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Das zweite Zeichen

Titel: Das zweite Zeichen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ian Rankin
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Körper war voller Rattengift. Selbst verabreicht zwar, aber von jemandem
besorgt, der vermutlich wusste, dass es tödlich war. Dann hat man sich sehr viel Mühe gegeben,
seine Leiche in einer Art rituellen Position im Wohnzimmer hinzulegen. Dort, wo dein Pentagramm
ist.«
»Moment mal...«
»Wie viele Hexenzirkel gibt es in Edinburgh, Charlie?«
»Was? Sechs, sieben. Ich weiß es nicht. Hören Sie...«
»Kennst du sie? Irgendwen von ihnen? Ich meine persönlich.«
»Mann, Sie wollen mir das doch wohl nicht anhängen!«
»Warum nicht?« Rebus drückte seine Zigarette aus.
»Weil es hirnrissig ist.«
»Für mich scheint alles zu passen.« Gib ihm den Rest, dachte Rebus. Er ist bereits bis zum
Zerspringen angespannt. »Es sei denn, du kannst mich vom Gegenteil überzeugen.«
Charlie ging entschlossen zur Tür, dann blieb er stehen.
»Geh nur«, rief Rebus, »sie ist nicht abgeschlossen. Geh ruhig raus, wenn du willst. Dann weiß ich wenigstens, dass du was damit zu tun hast.«
Charlie drehte sich um. Seine Augen wirkten feucht in dem diffusen Licht. Ein Sonnenstrahl drang
durch die vergitterte Milchglasscheibe und verwandelte die Staubkörner in Tänzer, die sich im
Zeitlupentempo bewegten. Charlie ging durch sie hindurch, als er zum Schreibtisch
zurückkehrte.
»Ich hatte nichts damit zu tun, ganz ehrlich.«
»Setz dich«, sagte Rebus, jetzt ganz der freundliche Onkel. »Lass uns noch ein bisschen
reden.«
Aber Charlie mochte keine Onkel. Hatte sie noch nie gemocht. Er legte seine Hände auf den
Schreibtisch und beugte sich drohend zu Rebus herab. Irgendetwas hatte sich in ihm verhärtet. Er
spuckte Gift und Galle, während er sprach.
»Gehn Sie zum Teufel, Rebus. Ich durchschaue Ihr Spielchen, und ich denke nicht im Traum daran
mitzuspielen. Verhaften Sie mich, wenn Sie wollen, aber beleidigen Sie mich nicht mit billigen
Tricks. So was hab ich bereits im ersten Trimester gelernt.«
Dann setzte er sich in Bewegung, und diesmal öffnete er die Tür und ließ sie hinter sich offen.
Rebus stand vom Schreibtisch auf, schaltete den Recorder ab, nahm das Band heraus, steckte es in
die Tasche und folgte ihm. Als er in die Eingangshalle trat, war Charlie fort. Er ging zur
Empfangstheke. Der Dienst habende Sergeant blickte von seinen Papieren auf.
»Er ist bereits weg«, sagte er.
Rebus nickte. »Das macht nichts.«
»Er sah nicht sehr glücklich aus.«
»Würde ich denn meine Arbeit richtig machen, wenn alle, die hier rausgehen, sich vor Lachen den
Bauch hielten?«
Der Sergeant grinste. »Vermutlich nicht. Also, was kann ich für Sie tun?«
»Der Drogentote in Pilmuir. Ich habe einen Namen für die Leiche. Ronnie McGrath. Stammt aus
Stirling. Mal sehen, ob wir seine Eltern ausfindig machen können, was?«
Der Sergeant schrieb den Namen auf einen Block. »Sie werden sich sicher freuen zu hören, wie es
ihrem Sohn in der großen Stadt geht.«
»Ja«, sagte Rebus und starrte auf die Eingangstür der Polizeiwache.
»Das glaube ich auch.«

John Rebus' Wohnung war seine Burg. Sobald er durch die Tür war, zog er die Zugbrücke hoch und
versuchte, an nichts mehr zu denken, die Welt um sich herum so lange wie möglich zu vergessen.
Dann schenkte er sich einen Drink ein, schob eine Kassette mit Tenorsaxofon-Musik in den Recorder
und holte sich ein Buch. Vor vielen Wochen hatte er in einem Anfall von Aufräumwut an einer Wand
im Wohnzimmer Regale angebracht, damit er Platz für seine ständig wachsende Büchersammlung hatte.
Doch irgendwie schafften es die Bücher, über den Fußboden zu kriechen und ihm unter die Füße zu
geraten, so dass er sie als Trittsteine auf dem Weg in den Flur und ins Schlafzimmer
benutzte.
Nun lief er gerade über diverse Bücher zum Erkerfenster, wo er die staubigen Jalousien
herunterzog. Die Schlitze ließ er offen, so dass das Abendlicht in rötlichen Strahlen hereindrang
und ihn an den Vernehmungsraum erinnerte...
Nein, nein, nein, so ging das nicht. Die Arbeit drohte ihn schon wieder zu vereinnahmen. Er
musste den Kopf frei kriegen und ein Buch finden, das ihn in seine kleine Welt ziehen würde, weit
weg von den Anblicken und Gerüchen Edinburghs. Er trat unbeirrt auf Autoren wie Tschechow,
Heller, Rimbaud und Kerouac, als er in die Küche ging, um eine Flasche Wein auszusuchen.
Unter der Arbeitsplatte in der Küche standen zwei Kartons an der Stelle, wo früher die
Waschmaschine gewesen war. Rhona hatte die Waschmaschine mitgenommen, was schon ganz in Ordnung
war. Er

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