Dave Duncan
durcheinandergebracht.
Das war der Punkt gewesen, an dem Kadolan beschlossen hatte, daß ihr dieser Tag als der schlimmste ihres Lebens in Erinnerung bleiben würde. Mitgenommen und verwirrt durch die vielen Seitenwechsel des Glücks hatte sie den Versuch, den Ereignissen zu folgen, aufgegeben und sich darauf konzentriert, nicht verrückt zu werden.
Sie hatte jedoch sorgfältig darauf geachtet, stets in der Nähe ihrer Nichte zu bleiben. Der Sultan hatte seine Frau mit aufdringlich lüsternen Blicken gemustert, die Inosolan ignorierte, während sie Kadolan fröhlich durch den OpalPalast schleifte, als sei sie entschlossen, ihr in wenigen Stunden jede einzelne der Skulpturen und unzähligen interessanten Sehenswürdigkeiten zu zeigen. In der Zwischenzeit hatte sich der Tag erbarmungslos dem Ende zu geneigt. Kadolan konnte schwerlich über eine verheiratete Frau in deren Schlafzimmer wachen.
Seit Master Rap mit dem Imperator verschwunden war, hatte man nichts von ihm gehört. Sein Zauber hatte den Fluch des Sultans beseitigt, doch das Problem Krasnegar war immer noch nicht gelöst. Sie war daher nicht überrascht gewesen, als der Regent zu einer Zusammenkunft mit den Wächtern gerufen hatte. Das war zwar nicht die Art Treffen, die ihr Spaß machte, doch zumindest hatte es ihr die Möglichkeit gegeben, einige Lösungen für ihre Probleme zu finden. Während sie verzweifelt versuchte, ihr Vertrauen in die Götter nicht zu verlieren, hatte Kadolan Inosolan und Azak in die Rundhalle begleitet.
Es hatte schon unglücklich angefangen – der Regent hatte die Befehlsgewalt, vom Imperator war nichts zu sehen. Doch dann war Emshandar, offensichtlich bei guter Gesundheit, erschienen, und Rap war wie ein Zauberer des Hofes immer noch bei ihm. Sie hatte schon glauben wollen, daß ihre Gebete erhört worden waren.
Ohne Vorwarnung hatte Rap mit offensichtlicher Zauberei die fragwürdige Vorgehensweise des Regenten aufgedeckt und ihn vom Thron vertrieben. Kadolan hatte mit wachsender Sorge zugesehen, während Inosolan sich die Fingernägel in die Handflächen grub. Der Junge war natürlich ein Ignorant. Vermutlich hatte er keinerlei Schulbildung erhalten, doch auf ihrer Reise von Arakkaran hatte sie ihn ein wenig kennengelernt, und sie wußte, daß er über okkulte Fragen gut Bescheid wußte. Wie konnte er also annehmen, daß die Wächter eine derart offene Zurschaustellung von Zauberei, die den OpalThron höchstselbst betraf, zulassen würden? Einen Herzschlag lang hatte es so ausgesehen, als wäre die Unverfrorenheit des Fauns unbemerkt geblieben. Emshandar, sichtlich erschöpft, jedoch überglücklich, wollte gerade die Zusammenkunft beenden und alle nach Hause ins Bett schicken – auch ein Problem, das noch nicht gelöst worden war.
Doch dann waren die Wächter erschienen.
Enttäuschend… die Vier waren ganz gewiß nicht das, was Kadolan sich vorgestellt hatte. Hexenmeister Lith’rian sah noch nicht einmal alt genug aus, um sich rasieren zu müssen – allerdings glaubte sie zu wissen, daß Elfen das ohnehin nicht nötig hatten –, und Hexenmeister Zinixo ähnelte immer noch einem entsprungenen Arbeiter aus dem Steinbruch. Die Hexe Bright Water war jung und so schön, wie eine Koboldin sein konnte. Und Hexenmeister Olybino war der gutaussehende junge Soldat, den Inosolan ihr beschrieben hatte. Keiner von ihnen sah alt aus oder besonders wohlwollend.
Doch das Äußere war unwichtig. Es war die Art, wie die Vier sich benahmen, die Kadolan wirklich aufregte. Gewiß, sie gewährten Master Rap eine Verhandlung. Sie hielten sich nicht an die übliche Vorgehensweise, denn die Richter benannten sich selbst als Zeugen, und sie nahm an, daß dies vernünftig war, wenn die Richter allwissend waren. Sie konnte den Zeugenaussagen nicht widersprechen, denn sie hatte die Ereignisse selbst miterlebt. Doch danach schien irgend etwas furchtbar schiefzugehen. Die leidenschaftslosen, uninteressierten Wächter ihrer Kindheit lösten sich auf wie Nebel.
Das Urteil war wegen politischer Interessen ganz offensichtlich falsch. Natürlich konnten ein Elf und ein Zwerg niemals auf der sprichwörtlichen selben Seite stehen, doch Bright Waters Freispruch schien jeglicher logischer Erklärung zu entbehren, es sei denn, Master Rap sollte auf grausame Weise durch die Hände des jungen Kobolds sterben, den die Hexe so schamlos umarmt hatte.
Und dann der alte Imperator! Von Emshandar hatte man immer wie von einem Ehrenmann gesprochen. Er war ein
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