Das Zepter der Zeit (Carla, John und Franklyn) (German Edition)
Schwester bist du auch nicht!«
»Tracy, du musst es mir ja nicht glauben, doch es ist nun einmal die Wahrheit. Deine Mama und dein Papa, oder besser gesagt, unsere Eltern, sind nicht mehr in dem Hotel. Sie sind schon lange nach Hause gefahren. Du kannst gerne nachsehen, aber sie sind nicht mehr dort. Und wie du sicher festgestellt hast, liegt hier kein Schnee mehr. Wir haben jetzt Sommer. Es wird gleich hell, und dann wirst du eine Menge Blumen sehen. Im Winter wachsen hier in der Regel keine Blumen. So etwas können Blumen nicht. Das tun sie nur im Sommer. Verstehst du das?«
Tracy fing an zu weinen und stampfte wütend mit den Füßen auf den Boden. »Ich will jetzt sofort zu meiner Mama!«
Carla nahm ihre kleine Schwester in den Arm und versuchte, sie zu trösten. »Tracy, wir beiden sind Schwestern. Glaub mir das bitte. Hast du das noch nicht gemerkt? Rieche ich denn nicht wie deine Schwester?«
»Nein, meine Schwester ist noch nicht so alt!«, antwortete sie schreiend und versuchte sich aus Carlas Umarmung zu befreien.
»Ich bin wirklich deine Schwester. Die Schwester, die du in Erinnerung hast, ist im Handumdrehen zehn Jahre älter geworden. Ich würde dir das gern erklären, aber du selbst hast dich in diese Situation gebracht. Du hättest uns nicht verfolgen dürfen. Dann wäre alles in Ordnung geblieben. Nun hast du ein völliges Durcheinander angerichtet.«
»Bring mich wieder zu meiner Mama.«
»Wir werden dich zu Mama und Papa bringen, aber dafür müssen wir erst einmal nach Hause fahren«, antwortete Carla tröstend und mit ruhiger Stimme.
»Und wann fahren wir da hin?«
»Sobald es hell ist, fahren wir sofort los.«
Unmittelbar nach ihrer Landung in der Gegenwart machten sich die fünf auf den Weg. Sie wollten keine Minute ungenutzt lassen und direkt zum Hotel zurückwandern. Wenn alles gut ging, würden sie direkt vor dem Hoteleingang Johns Auto vorfinden, mit dem sie, sobald die Zimmer ausgeräumt waren, wieder nach Hause fahren würden. Während ihrer kleinen Wanderung in Richtung Hotel sagte Franklyn »Weißt du, Carla, wenn ich es mir recht überlege, ist doch die Hoffnung, Tracy wiederzusehen, bei deinen Eltern sicher nie gestorben. Sie wussten nur, dass ihre Tochter plötzlich nicht mehr da war. Sie war nicht ertrunken. Vielleicht hatten sie vermutet, dass sie entführt worden war. Aber da niemals eine Leiche gefunden wurde, kann sie doch in ihren Köpfen nicht wirklich tot sein. Wenn wir gleich mit ihr bei deinen Eltern erscheinen, wird die Überraschung umso größer sein.«
»Oh je, wie soll ich ihnen das bloß beibringen?«
»Ich glaube, du musst ihnen nichts beibringen: Ihre Tochter ist wieder zu Hause. Ich bin sicher, es entschädigt sie für alles, dass sie ihre Tochter wieder in ihren Armen halten dürfen. Sie ist gesund, sie hat keine psychischen Schäden, sie ist nicht vergewaltigt worden, noch ist sie sonst in irgendeiner Weise missbraucht worden. Sie ist einfach nur ein paar Millisekunden lang durch die Zeit gereist und hat gar nichts davon gemerkt. Das hoffe ich zumindest.«
»Dennoch habe ich meinen Eltern gegenüber ein schlechtes Gewissen.«
»Ach Carla«, sagte John und versuchte sie zu trösten. »Du bist doch nicht die Schuldige. Sie selbst hat sich von hinten an uns herangeschlichen und mit in die Zeitreise einbezogen. Wir können nichts dafür. Wenn wir gewusst hätten, dass sie hinter uns steht, wären wir doch sicher niemals abgereist.«
Franklyn mischte sich ein und sagte »Ich denke, wir versuchen, die Angelegenheit jetzt möglichst schnell wieder ins Lot zu bringen. Wir fahren mit dem Auto nach Hause. Deine Eltern vermissen sie heute nicht mehr, als sie es vor unserem Kurztrip getan haben. Oder denke ich jetzt falsch? Umso mehr werden sie überrascht und vor allem erfreut sein, wenn sie deine kleine Schwester gleich wiedersehen.«
Für uns war es ein Sekundenbruchteil. Für meine Eltern waren es zehn grauenhafte Jahre.«
»Deine Eltern haben diese zehn fürchterlichen Jahre jetzt bereits hinter sich. Es ändert sich diesbezüglich für sie nichts mehr.«, sagte John und versuchte Carla zu überzeugen, dass sie nichts Schlechtes getan hat.
»Das eigene Kind tot zu wissen ist noch viel schlimmer, als noch immer die Hoffnung zu haben, sie könnte doch noch irgendwo auf dieser Welt leben«, meinte Franklyn. »Deine Eltern haben sicher nie die Hoffnung verloren, sie würden deine Schwester irgendwann wiedertreffen. Vielleicht fanden sie die Hoffnung
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