DavBen-StaderDie
zuknöpfte, zeichnete sich die Scheide nirgends ab.
Sie nahm meine Hand und legte sie auf ihren Oberkörper. »Kannst du was fühlen?«
Ich schüttelte den Kopf, und Kolja lachte. »Falsche Antwort.«
Vika lächelte mich an. Meine Hand lag noch immer auf ihrem gepolsterten Oberkörper. Ich hatte Angst, die Hand zu bewegen, und Angst, sie dort liegen zu lassen. »Hör nicht auf ihn, Ljowa. Den hat seine Mutter aus dem Hintern geboren.«
»Soll ich euch zwei ein Weilchen allein lassen? Ich kann mich ja drüben an den alten Edik kuscheln. Der scheint einsam zu sein.«
»Was ist mit meinem Messer?«, fragte ich sie.
»Das hatte ich ganz vergessen.«
»Gib's lieber mir«, sagte Kolja. »Ich weiß, wie man damit umgeht.«
»Nein«, sagte Vika. »Dich werden sie am gründlichsten durchsuchen. Du bist der Einzige, der wie ein Soldat aussieht.« Sie beugte sich vor, und ich zog die Hand weg, überzeugt, irgendwie eine Gelegenheit verpasst zu haben, obwohl ich nicht wusste, was für eine und warum. Vika schnallte die Scheide an meinem Bein ab und wog sie einen Moment in der Hand, zog ihre Größe und Form in Betracht. Schließlich schob sie sie tief in meinen Stiefel hinein, unter die Socke. Sie musterte den Stiefel abermals. Es war nichts zu sehen. Sie klopfte leicht auf das Leder und schien zufrieden zu sein.
»Kannst du damit normal gehen?«
Ich stand auf und machte einige Schritte. Ich spürte, dass die Scheide mit der Spitze gegen meinen Fuß drückte, aber sie schien nicht zu verrutschen, wurde von meiner Socke und meinem Stiefel gut festgehalten.
»Schau ihn dir an«, sagte Kolja. »Der lautlose Killer.«
Ich setzte mich wieder neben Vika. Sie fasste an die weiche Stelle unter meinem Ohr und fuhr dann mit dem Finger über meinen Hals bis zum anderen Ohr.
»Wenn du hier aufschneidest«, sagte sie mir, »lässt es sich nie mehr schließen.«
Die höheren Offiziere der Einsatzgruppe A hatten die Parteizentrale der Krasnogwardejsker Kommunisten requiriert, ein schmuddeliges Gewirr kleiner Büroräume mit sich wellenden Linoleumböden im Stockwerk über der ausgebrannten Polizeiwache. Das Gebäude stank nach Rauch und Dieselabgasen, aber die Deutschen hatten die Stromversorgung wiederhergestellt und die Heizkessel angeheizt; im ersten Stock war es warm und angenehm, abgesehen von den gelegentlichen getrockneten Blutspuren an den Wänden. Einige Stunden nachdem wir die Pistolen vergraben hatten, wurden wir drei von zwei Soldaten des Gebirgsjägerbataillons in das Besprechungszimmer eskortiert, in dem früher die Mitglieder des Planungskomitees getagt hatten, um über Anweisungen von oben und Aufträge von unten zu debattieren. Vierflügelige Fenster gingen auf die Hauptstraße der dunklen Stadt. An den Wänden hingen noch Lenin- und Schdanow-Plakate, die niemand angerührt hatte, als störten ihre gestrengen Mienen die Deutschen so wenig, dass sie es nicht für nötig hielten, sie abzureißen oder zu verunstalten.
Abendroth saß am anderen E nde des langen Konferenz tisches und trank Schnaps aus einem großen geschliffenen Kristallglas. Er nickte, als wir ins Zimmer kamen, machte aber keine Anstalten aufzustehen. Seine graue Schirmmütze - mit schwarzem Rand und einem silbernen Totenkopf unter dem deutschen Adler - lag auf der Tischplatte. Ein Reiseschachspiel, die Figuren bereits aufgestellt, wartete zwischen der Mütze und einer schon fast leeren Schnapsflasche ohne Etikett.
Ich hatte einen schlanken Ästheten erwartet, einen professoralen Typ, doch Abendroth war korpulent, gebaut wie ein Hammerwerfer, sodass der Kragen in die Adern seines dicken Halses schnitt. Das schwere Glas wirkte in seiner Hand so zierlich wie eine Puppentasse. Er sah nicht älter als dreißig aus, aber das kurz geschorene Haar war an den Schläfen bereits grau, genau wie die Stoppeln an seinem Kinn. Auf seinem rechten Kragenspiegel glänzten SS-Runen; auf dem linken Kragenspiegel zeigten vier silberne Sterne seinen Rang an; und dazwischen hing ein schwarz-silbernes Ritterkreuz.
Er war zumindest leicht betrunken, obwohl seine Bewegungen absolut koordiniert waren. Ich hatte schon sehr früh gelernt, einen Alkoholiker zu erkennen, sogar die gewohnheitsmäßigen Trinker, die eine Menge vertrugen. Mein Vater war kein großer Trinker, aber alle seine Freunde waren es, die Dichter und Dramatiker, die als Erwachsene noch nie nüchtern zu Bett gegangen waren. Einige waren gefühlsduselig und sentimental, küssten mich ab und zerwühlten mir
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