Das zweite Zeichen
hell wie ein
Suchscheinwerfer in einem Gefangenenlager. Rebus blieb stehen und kniff die Augen zusammen.
Das Auto fuhr los, machte einen Schwenk nach links auf die andere Straßenseite und raste die
stark abschüssige Straße hinunter. Rebus starrte ihm nach und versuchte, das Nummernschild zu
erkennen, doch vor seinen Augen war nur ein weißes Flimmern. Es war ein Ford Escort gewesen.
Dessen war er sich sicher.
Als er noch einmal die Straße hinunterschaute, stellte er fest, dass das Auto an der Kreuzung zur
Hauptstraße angehalten hatte und auf eine Lücke im Verkehr wartete. Es war weniger als hundert
Meter von ihm entfernt. Rebus fasste einen Entschluss. Er war in seiner Jugend ein ganz
brauchbarer Sprinter gewesen, immerhin so gut, dass die Schulmannschaft ihn einsetzte, wenn einer
fehlte. Er lief jetzt mit einer trunkenen Euphorie. Dann erinnerte er sich an die Flasche Wein,
die er aufgemacht hatte. Schon bei dem bloßen Gedanken bekam er Sodbrennen und verlangsamte das
Tempo. Genau in dem Augenblick rutschte er auf irgendwas auf dem Bürgersteig aus, blieb stehen
und sah das Auto um die Ecke biegen und davondonnern.
Egal. Der erste Blick, als er die Tür öffnete, hatte genügt. Er hatte die Polizei-Uniform
gesehen. Zwar nicht das Gesicht des Fahrers, aber ganz deutlich die Uniform. Ein Polizist, ein
Constable, der einen Ford Escort fuhr. Zwei junge Mädchen kamen den Bürgersteig entlang. Sie
kicherten, als sie an Rebus vorbeigingen, und ihm wurde bewusst, dass er keuchend dastand, ohne
Schuhe, aber mit einem Schild in der Hand, das ihn aufforderte, DIE TREPPE zu PUTZEN. Als er nach
unten blickte, sah er, worauf er ausgerutscht war.
Leise fluchend zog er die Socken aus, warf sie in die Gosse und ging barfuß zu seiner Wohnung
zurück.
Detective Constable Brian Holmes trank Tee. Bei ihm war das fast so etwas wie ein Ritual. Er
hielt sich die Tasse vors Gesicht, pustete hinein und nippte. Erst pusten, dann nippen.
Schlucken. Dann blies er seinen dunstigen Atem in die Luft. An diesem Abend war er total
durchgefroren. Ihm war so kalt wie einem Penner auf einer Parkbank.
Doch er hatte noch nicht mal eine Zeitung, und der Tee schmeckte scheußlich. Er stammte aus einer
dieser Thermosflaschen, glühend heiß und mit Plastikgeschmack. Die Milch war auch nicht die
frischeste, aber zumindest wärmte das Gebräu ein wenig, wenn auch die Wärme nicht bis in den
Zehenspitzen vordrang, vorausgesetzt, dass er noch Zehen hatte.
»Irgendwas zu sehen?«, zischte er dem Mann vom Schottischen Tierschutzbund zu, der ein Fernglas
vor seine Augen hielt, als wollte er seine Verlegenheit verbergen.
»Nichts«, flüsterte der Beamte. Es war ein anonymer Hinweis gewesen. Der dritte in diesem Monat,
und um fair zu sein der erste, der ins Leere führte. Hundekämpfe waren wieder in Mode. In den
letzten drei Monaten hatte man mehrere »Arenen« gefunden, kleine Erdgruben, die mit Wellblech
eingezäunt waren. Die meisten Arenen schienen sich auf Schrottplätzen zu befinden, was dem
Begriff »Schrottplatz« eine zusätzliche Bedeutung gab. Doch heute Abend beobachteten sie ein
Stück Ödland. Ganz in der Nähe fuhren ratternd Güterzüge vorbei, die ins Zentrum der Stadt
wollten, doch abgesehen davon und dem leisen Rauschen des Autoverkehrs in der Feme war der Ort
wie ausgestorben.
Ja, hier gab es tatsächlich eine behelfsmäßige Grube. Sie hatten sie sich bei Tageslicht
angesehen, indem sie so taten, als würden sie ihre Schäferhunde ausführen, die in Wirklichkeit
Polizeihunde waren. In den Arenen benutzten sie hingegen Pitbulls. Brian Holmes hatte zwei
ehemalige Kombattanten gesehen, die Augen wahnsinnig vor Angst und Schmerz. Er war nicht
dageblieben, als der Tierarzt ihnen die tödliche Spritze verpasste.
»Moment mal.«
Zwei Männer, die Hände in den Taschen vergraben, gingen durch die Wildnis. Sie traten vorsichtig
auf den unebenen Boden, um nicht plötzlich in einem Loch zu stehen. Anscheinend wussten sie, wo
sie hinwollten, sie steuerten nämlich direkt auf die flache Grube zu. Dort schauten sie sich noch
einmal um. Brian Holmes starrte direkt zu ihnen hin, doch er wusste, dass sie ihn nicht sehen
konnten. Wie der Tierschutzbeamte hockte er in dichtem Farngestrüpp, hinter ihm die Mauer eines
ehemaligen Gebäudes. Obwohl in der Nähe der Grube etwas Licht war, war es hier fast völlig
dunkel. Deshalb konnte er wie durch einen Spionspiegel sehen, ohne gesehen zu werden.
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