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Das Zauberer Handbuch

Das Zauberer Handbuch

Titel: Das Zauberer Handbuch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Peinkofer
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Möglichkeiten, eine Geschichte zu erzählen. Die für uns relevantesten sind der auktoriale und der personale Erzählstil sowie die Ich-Erzählung, aus denen sich ein vierter, für die Fantasy besonders geeigneter Erzählstil ableiten lässt.
Auktorialer Erzählstil
    Der auktoriale, oft auch »allwissend« genannte Erzähler ist der älteste und ursprünglichste, ein Märchenonkel, wie er im Buche steht. Wenn er zum »Es war einmal« anhebt, lässt er keinen Zweifel daran, dass er bereits weiß, wie die Geschichte ausgehen wird, und in dieser Haltung zieht er seine Erzählung bis zum Ende durch.
    Es ist die einfachste Form des Erzählens, die schon am Lagerfeuer propagiert wurde, als die Schrift noch nicht einmal erfunden war, und sie hat mit der eigentlichen Intention des Geschichtenerzählens zu tun, nämlich dem Erklären und Verstehen der Welt. Wenn der auktoriale Erzähler spricht, dann spricht aus ihm die Ordnung, die ein gestörtes Gleichgewicht am Ende auf jeden Fall wiederhergestellt wissen will. Mit anderen Worten: er spiegelt die moralischen Werte seiner Zeit wider, nach denen der Held handelt und die der Schurke missachtet. Märchen und Mythen bieten hierfür unzählige Beispiele, und auch in der Literatur war dieser allwissende Standpunkt über Jahrhunderte hinweg verbreitet.
    Wenn etwa der Erzähler von Charles Dickens’ berühmter Erzählung A CHRISTMAS CAROL von den gruseligen und höchst seltsamen Ereignissen berichtet, die den Geizhals Ebenezer Scrooge zu einem großzügigen und guten Menschen machen, dann tut er das stets aus einer über­geordneten Perspektive heraus, die sich weder am Auftauchen der Geister noch an anderen außergewöhnlichen Begebenheiten stört, sondern sie aus einer gewissen, nicht selten augenzwinkernden Distanz heraus beschreibt. Gerade in der Phantastik hat der allwissende Erzähler daher einen festen Platz, schafft er es doch, dem Leser die ungewöhnlichsten Kreaturen und Schauplätze vor Augen zu führen, ohne auch nur den geringsten Zweifel an ihrer Existenz aufkommen zu lassen.
    Dramaturgisch hat es auf den ersten Blick gravierende Nachteile, wenn der Erzähler durchblicken lässt, dass er alles weiß. Geschickt eingesetzt, kann der auktoriale Erzählstil aber auch genutzt werden, um eine düstere Atmosphäre zu erzeugen und die Wucht eines drohenden Schicksals in ihrer ganzen Schwere in die dramaturgische Waagschale zu werfen:
    Keiner der Gefährten, die die Festung von Grundal an diesem Morgen verließen, weder Granock noch einer der Zwerge, ahnten, dass schon am Abend desselben Tages nur noch einer von ihnen am Leben sein würde.
    Gerade auch im Kinderbuch hat der nicht nur allwissende, sondern dieses Wissen durchaus auch vermittelnde und erklärende Erzähler bis heute seinen festen Platz. Er bietet dem Leser zu jeder Zeit eine sichere Führung, an die er sich halten kann und die ihm den Weg durch die Handlung weist – der erwachsene Leser heutiger Tage hingegen hat andere Ansprüche an den Erzähler.
Personaler Erzählstil
    Von einem personalen Erzählstil ist die Rede, wann immer der Erzähler (nicht der Autor) die Perspektive einer der handelnden Figuren einnimmt. Anders als der Ich-Erzähler verschmilzt er jedoch nicht mit ihr, sondern schildert ihr Handeln noch in der Neutralität der dritten Person; wann immer es aber darum geht, Innensichten dieser Figur zu schildern, werden diese wie selbstverständlich in die Handlung einbezogen. Die Figur dient dazu, ihre Handlungsweise und die anderer Figuren zu reflektieren, weshalb sie auch als Reflektorfigur bezeichnet wird. Anders als beim auktorialen Erzählstil weiß der Erzähler nicht alles, sondern nur das, was auch der Reflektorfigur bekannt ist; er kann mit ihr vermuten und Überlegungen anstellen, Gewissheit bekommt auch er jedoch erst in dem Moment, da die Ereignisse eintreffen.
    Die moralische Orientierung, die ein auktorialer Erzähler dem Leser bietet, geht beim personalen Erzählstil verloren, was zu Verunsicherung beim Leser führen kann, der stets nach einer Möglichkeit zur Identifikation sucht. Ein wahrer Meister, wenn es darum ging, den Leser auf diese Weise in die Irre zu führen, war Max Frisch: Wer der Hauptfigur in HOMO FABER folgt, findet sich auf der Seite eines der fortschrittsgläubigen, der Technik hörigen Menschen wieder, der an einem simplen Zufall scheitert; wer sich mit der Hauptfigur von DER MENSCH ERSCHEINT IM HOLOZÄN identifiziert, reist mit ihr ans Ende ihres

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