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Das Wunder des Pfirsichgartens: Roman (German Edition)

Das Wunder des Pfirsichgartens: Roman (German Edition)

Titel: Das Wunder des Pfirsichgartens: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sarah Addison Allen
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Menschen, die sich nicht klar in das weibliche oder das männliche Schema einordnen ließen.
    Willa wusste weder, was Colin seiner Schwester über die vergangene Nacht erzählt hatte, noch, ob Paxton ihr noch böse war, weil sie einen Liebesbrief an Robbie Roberts gefälscht hatte. Deshalb war sie sich nicht sicher, mit welcher Begrüßung sie rechnen sollte.
    Sie war aber definitiv nicht darauf gefasst, dass Paxton sie anlächelte und sagte: »Willa! Hallo! Wie schön, dass wir uns heute zufällig begegnen. Du bist also eher morgens hier? Deshalb sehe ich dich wohl nie. Hast du meine Nachricht erhalten, dass ich auf der Gala etwas Spezielles für deine Großmutter veranstalten möchte?«
    Willa glättete verlegen ihr widerspenstiges, welliges Haar. Paxton trug ihre Haare wie üblich in einem makellosen Knoten. Sie war stets wie aus dem Ei gepellt. »Meiner Großmutter geht es nicht so gut. Sie wird nicht kommen«, antwortete Willa. »Sie erinnert sich nicht mehr an mich und schon gar nicht an den Klub.«
    »Ja, ich weiß, und es tut mir sehr leid«, sagte Paxton. »Ich dachte daran, sie durch dich zu ehren. Vielleicht könntest du ein Geschenk für sie entgegennehmen.«
    »Ich … ich glaube, ich habe an dem Abend schon eine Verabredung«, stammelte Willa.
    »Ach so«, erwiderte Paxton offensichtlich überrascht. Eine verlegene Pause trat ein.
    Sebastian räusperte sich. »Hallo, Willa. Schön, dich wiederzusehen. Es ist lange her.«
    »Sebastian! Ich habe gehört, dass du Dr. Kostovos Praxis übernommen hast.« Sebastian Rogers bestärkte Willa in dem Glauben, dass es nicht nur eine nette Theorie war, dass sich jeder neu erfinden könne. So etwas kam tatsächlich vor. Damals auf der Highschool hatten ihre Schulkameraden manchmal vergessen, dass sie da war, weil sie sich normalerweise so leise und unauffällig verhielt. Aber Sebastian hatte dieses Glück nicht gehabt. Willa konnte sich unsichtbar machen, doch jemandem, der wie Sebastian aussah, gelang das nicht. Er hatte ständig Hohn und Spott über sich ergehen lassen müssen. Und dennoch stand er nun als Zahnarzt da in einem Anzug, der wahrscheinlich mehr gekostet hatte als die Jahresrate für ihren Jeep. »Als ich dich zum letzten Mal sah, hast du dich geschminkt und einen lilafarbenen Trenchcoat getragen.«
    »Als ich dich zum letzten Mal sah, bist du verhaftet worden, weil du den Feueralarm ausgelöst hattest.«
    »Der Punkt geht an dich. Schau doch mal beim Au Naturel an der National Street vorbei. Dann spendier ich dir einen Kaffee.«
    »Mal sehen, ob ich’s mir einrichten kann. Du warst doch eine Patientin von Dr. Kostovo, oder? Ich gehe davon aus, dass du dich weiterhin zur regelmäßigen Vorsorge in der Praxis sehen lässt.«
    »Bist du jetzt die Zahnpolizei?«
    Er hob eine Braue. »Richtig.«
    Willa lachte, dann fiel ihr auf, dass Paxton sie merkwürdig anschaute. Ihr Lachen erstarb, und sie blickte von Paxton zu Sebastian und dann wieder zu Paxton.
    »Nun, ich muss los«, erklärte sie schließlich.
    »Auf Wiedersehen, Willa«, sagte Sebastian.
    Paxton schwieg.
    Paxton beobachtete Sebastian aus den Augenwinkeln, als sie durch den Flur zum Zimmer ihrer Großmutter liefen. Ihre Absätze klapperten, seine Schritte in den italienischen Slippern klangen wie ein leises Flüstern. Selbst der in Folie eingewickelte Hortensienstrauß in seiner Hand knisterte nicht. »Ich wusste gar nicht, dass du und Willa in der Highschool befreundet wart. Wart ihr das?«
    »Nein«, erwiderte er knapp.
    »Sie schien sich mehr über dich zu freuen als über mich.«
    »Das ist der Kodex der Außenseiter«, meinte er lächelnd. »Das würdest du nie verstehen.« Bevor Paxton ihn fragen konnte, was er damit meinte, standen sie schon vor der Tür ihrer Großmutter. »Bist du bereit, die Drachenlady zu treffen?«
    »Nein«, entgegnete Paxton.
    »Ich bin für dich da.« Sebastian legte den Arm um ihre Taille und drückte sie tröstend.
    Sie gingen gemeinsam hinein, und Paxton näherte sich vorsichtig dem Bett ihrer Großmutter. Jedes Mal, wenn sie in ihre Nähe kam, begann ihre Haut zu brennen. Sie hatte ihr Leben lang Angst vor dieser Frau gehabt. Das wusste natürlich niemand. Wenn sie ihre Großmutter betrachtete, befiel sie oft ein schreckliches Grauen, dass sie eines Tages genauso werden würde wie sie. »Nana Osgood?«, sagte sie leise. »Ich bin’s, Paxton. Bist du wach?«
    Agatha schlug die Augen nicht auf. »Dass du fragen musstest, hätte dir einen Hinweis geben

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