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DavBen-StaderDie

Titel: DavBen-StaderDie Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Unbekannt
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Beine hinunter. Er schob die Finger in meine Stiefel, und meine Angst war wieder da, ruckartig und übermächtig, machte sich lustig über die Gefühllosigkeit, die ich noch fünf Minuten davor empfunden hatte. Ich versuchte normal zu atmen, keine Miene zu verziehen. Er tastete meine Schienbeine ab, fand nichts und nahm sich Kolja vor.
    Ich wüsste zu gern, um wie viel er das Messer verfehlte, wie viele Millimeter seine Fingerspitzen von der Scheide trennten. Er war noch sehr jung, ein oder zwei Jahre älter als ich, mit einem Gesicht voller kleiner brauner Leberflecken. Ganz bestimmt hatten ihn seine Klassenkameraden wegen der Leberflecke gehänselt. Er hatte sie verdrossen im Spiegel betrachtet, sich geschämt, sich gefragt, ob sie sich mit dem Rasiermesser seines Vaters abrasieren ließen. Wenn er in der Nacht davor fünfzehn Minuten Schlaf mehr bekommen hätte, wenn er einen Löffel Suppe mehr gegessen hätte, dann hätte er vielleicht die Energie besessen, ganze Arbeit zu leisten, und das Messer gefunden. Aber das war nicht der Fall, und seine Sorglosigkeit änderte für uns beide alles.
    Als er Kolja durchsucht hatte, ging er zu Vika. Sein Kamerad machte einen Witz und gluckste über seinen eigenen Einfall. Vielleicht wollte er den Jungen anstacheln, Vika an den Hintern zu fassen oder in die Brust zu kneifen, doch sie blickte ihn nur mit ihren kalten unerschrockenen Augen an, was ihn zu verunsichern schien, sodass er sie weniger gründlich kontrollierte als Kolja und mich. Mir ging auf, dass er bestimmt noch Jungfrau war; der Körper einer Frau machte ihn genauso nervös wie mich.
    Nachdem er zaghaft ihre Beine abgeklopft hatte, richtete er sich auf, nickte Abendroth zu und trat zurück. Der Sturmbannführer betrachtete den jungen Gebirgsjäger einen Moment, die Lippen zu einem dünnen Lächeln verzogen.
    »Ich glaube, er hat Angst vor dir«, sagte er zu Vika. Er wartete einige Sekunden auf Antwort, und als keine kam, wandte er seine Aufmerksamkeit Kolja zu. »Du bist Soldat der Roten Armee, ich kann dich nicht freilassen, sonst gehst du zurück zu deiner Einheit, und wenn du dann einen Deutschen tötest, würden seine Eltern mir die Schuld geben.« Er sah mich an. »Und du bist Jude; dich kann ich nicht guten Gewissens freilassen. Aber wenn du gewinnst, lasse ich das Mädchen gehen. Ein besseres Angebot kann ich euch nicht machen.«
    »Geben Sie mir Ihr Wort, dass Sie sie gehen lassen?«, fragte ich ihn.
    Abendroth strich mit den Fingerknöcheln über die grauen Stoppeln an seinem Kinn. Im Licht der Glühbirne über ihm blitzte ein goldener Ehering auf.
    »Du magst das Mädchen. Interessant. Und du, kleiner Rotschopf, magst du den Juden? Wie dem auch sei, kein Grund, vulgär zu werden. Also ... du bist nicht in der Position, Forderungen zu stellen, aber jawohl, ich gebe dir mein Wort. Seit Leipzig bin ich auf der Suche nach einem ebenbürtigen Gegner. Dieses Land hat die besten Schachspieler der Welt, und ich habe noch keinen einzigen annehmbaren erlebt.«
    »Vielleicht, weil Sie sie erschossen haben, bevor Sie es herausfinden konnten«, sagte Kolja. Ich hielt den Atem an, überzeugt, dass er diesmal einen Schritt zu weit gegangen war, doch Abendroth nickte.
    »Schon möglich. Erst die Arbeit, dann das Vergnügen. Komm«, sagte er zu mir, »setz dich. Wenn du so gut bist, wie dein Freund sagt, dann behalte ich dich vielleicht da, um mich mit dir zu messen.«
    »Warten Sie«, sagte Kolja. »Wenn er gewinnt, dann lassen Sie sie gehen und geben uns die Eier.«
    Abendroth begann die Geduld mit dem ganzen Hin und Her zu verlieren. Er beugte sich mit geblähten Nasenflügeln vor, ohne jedoch die Stimme zu erheben.
    »Mein Angebot ist mehr als großzügig. Wie lange gedenkst du mit diesem Blödsinn weiterzumachen?«
    »Ich glaube an meinen Freund. Wenn er verliert, können Sie uns eine Kugel in den Kopf jagen. Aber wenn er gewinnt, würden wir uns heute Abend gern ein paar Eier braten.«
    Abendroth sagte wieder etwas auf Deutsch, und der ältere Soldat stieß Kolja die Gewehrmündung in den Nacken.
    »Du willst verhandeln?«, fragte Abendroth. »Gut, verhandeln wir. Du scheinst zu glauben, dass du am längeren Hebel sitzt. Aber da irrst du dich. Ein Wort von mir, und du bist tot. Kapiert? Ein Wort. Ist dir klar, wie schnell das geht? Du bist tot, deine Leiche wird hinausgeschleift, und ich spiele mit deinem Freund Schach. Danach nehme ich vielleicht den kleinen Rotschopf mit aufs Zimmer, lasse sie ein Bad nehmen, mal

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