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Das zitternde Herz

Das zitternde Herz

Titel: Das zitternde Herz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Amanda Cross
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finde. Um genau zu sein, sie macht mir angst. Ist Ihre Frage damit beantwortet?«
    »Sie sind eine verdammte Idealistin.«
    »Wahrscheinlich«, sagte Kate und stand auf. »Ich habe nie verstanden, warum es als Beleidigung gilt, jemanden als Idealist zu bezeichnen. Irgendwo heißt es in Ihrer Religion, daß Sie Ihren Nachbarn hassen dürfen, ihm aber helfen müssen, seinen Karren aus dem Dreck zu ziehen, wenn er feststeckt. Ich zitiere sinngemäß, nicht wörtlich.«
    »Wo haben Sie das aufgeschnappt?«
    »Wahrscheinlich bei all den humanistischen, idealistischen, libe-ralen Juden, die ich kenne. Leben Sie wohl, Nathan. « Und Kate verschwand und ließ Nathan Rosen, seine Antwort auf den Lippen, mit offenem Mund zurück.
    Kate war dabei, Martinis zu mixen, als Reed nach Hause kam. Er sah sie fragend an, zog eine Augenbraue hoch und ging, um die Mar-tinigläser zu holen.
    »Erzähl mir nicht, daß du bereits einen Rechtsextremen getroffen hast, dem Mord und Entführung auf die Stirn geschrieben stand?«
    »Nicht direkt. Man hat mich beschuldigt, antisemitisch zu sein, weil ich nicht mit der nötigen Sympathie auf einen arroganten Studenten einging, der nicht mal seine Hausaufgaben gemacht hatte.«
    »Er hat sich bei dir beschwert?«
    »Nein, ein jüdischer Kollege, genauer, ein jüdisch-orthodoxer Kollege. Er schien der Ansicht zu sein, daß ich so schlimm wie Hitler sei, außer daß ich nett zu Schwarzen bin.«
    »Man kann den Juden das nicht vorwerfen«, sagte Reed und pro-bierte seinen Drink. »Viele Schwarze sind heute offen antisemitisch, so wie die radikale Rechte. Das kann nicht leicht sein.«
    »Nein, das stimmt«, sagte Kate. »Aber muß ich wirklich so tun, als schätzte ich fundamentalistische Juden mehr als fundamentalistische Muslime oder Christen?«
    »Na ja, wie viele Muslime oder rechtsgerichtete Christen hast du in deinen Seminaren?«
    »Genug, damit sie deine Entführung organisieren konnten, schon gut, Reed, ich weiß, was du meinst.«

    »Die Frage ist, wäre es dir lieber, wenn es wie vor fünfzig Jahren wäre, als lauter männliche weiße, angelsächsische Protestanten, alles Gentlemen natürlich, an den Colleges lehrten? Vorausgesetzt natürlich, daß du auch weiß, angelsächsisch, protestantisch und männlich bist?«
    »Nein, verdammt noch mal, wäre es mir nicht. Also gut, zumindest kann ich vielleicht einen meiner Kollegen von meiner Liste streichen. Dafür sei dem Himmel immerhin Dank.«

9
    Kate spürte, wie das Entsetzen der letzten Tage schwand und stellte erleichtert fest, daß sie zu ihrer eigentlichen Persönlichkeit zurück-fand – Zeichen dafür war ein Treffen mit Leslie in dem Loft, in das sie mit der Nachricht von Reeds Entführung geplatzt war. Nur äu-
    ßerste Panik hatte Kate eine so unkultivierte Indiskretion wie »Her-einzuplatzen« ermöglicht. Die heutige Zusammenkunft war, wie es sich für Friedenszeiten gehörte, vorher verabredet worden, und zwar für einen Zeitpunkt, da Leslie ihre Arbeit für diesen Tag getan haben würde.
    Als Kate eintraf, saß Leslie noch immer in ihrem Studio und starrte auf ihre unvollendete Arbeit. Eine riesige Leinwand, und Kate bewunderte sie eine Weile schweigend. Es war ein Zeichen ihrer Freundschaft, daß Kate unvollendete Arbeiten sehen durfte, ohne sie jedoch zu kommentieren, es sei denn, sie wurde gefragt.
    »Ich habe ja diese ganze traurige Geschichte von Anfang an mit-verfolgt«, sagte Leslie. »Erzähl mir doch, wo du im Moment stehst.
    «
    »Nirgends«, sagte Kate. »Das heißt, ich habe mehr oder weniger beschlossen, Emma Wentworth zuzustimmen, daß nicht die Rechten für das, was geschehen ist, verantwortlich sind, zumindest nicht alleine. Ich habe die Liste mit den Professoren aus meinem Fachbereich sorgfältig durchforstet und versucht, zu entscheiden, wer diesen kindischen Plan möglicherweise ausgebrütet haben könnte.«
    »Wer unter den männlichen Professoren, nehme ich an.«
    »Ja. Unter den Frauen sehe ich ehrlich gesagt keine, die in Frage käme. Keine von ihnen haßt mich besonders, und da sie alle verheiratet sind und Kinder haben – das heißt, beschäftigt sind –, glaube ich nicht, daß sie die Zeit oder die Neigung hätten, einen derart auf-wendigen und häßlichen Jux zu treiben.«
    »Das ist wahrscheinlich richtig«, sagte Leslie. »Aber ich glaube nicht, daß du Frauen insgesamt ausschließen solltest. Meine Vermutung ist, daß es kein Professor ist. Vielleicht ist der springende Punkt der, daß sie keiner

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