Das zweite Königreich
der Ostsee, doch er hatte im Laufe des vergangenen Jahres gelernt, Wulfrics Kenntnisse und Umsicht zu bewundern, mit denen dieser den großen Gutsbetrieb führte.
»Also kommst du heute abend heim«, schloß Hyld.
Er lachte unfroh. »Es wird lange dauern, ehe ich wieder heimkomme.« Hyld wandte den Kopf ab. »Du weißt, was ich meine.«
»Ja.« Er zog sie wieder näher und legte einen Finger unter ihr Kinn. »Mach kein so trauriges Gesicht. Aber es nützt nichts, wenn du dir einzureden versuchst, daß ich hierhergehöre, Hyld. Das tue ich nicht.« »Nein, ich weiß.«
»Und ich kann nicht ewig hierbleiben. Ich verstehe, daß du dich zerrissen fühlst, aber früher oder später mußt du dich entscheiden.«
Sie machte sich ungeduldig los. »Du redest, als ginge es um nichts weiter als die Frage, ob ich mit dir fortgehen will oder nicht.«
Er hob leicht die Schultern. »Aber genau so ist es.«
Sie sah ihn verständnislos an. »Du kannst nicht hier weg, Erik. Jeden anderen würde mein Vater vielleicht laufen lassen, aber dich würde er wieder suchen und er würde dich auch finden. Bist du denn vom letzten Mal kein bißchen klüger geworden?«
»Was erwartest du? Daß ich mich duldsam in mein Schicksal ergebe und bis ans Ende meiner Tage seine Schafe hüte? Mein Gott, weißt du eigentlich, wie … erniedrigend das für mich ist? All meine Vorfahren waren Seefahrer und Soldaten, unerschrockene, tapfere Männer, und ich bin doch nur nach England gekommen …« Er brach unvermittelt ab.
»Ja?« Ihre Augen hatten sich verengt. »Das würde mich wirklich interessieren. Um was genau zu tun bist du nach England gekommen?«
Er winkte ab. »Was soll aus uns werden, wenn ich hierbliebe? Dein Vater würde niemals erlauben, daß wir heiraten.«
»Und was soll aus uns werden, wenn du fortgehst? Immer vorausgesetzt, sie finden dich nicht.«
»Das werden sie nicht. Diesmal ist es etwas völlig anderes. Ich weiß jetzt, wo ich bin. In höchstens zwei Tagen könnte ich in Norwich sein und erst einmal untertauchen, niemand würde mich finden. Und du mußt mitkommen, Hyld. Wenn wir von hier fort sind, können wir uns als Mann und Frau ausgeben, und sobald wir ein bißchen Geld haben, gehen wir zu einem Priester und lassen uns trauen.«
»Und woher willst du Geld bekommen? Unterwegs ein paar Kaufleuten auf der Straße auflauern? Wo könnten wir hingehen? Wovon sollten wir leben? Wir würden verhungern, Erik, und jetzt kommt der Herbst und dann der Winter, und wir könnten ohne weiteres erfrieren.«
»Wenn wir nicht vorher verhungert sind«, erinnerte er sie grinsend und verzog schmerzlich das Gesicht, als sie ihn mit beiden Händen an den Haaren packte. Dann wurde er wieder ernst. »Wir müßten weder verhungern noch erfrieren. Glaub mir, ich würde dich nicht bitten mitzukommen, wenn ich nicht wüßte, daß ich für dich sorgen kann.« Sie schüttelte traurig den Kopf. »Aber wie könnte ich ihnen das antun? Einfach so fortgehen ohne ein Wort?«
»Ja, ich weiß, es ist bitter.«
»Erik …«
Er legte einen Finger auf ihre Lippen. »Komm.«
Er nahm ihre Hand, stand auf und zog sie mit sich hoch, führte sie vom Ufer weg, am Rand der Wiese entlang in den Schatten des Waldes. Sie fanden eine kleine Senke mit einem stillen, grünen Tümpel, wo die Bäume weniger dicht standen. Dort legten sie sich ins struppige Waldgras. Erik schnürte ohne alle Hast ihr Kleid auf, zog es ihr mitsamt Unterkleid über den Kopf und löste das Band, das ihren Zopf zusammenhielt. Dann breitete er ihre langen Haare um ihre Schultern aus und betrachtete sie hingerissen. Sie hatten tatsächlich die leuchtende, satte Farbe von reifem Weizen und waren dick und üppig.
Hyld senkte den Blick. »Was starrst du nur immer so.« Sie war ein wenig errötet.
Erik lachte und seufzte gleichzeitig. »Ach, Hyld … Das kannst du nicht verstehen. Du bist so wunderbar.«
Sie lächelte scheu und schlang die Arme um seinen Hals, zog ihn beinah gierig zu sich herunter. Er streifte hastig seine Sachen ab und glitt auf sie. Sie sah ihm in die Augen, als er in sie eindrang, ernst und offen, das hatte sie von Anfang an getan. Er hatte noch nie mit einer Frau geschlafen, die so ehrlich bei der Liebe war wie Hyld, so rückhaltlos. Esmachte ihn immer schwach, erfüllte ihn mit einer Zärtlichkeit, die ihm bedenklich erschien. Er senkte den Kopf, streifte mit den Lippen ihren wunderbaren, kirschroten Mund und flüsterte: »Komm mit mir, Hyld. Ich will nicht ohne dich gehen.
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