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Dass du ewig denkst an mich

Titel: Dass du ewig denkst an mich Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mary Higgins Clark
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verkrampften Muskeln an Hals und
Nacken wie ein Wasserfall aus tausend Nadelspitzen massierte.
Die bohrenden Kopfschmerzen, die von den
Beruhigungsmitteln herrührten, begannen sich zu lösen, und
mit der Zeit wurde ihr die Ungeheuerlichkeit dessen, was
geschehen war, bewußt. Allan Grant, dieser warmherzige,
liebenswürdige Mensch, war mit dem Messer ermordet
worden, das aus ihrem Haus verschwunden war.
Sarah hat mich gefragt, ob ich das Messer genommen hätte,
dachte Laurie, als sie das Wasser abdrehte und aus der
Duschkabine trat. Sie hüllte sich in eines der riesigen
Badetücher. Und dann habe ich das Messer in meiner Tasche
gefunden. Jemand muß es aus meinem Zimmer geholt haben,
vielleicht dieselbe Person, die diese widerlichen Briefe
geschrieben hat.
Sie fragte sich, wieso Allan Grants tragischer Tod sie nicht
mehr bedrückte. Er war immer so nett zu ihr gewesen. Als sie
die Tür zu ihrem Kleiderschrank öffnete und überlegte, was sie
anziehen solle, glaubte sie zu begreifen. Die Regale mit den
Pullovern. Mutter war meistens dabeigewesen, als sie sie
gekauft hatte. Mutter, für die es immer die größte Freude
gewesen war, zu geben und noch einmal zu geben. Papa bekam
immer einen Schrecken, wenn er sie mit den vielen Tüten nach
Hause kommen sah. »Ich komme mir vor, als würde ich den
ganzen Einzelhandel der Vereinigten Staaten unterstützen.«
Laurie zog Jeans und einen Pullover an und wischte sich die
Tränen aus den Augen. Wer zwei Menschen wie sie verloren
hat, kann nicht zusätzlich noch um andere trauern.
Sie trat vor den Spiegel und bürstete sich das Haar. Sie
brauchte einen neuen Schnitt, aber heute war dafür keine Zeit.
Die Leute würden sie anstarren, im Flüsterton über sie reden.
Aber ich habe doch nichts getan, protestierte sie Auge in Auge
mit ihrem Spiegelbild. Wieder kam eine ganz klare Erinnerung
an Mutter zum Vorschein. Wie oft hatte sie doch gesagt: »Oh,
Laurie, du siehst ganz genauso aus wie ich, als ich in deinem
Alter war.«
Aber Mutter hatte nie diesen ängstlichen, verschreckten
Gesichtsausdruck gehabt. Mutter hatte immer ein Lächeln im
Gesicht gehabt. Mutter hatte die Menschen glücklich gemacht.
Sie brachte niemandem Schmerz und Leid.
He, warum solltest du denn alle Schuld auf dich nehmen? fragte eine Stimme höhnisch. Karen Grant hat sich für Allan
nicht interessiert. Sie hatte ständig einen Vorwand, um in New
York zu bleiben. Er war einsam. Die meiste Zeit hat er zu
Abend nur eine Pizza gegessen. Er hat mich gebraucht. Er
wußte es bloß noch nicht. Ich hasse Karen. Ich wünschte, sie
wäre tot.
Laurie ging zu ihrem Schreibtisch hinüber.
Ein paar Minuten später klopfte Sophie und rief mit
besorgter Stimme: »Laurie, das Essen ist fertig. Geht es dir
gut?«
»Würdest du mich bitte allein lassen? Die Fleischbrühe wird
doch nicht gleich verdunsten, oder?« Gereizt faltete sie den
Brief zusammen, den sie gerade geschrieben hatte, und schob
ihn in einen Umschlag.
Der Briefträger kam gegen halb eins. Sie hielt am Fenster
Ausschau nach ihm, bis er auf der Straße auftauchte, eilte dann
hinunter und öffnete die Tür, als er die Veranda erreichte.
Während sie die Post entgegennahm, steckte sie ihm den Brief
zu.
Sophie kam aus der Küche geeilt. »Laurie, Sarah möchte
nicht, daß du weggehst.«
»Ich gehe doch nicht weg. Ich hab’ nur die Post geholt.«
Laurie legte Sophie die Hand auf den Arm. »Sophie, du bleibst
doch bei mir, bis Sarah wiederkommt, ja? Ich will hier nicht
allein sein.«
50
    Am frühen Mittwoch abend fuhr eine blasse, aber gefaßte
Karen Grant mit ihrer Partnerin Anne Webster nach New York
zurück. »Es ist besser, wenn ich in der Stadt bin«, sagte sie. »In
dem Haus könnte ich es nicht aushalten.«
    Anne erbot sich, bei ihr zu übernachten, aber das lehnte
Karen ab. »Du siehst noch viel erschöpfter aus, als ich es bin.
Ich werde eine Schlaftablette nehmen und gleich ins Bett
gehen.«
    Sie schlief lang und tief bis elf Uhr am nächsten Morgen.
Die drei obersten Stockwerke des Hotels waren als Apartments
für Dauermieter eingerichtet. In den drei Jahren, die Karen das
Apartment jetzt bewohnte, hatte sie mit der Zeit ihre eigene
Note hineingebracht: Orientbrücken in Rot, Elfenbein und
Blau, die das eintönige Beige der Hotelauslegeware belebten,
antike Lampen, Seidenkissen, Lalique-Figuren und
Originalgemälde von vielversprechenden jungen Künstlern.
Das verlieh den Räumen den

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