Das Zepter der Zeit (Carla, John und Franklyn) (German Edition)
nach herumfliegenden Insekten. Von diesen Vögeln fehlte plötzlich jede Spur. Sie befanden sich vermutlich weit im Süden. Dafür wurden sie von kleinen, wilden, quiekenden und schreienden Kindern umzingelt, die ihren Spaß auf der Eisfläche auslebten. Die Eisfläche war wunderbar glatt. Sie sah aus, als hätte sie jemand poliert. Vermutlich hatte es beim Einfrieren nicht geschneit, und auch anschließend fiel nichts auf sie herab.
»John, ich glaube, ich habe meine kleine Schwester schon entdeckt. Dort hinten, die Kleine mit der hellblauen Jacke. Das müsste sie sein. Oh Himmel, tatsächlich, das ist sie!« Carla fing sofort an zu weinen. Die Kleine war genau so wunderschön, wie sie sie in Erinnerung gehalten hatte. Sofort hielt sich Carla weinend die Hände vor das Gesicht, um ihre Tränen zu verbergen. Doch ihr Schluchzen war nicht zu überhören. Es dauerte eine ganze Weile, bis sie wieder so weit Herr über ihre Gefühle wurde, dass sie die Hände wieder vom Gesicht nehmen konnte. Dabei konnte ihr auch John nicht helfen, der ziemlich tollpatschig versuchte, sie zu trösten.
Tracy, Carlas Schwester, fuhr lachend und glücklich ihre Kreise. Dabei überhörte sie das Furcht einflößende Knirschen, das das Eis soeben von sich gegeben hatte. Dieses Geräusch war mit Worten nicht zu beschreiben. Es geht durch Mark und Bein. Doch jeder, der es schon einmal gehört hat, weiß, dass es nichts Gutes bedeutet. Es klang nach Tod und elendigem Leid.
Doch wie bekam man nun die kleinen Kinder von der Eisfläche herunter? Würden sie jetzt alle vier auch noch auf die Eisfläche gehen, bestünde die Gefahr, dass sie selbst einbrächen. Dies musste auf jeden Fall verhindert werden. Sally war hingegen davon überzeugt, dass sie es schaffen würde, die Kinder vom Eis herunter zu locken. Dass es ein Mann nicht schaffen kann, war für sie mehr als selbstverständlich. Sie kannte viele Eltern, die ihren Kindern beibrachten, nicht auf fremde Männer zu hören. Sie sollten lernen, sich nicht selbst bösen Menschen anzuschließen, die es auf ihr kleines, junges Leben abgesehen hatten. Somit musste sie als Frau jetzt zur Tat schreiten.
Sally stellte sich direkt ans Ufer und versuchte, die Kinder anzulocken. »Kinder, kommt mal alle her, ich muss euch was erzählen. Was ganz Spannendes. Ihr könnt auch gleich danach wieder weiter auf dem Eis spielen.«
Damit erzeugte sie die notwendige Neugierde bei den Kindern und auch die Gewissheit, dass sie nicht lange von ihrem lustigen Spiel abgehalten werden würden.
Es dauerte keine zehn Sekunden, bis sich alle kleinen Kinder vor ihr versammelt hatten. Ein wimmelndes Durcheinander herrschte vor ihr.
»Was willst du uns denn erzählen?«
»Wie heißt du?«, fragte Sally.
»Kannst du auch Schlittschuh laufen?«
Doch Tracy hielt sich leider im Hintergrund und blieb auf Distanz. Einerseits hatte sie sicher gut von ihren Eltern gelernt, Abstand zu halten, anderseits war das für Sallys Vorhaben nicht gerade förderlich.
»Tracy, auch du. Komm hierher, ganz nah zu mir, dann brauche ich nicht so laut zu reden.«
Tracy war so dermaßen überrascht von der Tatsache, dass die fremde Frau ihren Namen kannte, dass sie sofort näher zu Sally kam. Sie fasste direkt Vertrauen und gehorchte. Allerdings hielt sie immer noch einen Sicherheitsabstand von ungefähr drei Metern ein.
»Die Polizei hat mir gesagt, hier wäre ein großer, dicker Bär im Wald. Es ist bestimmt ein böser Bär. Und sicherlich kennt Ihr das Märchen mit dem bösen Wolf und den sieben Geißlein?«
»Ja, das kenne ich«, antwortete Tracy kess.
»Dann weißt du bestimmt auch, was der böse Wolf getan hat, als er die kleinen Geißlein gefasst hatte. Erzähl es bitte auch den anderen Kindern, die die Geschichte noch nicht kennen.«
»Der böse Wolf hat die Geißlein aufgefressen. Dann hat er sich ins Bett gelegt. Zum Schlafen«, sagte die Kleine mit großen Augen.
»Macht der Bär das auch?«, fragte ein anderes Kind.
»Ja, der Bär macht das auch«, bestätigte Sally die Frage des Kindes.
»Ich habe Angst. Ich will nach Hause zu meiner Mama« sagte ein plötzlich weinendes, anderes Kind.
»Seht Ihr, und damit das nicht auch mit euch passiert, habe ich euch das soeben erzählt. Bitte kommt jetzt alle mit uns zum Hotel zurück. Dann kann euch nichts passieren. Dort warten schon sehnsüchtig Eure Eltern auf Euch, die auch ganz viel Angst vor dem Bär haben. Deshalb sind sie nämlich nicht hier hingekommen. Sie warten auf Euch
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