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David Trevellyan 01 - Ohne Reue

Titel: David Trevellyan 01 - Ohne Reue Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andrew Grant
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nicht in die nächste Phase. Es gab eine ganze Menge Dinge, die man lernen musste, wenn man erfolgreich sein wollte. Aber eine Sache musste man von vorneherein mitbringen. Eine Art sechsten Sinn.
    Der war hilfreich, wenn man seine Prüfungen bestehen wollte.
    Und unabdingbar, wenn man später überleben wollte.
    Es stellte sich heraus, dass Tanya für uns einen Tisch im Fong’s reserviert hatte. In diesem Restaurant hatte ich vor zwei Tagen gegessen, bevor ich in das Debakel um Michael Raabs Leiche gestolpert war. So gut der Laden auch war, es war seltsam, schon wieder dorthin zu gehen. Das Gefühl, nicht völlig im Bilde zu sein, nagte immer noch an mir, als ich um genau halb zehn dort ankam. Ich wusste, dass es sich nicht eher verflüchtigen würde, bis ich von Tanya erfuhr, was sie sich bei der Reservierung gedacht hatte. Doch ich konnte sie nicht danach fragen, denn sie erschien nicht.
    Der Kellner war derselbe wie beim letzten Mal, und er gab mir denselben Tisch. Als Tanyas Entschuldigung per SMS kam, schenkte er mir dasselbe halb amüsierte, halb mitleidige Lächeln, das man stets erntet, wenn man allein essen geht.
    Ich bestellte das gleiche Gericht und den gleichen Wein. Und da ich in demselben Hotel abgestiegen war wie vor zwei Tagen, beschloss ich, das Déjà-vu komplett zu machen und denselben Weg zurückzulaufen. Allerdings hatte ich diesmal das Gefühl, nicht länger allein zu sein, als ich Raabs Gasse erreichte.
    Fünf Personen waren gleichzeitig mit mir vom Fong’s aus aufgebrochen, zwei Paare und ein einzelner Mann. Wegen der Pärchen machte ich mir keine Sorgen. Sie hatten schon zusammen im Restaurant gesessen, als ich gekommen war, und als ich ging, hatten sie sich einen Moment auf dem Gehweg miteinander unterhalten, bevor sie in verschiedene Richtungen auseinandergegangen waren. Der einzelne Mann hingegen war interessant. Ich hatte ihn im Restaurant nicht gesehen, weder als Gast noch als Angestellten. Er war in der Nähe des Personaleinganges aufgetaucht und lungerte im Schatten herum, bis er sah, welchen Weg ich nahm. Dann ging er vor mir los und lief schnell, bis er etwa zwanzig Schritte vor mir war. Dann passte er seine Geschwindigkeit meiner an, sodass der Abstand zwischen uns immer ungefähr gleich blieb.
    An der ersten Ecke bog er rechts ab, in die Richtung, die auch ich nehmen musste. Ich folgte ihm und stellte fest, dass er etwa zehn Schritte weiter stehen geblieben war, in meine Richtung sah und sich verzweifelt bemühte, sich mit einem halb leeren Feuerzeug eine Zigarette anzuzünden. Sobald er mich sah, ließ er das Feuerzeug zuschnappen und ging weiter, wobei er den Abstand zwischen uns wieder auf zwanzig Schritte vergrößerte. An der nächsten Kreuzung geschah dasselbe, nur dass er sich diesmal bückte, um etwas am Absatz seines rechten Schuhs zu richten. Als ich die Gasse erreichte, beschloss ich, dass es an der Zeit war für einen Test. Ohne langsamer zu werden, trat ich einen Schritt zur Seite in die düstere Gasse und drückte mich gegen die Wand.
    Eine halbe Minute lang geschah gar nichts, dann hörte ich Schritte auf mich zukommen, schnell und leicht. Ich sah nach unten und suchte im Müll in der Gasse nach einem geeigneten Objekt – und fand schließlich ein Stück von einem hölzernen Geländer, etwas über einen Meter lang. Ich bückte mich, umklammerte es fest, und als der Kerl vom Fong’s in meinem Blickfeld auftauchte, ließ ich das Holz in einem flachen Bogen zur Straße hin schwingen. Es traf genau die Mitte seiner Schienbeine. Mit einem Aufschrei stürzte er nach vorne und schaffte es nicht schnell genug, die Arme hochzureißen, um zu verhindern, dass sein Gesicht auf dem Asphalt aufschlug.
    Ich trat aus der Gasse und sah mich nach beiden Seiten um. Es waren keine Fußgänger zu sehen, und auf der Straße fuhren keine Autos. Die Stelle war von keinem Fenster aus einzusehen. Niemand hatte beobachtet, was passiert war. Ich bückte mich und überprüfte Puls und Atmung des Mannes. Beides war in Ordnung, er war nur betäubt. Ich wandte mich seinen Taschen zu, doch die ergaben nichts Brauchbares. Das Einzige, was sich mitzunehmen lohnte, war eine Neun-Millimeter-Browning Hi-Power, die im Bund seiner Jeans steckte.
    Am geschicktesten wäre es natürlich gewesen, den Notruf zu wählen und einfach wegzugehen. Genau hier hatte ich vor zwei Tagen gestanden, und ich konnte immer noch nicht fassen, was für Ärger ich mir eingehandelt hatte, weil ich mich in die Probleme eines

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