prediger, deine Mutter und dein Vater es dir gesagt haben.«
    »

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