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Das Wolkenvolk 01 - Seide und Schwert

Titel: Das Wolkenvolk 01 - Seide und Schwert Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kai Meyer
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und zerfallen. Der vordere Teil aber schiebt sich unaufhaltsam immer weiter. «
    » Aber etwas, das so groß ist … «, begann Niccolo. » Ich meine, irgendwer müsste das doch gesehen haben. «
    » Sic her gib es Menschen, die den Lav astrom gesehn haben. Aber ich hab dich schon einmal gefragt: Hast du überhaupt eine Ahnung, wie unfassbar groß das Reich der Mitte ist? Manche Nachrichten brauchen eine ganze Generation, um von einem Ende zum anderen zu gelangen, und viele kommen überhaupt nie an. Was im Westen als Ammenmärchen beginnt, erreicht den Osten als unumstößliche Tatsache. Viele erzählen sich von den Kaisern aus alter Zeit, aber keiner weiß, ob irgendwer sie vielleicht einfach nur erfunden hat. Jede Botschaft wandert durch zehntausend Münder und durch zwanzigtausend Ohren. Wir drei könnten hier und jetzt eine Geschichte erfinden – über Menschen, die auf Wolken leben, zum Beispiel –, aber bis sie am Hof in Peking landet, ist schon eine ganze Armee aus Wolkeninseln daraus geworden. «
    Sonnenschein flirrte durch das Laub und färbte die Umgebung ocker.
    » Der Lavastrom wälzt sich also durch die Weiten China s «, sagte Feiqing. » Nur sein vorderer Teil ist flüssig, der Rest erstarrt zu Stein, bricht irgendwann auseinander, bildet Felsen, dann Berge, und schließlich wachsen Bäume darauf, sogar Wälder, und keiner weiß mehr, was das Ganze ursprünglich einmal war. So weit klar? «
    » Und die Türme? «, erinnerte ihn Niccolo.
    » Geduld, mein Sohn, Geduld … «
    Niccolo horchte auf. » Wieso hast du das gesagt? «
    » Was? «
    » Mein Sohn. «
    Feiqing zuckte die Achseln. » Das sagt man so, oder? «
    » Nicht wenn man so alt ist wie wir. Wie Nugua und ich. «
    Sie nickte zustimmend.
    Feiqings Augen weiteten sich, als er begriff. » Du meinst … Ja, du könntest Recht haben! « Ein breites Grinsen verzog sein Drachenmaul. » Das ist etwas aus meinem früheren Leben, oder? Etwas, an das ich mich erinnert habe! Ich … ich hab das früher gesagt! Natürlich! «
    » Gut möglic h «, stimmte Niccolo zu.
    » Das würde bedeuten, dass ich kein Kind mehr bin! … Und auch kein Junge! «
    Nugua verzog angewidert das Gesicht. » Wahrscheinlich bist du alt. «
    Feiqing runzelte die Stirn. » Meint ihr? «
    » Auf jeden Fall erwachse n «, sagte Niccolo beschwicht i gend. » Und jemand, der mehr weiß als andere. Du hältst anderen gerne Vorträge! Mondkind hat Recht gehabt! «
    » Ich bin erwachsen! «, rief der Rattendrache und schlug glüc k lich die Pranken zusammen. » Ein echter Erwachsener! «
    » Oder einfach nur ein Besserwisse r «, knurrte Nugua.
    Niccolo berührte sie kopfschüttelnd an der Hand. Aber stimmt doch, formte sie lautlos mit den Lippen.
    Feiqing tanzte unbeholfen auf der Stelle. » Ein Erwachsener! Ein Erwachsener! «
    Nugua kräuselte die Lippen. » Bild dir ja nicht ein, dass du deshalb mehr zu essen bekommst als wir. «
    » Als o «, sagte Niccolo gedehnt, » u m nochmal auf diese Türme zurückzukommen … «
    Feiqing drehte sich ein letztes Mal vergnügt um sich selbst, dann nahm er wieder ihren gemeinsamen Trott auf. » Die Türme, ja, also … « Der Rattendrache sortierte zerstreut seine Geda n ken. » Stellt euch den flüssigen Teil d es Lavastroms einfach wie eine riesige Zunge vor. Sie schiebt sich durch abgelegene Täler und hinterlässt eine breite Spur aus erstarrtem Lavagestein. Aber vorne, wo die Lava auf viele Meilen hin weich ist und glüht wie die Sonne selbst, da schwimmt etwas auf ihrer Oberfläche – die Türme. «
    » Wie können Türme schwimmen? «, fragte Nugua skeptisch.
    » Und auf Lava! «, ergänzte Niccolo.
    » Das weiß keiner. Jedenfalls erzählt man sich nichts darüber. Ich weiß nicht mal, wie viele Türme es sind, aber es müssen wohl eine ganze Menge sein. Sie sind durch Brücken und Stege miteinander verbunden, eine gewaltige Festung, überzogen mit Ruß und Asche. «
    » Und dort leben Menschen? «
    Feiqing nickte. » Es hat mit einem Fluch zu tun. Das ist es jedenfalls, was ich gehört habe. Der beste Schmied, der je in den Weiten Chinas zu finden war, erhielt von den Göttern den Auftrag, Schwerter für sie zu erschaffen. Allerdings weigerten sie sich, ihn für seine Arbeit zu entlohnen; es sei eine besondere Gunst, ihnen zu Diensten zu sein, sagten sie. Zwar tat er, wie ihm befohlen wurde, doch in seiner Wut benutzte er schlechten Stahl aus unreinem Erz. Als es bald darauf zu einem Kampf zwischen Göttern und Dämonen kam,

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