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Das Zeichen des Sieges

Das Zeichen des Sieges

Titel: Das Zeichen des Sieges Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernard Cornwell
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sich nach seiner Bespannung gekrümmt hatte und diese Krümmung auch beibehielt, wenn die Sehne ausgehängt war, verteidigte sie ihre Ansichten mit aller Kraft. Er liebte das an ihr. Aber er hatte auch Angst um Melisande.
    «Vielleicht hättest du nicht mitkommen sollen», sagte Hook.
    «Warum? Weil es gefährlich ist?»
    «Ja.»
    Melisande zuckte mit den Schultern. «Für Franzosen ist es in Frankreich sicherer als für Engländer, glaube ich. Wenn sie Alica oder Matilda gefangen nehmen, werden sie geschändet.» Alica und Matilda waren ihre Freundinnen.
    «Und du nicht?»
    Melisande schwieg einen Moment lang, vielleicht dachte sie an Soissons. «Ich wollte mitkommen», sagte sie schließlich.
    «Warum?»
    «Um bei dir zu sein», sagte sie, und ganz selbstverständlich setzte sie hinzu: «Was ist ein Centenar?»
    «Einer wie Peter Goddington? Das ist einfach ein Mann, der Bogenschützen anführt.»
    «Und ein Ventenar?»
    «Also, ein Centenar führt sehr viele Bogenschützen an, ungefähr einhundert. Und ein Ventenar ist für vielleicht zwanzig verantwortlich. Und alle beide sind Sergeants.»
    Melisande dachte ein paar Momente über diese Worte nach. «Du solltest ein Ventenar sein, Nick.»
    Hook lächelte, sagte aber nichts. Das Wasser des Flusses glitt kristallklar über sein sandiges Bett, an dem Hahnenfuß und Schaumkraut träge im Wind schaukelten. Eintagsfliegen tanzten über dem Wasserspiegel, und von Zeit zu Zeit sprang eine Forelle aus dem Fluss, um nach ihnen zu schnappen. Zwei Schwäne mit vier Küken schwammen am anderen Ufer entlang, und während Hook sie beobachtete, bemerkte er vor sich einen Schatten im Wasser. «Nicht bewegen», ermahnte er Melisande und zog langsam die Bogentasche von seiner Schulter herunter.
    «Sir John kennt meinen Vater», sagte Melisande unvermittelt.
    «Wirklich?», fragte Hook überrascht. Er schnürte die Ledertasche auf und nahm mit ruhigen Bewegungen den Bogen heraus.
    «Ghillebert.» Melisande sprach den Namen langsam aus, als ob sie ihn gerade zum ersten Mal gehört hätte, «der Seigneur de Lanferelle.»
    Pater Michel, bei dem sie in Frankreich gewohnt hatten, hatte gesagt, Melisandes Vater sei Seigneur d'Enfer, doch Hook vermutete, dass er sich verhört hatte. «Also ist er ein Lord, was?», bemerkte er.
    «Adlige haben viele Kinder», sagte Melisande, «et je suis une bâtarde.»
    Hook sagte nichts. Er stützte den Bogenschaft an dem Stamm einer Esche ab und bog ihn, um die Sehnenschlinge über die obere Nocke zu ziehen.
    «Ich bin ein Bastard», sagte Melisande bitter. «Deshalb hat er mich ins Kloster geschickt.»
    «Um dich zu verstecken.»
    «Und um mich zu schützen, glaube ich», sagte Melisande. «Er hat der Äbtissin Geld gegeben. Er hat für mein Essen und mein Bett bezahlt. Er hat gesagt, dort wäre ich sicher.»
    «Sicher, um eine Dienstmagd zu werden?»
    «Meine Mutter war auch eine Dienstmagd. Warum sollte ich also keine werden? Und eines Tages wäre ich Nonne geworden.»
    «Du bist kein Dienstmädchen», sagte Hook, «du bist die Tochter eines Adligen.» Er nahm einen Pfeil aus der Tasche, eine Ahlspitze mit einem schmal zulaufenden, scharfen und schweren Kopf. Er hielt den Bogen waagerecht über seinen Beinen, legte den Pfeil auf den Schaft und ließ das eingekerbte, befiederte Ende auf die Bogensehne gleiten. Der Schatten rührte sich. «Wie gut kennst du deinen Vater?», fragte Hook.
    «Ich habe ihn nur zwei Mal gesehen», sagte Melisande. «Das erste Mal war ich noch sehr klein, und ich erinnere mich kaum daran, und dann noch ein Mal, bevor ich ins Kloster kam. Ich mochte ihn.» Sie hielt inne, um nach den richtigen englischen Wörtern zu suchen. «Am Anfang, da mochte ich ihn.»
    «Und mochte er dich auch?», fragte Hook, ohne nachzudenken, denn er hatte seine Aufmerksamkeit eher auf den Schatten gerichtet als auf Melisande. Er spannte den Bogen, den er immer noch waagerecht hielt, weil er vermeiden wollte, dass der Schatten stromaufwärts verschwand, wenn er ihn aufrichtete.
    «Er war so», sie unterbrach sich, suchte nach dem Wort, «beau. Er war groß. Und er hatte ein schönes Wappen. Eine große gelbe Sonne mit goldenen Strahlen. Und über der Sonne ist der Kopf eines ...»
    «Adlers», unterbrach sie Hook.
    «Un faucon» , sagte Melisande.
    «Also ein Falke», sagte Hook und erinnerte sich an den langhaarigen Mann, der auf dem Platz vor der Kirche Saint-Antoine-Le-Petit zugesehen hatte, wie die Bogenschützen umgebracht wurden. «Er war in

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