Das Wunder von Grauenfels (German Edition)
ein. »Da bin ich nämlich in Hamburg, wegen eines Vorstellungsgespräches.«
»Wirklich?« Annikas Augen leuchteten auf. »Dann nehm ich mir den Mittwoch frei …«
»Übernachten kannst du hier, Mutter vermietet auch ein paar Zimmer«, erklärte Peter. »Und Mittwoch zeige ich dir dann ein bisschen die Umgebung.«
Ruben registrierte, dass er die junge Frau wohlgefällig musterte.
Ein paar Minuten später waren Peter und Annika in ein lebhaftes Gespräch vertieft. Offensichtlich waren sie beide begeisterte Wanderer und Campingurlauber.
»Sieht aus wie der Beginn einer wunderbaren Freundschaft«, kommentierte Ruhen, als er mit Schwester Constanze und Schwester Felicitas das Café verließ. Annika folgte Peter noch rasch in die Küche, um sich bei seiner Mutter für den Kuchen zu bedanken und das Zimmer für Dienstagnacht zu buchen.
Die Nonnen sahen einander an.
»Sieht aus wie ein Wunder!« Schwester Constanze lachte.
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Ein bisschen Magie
W as um Himmels willen hast du dir dabei gedacht, den Text selbstständig abzuändern?«, donnerte Berit Claudia an. Nach einem langen Tag im Wäldchen, der Koordination der Erscheinung und immer wieder Unterhaltungen mit diversen Pressevertretern war ihre Geduld weitgehend erschöpft. Claudia, deren Alleingang Berit seit Stunden wurmte, bekam den Frust nun zu spüren.
»Na, so schrecklich war es ja wohl nicht«, verteidigte sie sich. »In Marpingen hat sie immer Rosenkränze gesegnet. Da dachte ich, sie könnte hier auch ein paar Leute glücklich machen. Die sind da doch ganz wild drauf.«
»Du sollst nicht denken, du sollst deinen Text sprechen! Du hättest Sophie durcheinander bringen können. Und du weißt, dass Bernie immer gleich darauf reagiert, wenn seine Schwester irritiert ist. Dabei fällt jeder falsche Blick auf. Du warst nebenbei großartig, Sophie. Und du natürlich auch, Claudia, abgesehen von dem Fauxpas. Bei uns werden keine Rosenkränze gesegnet, das ist doch hier kein Servicecenter!«
»Warum eigentlich nicht?«, fragte Gina. »Ich meine, nicht, dass ich dich kritisieren will, Berit, aber deine Texte werden langsam öde. Der ganze Sermon wiederholt sich, auf die Dauer muss uns da was Besseres einfallen.«
Berit seufzte. »Ich weiß«, gab sie zu. »Aber ich hab euch schon mal erklärt, warum es nicht prickelnder werden darf. Lass uns erst mal diese Kirchenkommission abwarten. Hab ich euch schon gesagt, dass da Freitag ein paar Leute kommen?Und Donnerstag erscheint die Psychotante für das Gutachten über euren Geisteszustand. Hoffentlich überlegen sich eure Eltern das nicht noch mit der Genehmigung. Wenn sich dann herausstellt, dass es sowieso nichts wird mit der kirchlichen Anerkennung, kann ich das Ganze ja noch mal überdenken. Und bis jetzt läuft es doch prima, so wie’s ist. Wenn der Andrang abflaut, können wir MM immer noch sensationellere Enthüllungen machen lassen.«
Claudia kaute nachdenklich an ihrer Unterlippe. »Wenn sich am Text schon nichts ändern lässt – vielleicht kann man ja stattdessen dramaturgisch was draufsetzen«, schlug sie vor. »Ich meine – die ganze Show ist im Prinzip ziemlich einfallslos, wir machen nichts, wir hängen nur rum und sagen unseren Text her.«
»Was willst du denn stattdessen machen? Singen und tanzen?«, fragte Sophie. »Die anderen sind doch auch nur in Trance verfallen.«
»Das war aber achtzehnhundertund!«, wandte Gina ein. »Vor Erfindung des Fernsehens mit zwanzig Kanälen und Fernbedienung. Heute wollen die Leute Action, sonst zappen sie weiter. Da hat Claudia schon Recht. Was wir auf jeden Fall machen können, ist eine Prozession. Das lässt sich leicht organisieren und sieht nett aus, mit Kerzen und so. Ihr beide vorweg. Oder noch besser Bernie vorweg. Kann er eine Kerze halten?«
Sophie nickte. »Er liebt Laternenumzüge! Aber wir müssen aufpassen, dass er nicht die Lieder verwechselt. Er wollte heute schon lieber ›Wenn sich die Igel küssen …‹ singen als das ›Ave Maria‹.«
»Wozu mir dein Handy einfällt, Claudia!«, bemerkte Berit streng. »Das ›Ave‹ als Klingelzeichen ist natürlich unannehmbar! Das sieht ja aus, als nähmest du das Ganze nicht ernst! Also stell das Ding gefälligst um.«
Gina nestelte ihr eigenes Mobiltelefon aus der Tasche. »Alsoich find den Gag klasse! Kannst du mir meins gerade auch darauf programmieren?«
Am nächsten Morgen bezogen die frisch gebackenen Medienreferentinnen endlich ihr offizielles Büro im Grauenfelser Bürgermeisteramt.
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