Davide
ihrer Stimme nicht deuten. Wozu quälte sie ihn damit? Er
wusste selber, dass er eigentlich viel zu alt für sie war!
„Wie
würdest du, sagen wir mal, deine Lernfähigkeit einschätzen?“
Er
glaubte, sie nicht richtig verstanden zu haben. Seine – was ? Nach kurzem
Zögern gab er ihr niedergeschlagen die demütigste Antwort, die ein Mann wie er
geben konnte: „Ich habe keine Ahnung …“
„Möchtest
du es ausprobieren?“, sie lehnte sich mit dem Rücken an die vom Sonnenlicht
noch immer warme Hauswand und fixierte ihn mit leicht geneigtem Kopf.
Er
sollte zurückweichen, auf Abstand zu ihr gehen – sie kam ihm viel zu nahe! Es
war schon fast unerträglich, mit ihr auf so engem Raum zu sein, und doch blieb
er stehen, war wie gelähmt. Sollte sie ihn ruhig quälen, er hatte es nicht
anders verdient!
„Möchtest
du?“ wiederholte sie ihre Frage.
Er
war noch immer so fassungslos, dass er zu keiner Antwort fähig war, also stieß
er nur ein ziemlich idiotisches „Warum?“ hervor.
„Warum?“,
nun lachte sie ein halblautes, heiseres Lachen. „Darum! Weil ich es so möchte.
Weil mir der Sex mit dir gefällt und weil du ganz eindeutig sogar mit deinen
Fingern noch besser bist als mit deinen Worten!“
Eine
Gänsehaut jagte seinen Rücken hinunter - ihre Stimme hatte wieder diesen Klang,
den sie am ersten Morgen auf seiner Terrasse gehabt hatte.
„Ich
soll dir etwas beibringen, sagst du? Willst du denn lernen? Kannst du überhaupt
noch lernen?“
„Natürlich
kann ich das!“, stieß er heiser hervor und schwankte zwischen Ärger und
Hoffnung.
„Nun“,
meinte sie langsam und wiegte den Kopf ein wenig, „wir werden sehen, wie du
dich schlägst! Ein bisschen muss ich mich darüber wundern, wie du der
erfolgreiche Geschäftsmann wurdest, der du ja unbestreitbar bist, wenn du
solche Schwierigkeiten hast, die richtigen Worte zu finden! Und vor allen
Dingen, wie du es geschafft hast, all diese Eroberungen zu machen, die man dir
zuschreibt! Oder sollte die lange Liste etwa gefälscht sein?“
Ihre
Stimme bekam unüberhörbar einen ironischen Unterton.
„Das
war, bevor…“, platzte es aus ihm heraus, noch ehe er darüber nachdenken konnte,
doch dann hielt er inne. Bevor was? Bevor er einen Zusammenbruch gehabt hatte?
Bevor ihm der Sinn des Lebens abhanden gekommen war? Bevor er sie kennengelernt
hatte?
Sie
lachte wieder. „Das will ich alles gar nicht wissen! Nur eins will ich dir mal
sagen: du kannst froh sein, dass ich nicht in dich verliebt bin, weil dein
Benehmen absolut unmöglich ist! Du kannst eine Frau nur unglücklich machen mit
deiner verdammten Eifersucht und deinem ganzen dämlichen Geld! Du hast
geschickte Finger und siehst gut aus, aber vom wahren Wesen einer Frau hast du
nicht die geringste Ahnung! Oder weißt du, wie ich mich nach dieser Nacht fühlen
würde, wenn ich mich ausgerechnet in dich verliebt hätte?“
Er
starrte sie entgeistert an. Wenn sie sich in ihn verliebt hätte ?
„Nein?
Natürlich nicht! Dann lass es dir mal beschreiben. Es wäre so gekommen: ich wäre
unruhig und würde jeden Tag an dich denken, würde jeden Morgen aufwachen und
mich nach ein paar Sekunden daran erinnern, dass ich dich nicht sehen würde. Nicht
an diesem Tag, nicht am nächsten und danach auch nicht. Ich würde wahrscheinlich
hoffen und gleichzeitig fürchten, dir irgendwo zufällig zu begegnen, vielleicht
würde ich doch noch die Stadt verlassen. Würde noch weniger Zeitung lesen, als
bisher, nur um nirgendwo ein Foto von dir zu sehen, das dich beim Knutschen mit
einer deiner blonden Nymphen zeigt. Ich würde jeden verdammten Tag an deine Hände
auf meinem Körper denken, an deine Lippen, an deine Augen, an deinen …“
Hier
hielt sie inne. Davide hatte während der ganzen Aufzählung kein Auge von ihr
gelassen. Was erzählte sie ihm da? Wie konnte sie all diese Dinge, diese
Regungen, diese Ängste aufzählen, ohne in ihn verliebt zu sein? Das war
doch nicht möglich! Wollte sie ihn auf die Probe stellen?
Während
ihrer Worte hatte sich seine Trostlosigkeit anfangs ins Unermessliche
gesteigert, gegen Ende dann auch noch gepaart mit dem schmerzhaften Verlangen,
das ihre erotischen Anspielungen unaufhaltsam in ihm auslösten.
Was
wollte sie noch von ihm? Und was, verdammt noch mal, sollte er lernen?
Weit
in der Ferne über dem Meer konnte er nun schon am Horizont die ersten blassen Schimmer
erkennen, die anzeigten, dass die Nacht den Kampf gegen den Morgen verlieren
würde. Wenn es nur
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