Das Wunder der Dankbarkeit
kann uns dabei als Richtschnur dienen. Mit ihrer Hilfe können wir eine Art von Dank lernen, der wirklich beim anderen ankommt. Bärbel hat in einem alten „Sonnenwind“ – ihrer ersten Zeitschrift – einen schönen Text zum richtigen Dankesagen geschrieben:
Wie Giraffen danken
Wie sage ich nun „richtig“ danke, so, dass es auch wirklich beim anderen ankommt? Ich gebe dir mal zwei Beispiele zur Auswahl. Such dir einfach aus, bei welcher Art von Dankbarkeit du dich besser fühlst.
1. Jemand sagt zu dir: „Du bist wirklich der Größte! So toll, wie du das gestern wieder mal geschafft hast, kann das kein anderer jemals tun!“
2. Oder jemand sagt: „Als du mir in dieser Angelegenheit gestern geholfen hast, hat mich das sehr gefreut. Du hast mir wirklich aus der Patsche geholfen. Dabei hast du voll und ganz mein Bedürfnis erfüllt, mich auf jemand anderen wirklich verlassen zu können. Ich würde mich freuen, wenn du mir auch in Zukunft in dieser Art zur Seite stehen würdest!“
Bei welcher Anrede würdest du dich besser fühlen? Wenn es dir so geht wie mir, würdest du auch die zweite Möglichkeit wählen. Erinnere dich an die vier Schritte der „Gewaltfreien Kommunikation“:
1. Was ist geschehen (reine Beobachtung)?
2. Wie fühle ich mich dabei (ohne Anklage und Wertung)?
3. Welches eigene Bedürfnis wurde dabei erfüllt oder nicht erfüllt?
4. Welche Bitte gibt es in diesem Zusammenhang?
Diese Art, danke zu sagen, erfüllt alle vier Kriterien, sie ist darum „giraffisch“ in der Herzenssprache formuliert. Die erste Möglichkeit ist dagegen voller Bewertungen und damit „wölfisch“. Beim Dank in der Giraffensprache fühle ich mich viel mehr gesehen und wertgeschätzt. Ich fühle mich einfach mehr dabei angesprochen. Darum gehört Dankbarkeit auch zum Erlernen der „Gewaltfreien Kommunikation“. Und das kann man immer wieder üben.
Übung Giraffen-Dank 1
Wann immer du in der nächsten Zeit den Eindruck hast, einem Menschen für etwas danken zu wollen, übe dich im Giraffen-Dank. Denk einfach immer an die ersten drei Schritte:
1. Beobachtung
2. Gefühl
3. Erfülltes Bedürfnis
Die Bitte in Schritt 4 zu formulieren, ist meistens gar nicht mehr nötig, man verwendet sie eher, wenn ein Bedürfnis bekräftigt werden soll.
Giraffen-Dank 2
Sicher gibt es in deinem Leben auch Momente, in denen du selbst andere Menschen unterstützt hast. Wann hast du einem Nachbarn oder Arbeitskollegen das letzte Mal geholfen? Vielleicht sind es aus deiner Sicht nur Kleinigkeiten, die dem anderen aber sehr viel bedeutet haben können. Danke nun auch dir selbst, für jede noch so geringe Unterstützung, die du einem anderen Menschen hast zukommen lassen. Denke dabei wieder an die bekannten drei Schritte:
1. Beobachtung
2. Gefühl
3. Erfülltes Bedürfnis
Das Schöne an der Giraffensprache ist: Hat man sie erst einmal verinnerlicht, dann hat sie mitunter auch transformierende Wirkung, und zwar auf mich wie auch auf meine Umwelt. Als kleiner Nebeneffekt beim Praktizieren der Giraffen-Dankbarkeit entwickle ich mehr Mitgefühl und Verständnis für mich, aber auch für andere Menschen.
Falsch verstandene Dankbarkeit
Wenn es eine „richtige“ Art gibt, dankbar zu sein, gibt es dann auch eine „falsche“? In der Tat, es gibt Formen der Dankbarkeit, die kraftlos daherkommen und keine wirkliche Bestätigung für den Adressaten bedeuten. Der Dank wird dann zwar ausgesprochen, kommt aber nicht aus dem Herzen, bisweilen noch nicht mal freiwillig. Immer wenn ein Zwang oder eine Erwartungshaltung ein „Danke“ auslösen, würde ich das als „falsche“ Dankbarkeit bezeichnen, denn sie ist bestenfalls abgeschwächt oder eingeschränkt.
In unserer Gesellschaft ist ein „Danke“ manchmal zur Floskel geworden, die ganz automatisch und unbedacht erfolgt. „Es gehört sich so“, danke zu sagen, wenn man Unterstützung erhält, etwas geschenkt bekommt oder jemand uns etwas gibt – ob wir es wollen oder nicht. Die meisten von uns wurden dazu erzogen, artig „danke“ zu sagen, auch wenn sie gar nicht wirklich dankbar sind. Deshalb steht uns dieses Müssen manchmal im Weg, wenn wir Dankbarkeit wirklich spüren und zeigen wollen – vor allem, wenn wir als Kinder regelrecht gezwungen wurden, „dankbar“ zu sein, wie das folgende Beispiel zeigt.
Ein erzwungener Dank
Eine Seminarteilnehmerin erzählte von den Bestrebungen ihrer Eltern, sie zu mehr Dankbarkeit zu erziehen. Von Erfolg gekrönt war dieses
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