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Das Zeichen des Sieges

Das Zeichen des Sieges

Titel: Das Zeichen des Sieges Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernard Cornwell
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nicht, zum Teufel? Will er etwa sterben?»
    «Er hat Gott auf seiner Seite», sagte Hook.
    Tom überlief ein Schauer. «Dann hätte uns Gott wenigstens mit einem ordentlichen Frühstück versorgen können.»
    Die Frauen brachten das wenige, was sie an Essbarem für diesen Tag hatten aufsparen können. Melisande gab Hook einen Fladen aus Hafermehl. «Wir teilen», sagte Hook.
    «Der ist für dich», widersprach sie. Der Hafer war schon leicht schimmlig, aber Hook aß dennoch eine Hälfte des Fladens und reichte Melisande den anderen Teil. Es gab kein Ale, nur Wasser aus einem Bach, das Melisande in einem alten ledernen Weinschlauch mitgebracht hatte. Doch es schmeckte übelkeitserregend. Melisande stellte sich an Hooks Seite und starrte zu den Franzosen hinüber. «So viele», sagte sie leise.
    «Sie rücken nicht vor», sagte Hook.
    «Was geschieht dann?»
    «Wir müssen sie angreifen.»
    Sie schauderte. «Glaubst du, dass mein Vater da drüben ist?»
    «Ganz sicher.»
    Melisande sagte nichts. Sie warteten. Die Trompeten und Trommeln wurden immer noch gespielt, doch die Musiker wurden müde, und die Klänge waren weniger lebhaft als zuvor. Hook hörte Drosseln in den Bäumen singen, von denen einige schon alles Laub abgeworfen hatten, sodass ihre Äste so nackt wie die Holzbalken eines Schafotts zum grauen Himmel aufragten. Auf dem glitzernd nassen Feld zwischen den Armeen suchten Krammetvögel und Rotdrosseln in den gepflügten Furchen geschäftig nach Würmern. Hook dachte an zu Hause, an Kühe, die gemolken wurden, an das Röhren brünstiger Hirsche im Wald, an die kürzer werdenden Abende und das Herdfeuer in den Hütten.
    Dann kam Bewegung in die englische Armee und riss Hook in die Gegenwart zurück. Der König war, nur begleitet von seinem Standartenträger, erneut auf seinem zierlichen weißen Pferd vor die Linie seiner Männer geritten. Er kam auf die Bogenschützen an der rechten Flanke zu, und sein Pferd, dem der unsichere Tritt zu schaffen machte, hob seine Hufe sehr hoch. Der König hatte seinen Helm mit der Krone abgenommen, und ein leichter Wind spielte mit seinem kurzen braunen Haar, sodass er jünger als seine achtundzwanzig Jahre wirkte. Er zügelte sein Pferd ein paar Schritte vor den ersten aufgepflanzten Stöcken, und die Centenare riefen ihren Männern zu, sie sollten die Helme abnehmen und sich niederknien. Dieses Mal billigte der König die Ehrenbezeugung und wartete, bis all seine zweieinhalbtausend Bogenschützen vor ihm knieten.
    «Bogenschützen von England!», rief der König und schwieg einen Moment, während die Männer näher heranrutschten, um ihn besser hören zu können. Eingehüllte Bogenschäfte und Kriegsäxte hingen über ihre Schultern. Manche Männer waren mit Holzarbeiteräxten oder bleibeschwerten Flegeln bewaffnet. Die meisten hatten ein Schwert, wenn auch einige nichts weiter trugen als einen Bogen und ein Messer. Diejenigen mit Helmen hatten ihre Bacinets abgenommen, und andere schoben ihre Kettenhauben zurück, während sie ihren barhäuptigen König ansahen.
    «Bogenschützen von England!», rief Henry erneut, und seine Stimme überschlug sich dabei, sodass er ein weiteres Mal innehielt. Der Wind fuhr in die Mähne seines Pferdes. «Heute fechten wir meinen Streit aus!», rief der König nun mit klarer und weittragender Stimme. «Unsere Feinde verweigern mir die Krone, die Gott mir verliehen hat! Sie glauben, dass sie uns heute demütigen können! Sie glauben, dass sie mich als Gefangenen vor die Massen in Paris zerren können!» Er legte eine Pause ein, während aufgebrachtes Gemurmel durch die Reihen der Bogenschützen lief. «Unsere Feinde», sprach er weiter, «haben gedroht, jedem Engländer die Finger abzuhacken, der den Bogen spannt!» Das Gemurmel schwoll zu wütend brodelnder Empörung an, und Hook dachte an den Platz in Soissons, auf dem das Abhacken der Finger nur der Auftakt eines viel schlimmeren Gemetzels gewesen war. «Und jedem Waliser, der den Bogen spannt!», fügte der König hinzu, worauf Jubel unter den Bogenschützen laut wurde.
    «All das wollen sie», rief der König, «doch sie haben den Willen Gottes vergessen. Sie sind blind für Sankt Georg und Sankt Edward, die über uns wachen, und es sind nicht diese Heiligen allein, die uns unter ihren Schutz nehmen! Heute ist der Tag von Sankt Crispin und Sankt Crispinian, und diese Heiligen verlangen Vergeltung für all das Böse, das in Soissons verübt wurde.» Er hielt erneut inne, doch niemand gab

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