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Dass du ewig denkst an mich

Titel: Dass du ewig denkst an mich Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mary Higgins Clark
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vollgeschrieben, die gestern abend
noch nicht dagewesen waren. Eine Kinderhandschrift hatte
immer wieder geschrieben: ›Ich will meine Mama. Ich will
nach Hause.‹
    Später, als sie mit Sarah Dr. Justin Donnelly gegenübersaß,
musterte Laurie den Arzt eingehend, während er in ihrem
Tagebuch las. Ein so großer Mann, dachte sie, mit so breiten
Schultern, so ausgeprägten Gesichtszügen und dieser
schwarzen Mähne. Sie mochte seine Augen, die von
intensivem, dunklem Blau waren. Normalerweise mochte sie
Schnurrbärte nicht, aber seiner paßte zu ihm, ganz besonders
über seinen ebenmäßigen weißen Zähnen. Seine Hände mochte
sie auch. Breit, aber mit langen Fingern. Gebräunt, aber kaum
behaart. Komisch, daß sie behaarte Hände oder Arme an einem
Mann nicht leiden konnte. Sie hörte sich das sagen.
Donnelly blickte auf. »Laurie?«
    Sie zuckte die Achseln. »Ich weiß nicht, warum ich das
gesagt habe.«
»Würden Sie es bitte wiederholen?«
»Ich habe gesagt, ich kann behaarte Hände und Arme an
einem Mann nicht leiden.«
»Warum glauben Sie wohl, daß Ihnen das gerade jetzt in den
Sinn gekommen ist?«
»Darauf wird sie nicht antworten.«
Sarah erkannte Kates Stimme inzwischen sofort.
»Jetzt machen Sie mal Pause, Kate«, sagte Donnelly locker.
»Sie können Laurie nicht ständig unter Druck setzen. Sie will
mit mir reden. Oder vielleicht auch Debbie. Ich glaube, Debbie
war es, die letzte Nacht ins Tagebuch geschrieben hat. Es sieht
nach ihrer Schrift aus.«
»Nun, die meine ist es sicherlich nicht.« In den letzten drei
Monaten war Kates Tonfall weniger schrill geworden.
Zwischen Justin und jener anderen Persönlichkeit, die Laurie
beherbergte und die Kate hieß, hatte sich ein gewisses
vorsichtiges Einvernehmen entwickelt.
»Kann ich jetzt mit Debbie sprechen?«
»Na ja, meinetwegen, aber daß sie mir nicht wieder zu
weinen anfängt. Mich macht das Geschniefe ganz krank.«
»Kate, das glaubt Ihnen keiner«, sagte Justin. »Sie
beschützen Debbie, und Laurie und ich wissen das beide. Aber
Sie müssen sich von mir helfen lassen. Für Sie ist das zu
schwierig.«
Das Haar, das ihr in die Stirn fiel, war das übliche Signal.
Sarah zerriß es das Herz, das verängstigte Kind zu hören, das
sich Debbie nannte. Waren jene zwei Jahre, die Laurie in der
Gewalt der Entführer verbracht hatte, gleichbedeutend mit
Weinen, Angst und Sehnsucht nach den Menschen, die sie
liebte?
»Tag, Debbie«, sagte Justin. »Wie geht’s unserem großen
Mädchen heute?«
»Besser, vielen Dank.«
»Debbie, ich bin so froh, daß du wieder angefangen hast, in
das Tagebuch zu schreiben. Weißt du, warum du letzte Nacht
geschrieben hast?«
»Ich wußte, daß das Buch leer war. Ich habe es zuerst
geschüttelt.«
»Du hast das Buch geschüttelt? Was hast du denn geglaubt,
das du finden würdest?«
»Ich weiß nicht.«
»Was hast du denn befürchtet, das du finden würdest,
Debbie?«
»Bilder«, wisperte sie. »Ich muß jetzt gehen. Die suchen
mich.«
»Wer? Wer sucht dich?«
Aber sie war nicht mehr da.
Ein träges Lächeln. Laurie hatte die Beine
übereinandergeschlagen und sich in den Sessel sinken lassen.
Mit einer bewußt provozierenden Geste strich sie sich mit der
Hand durchs Haar.
»Da geht sie hin und versucht sich zu verstecken und hofft,
daß die sie nicht finden.«
Sarah fuhr zusammen. Das war Leona, die die Briefe an
Allan Grant geschrieben hatte. Dies war die verschmähte Frau,
die ihn getötet hatte. In den letzten drei Monaten war sie nur
zweimal herausgekommen.
»Tag, Leona.« Justin lehnte sich über den Schreibtisch, gab
sich so, als widme er einer attraktiven Frau schmeichelhafte
Aufmerksamkeit. »Ich hatte gehofft, daß Sie uns besuchen
würden.«
»Nun, man muß ja schließlich leben. Man kann nicht die
ganze Zeit Trübsal blasen. Haben Sie ‘ne Zigarette?«
»Na klar.« Er griff in die Schublade, hielt ihr das Päckchen
hin und gab ihr Feuer. »Haben Sie denn Trübsal geblasen,
Leona?«
Sie zuckte die Achseln. »Oh, Sie wissen doch, wie es ist. Ich
war ganz schön wild auf Professor Grant. Aber jetzt ist’s
vorbei. Er tut mir ja leid, aber so etwas passiert eben.«
»Was denn?«
»Ich meine, daß er mich an den Seelenklempner und den
Dekan verpetzt hat.«
»Dafür waren Sie ihm böse, nicht wahr?«
»Und ob ich das war. Laurie übrigens auch, aber aus anderen
Gründen. Sie hat wirklich einen klasse Auftritt hingelegt, als
sie ihn sich auf dem Flur vorgeknöpft

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